Tool der Woche – Baugeld Es kann noch billiger werden

Für Deutschlands Bauherren ist die Abkehr der Briten von Europa bares Geld wert. Der Brexit zieht die ohnehin niedrigen Baugeldzinsen auf ein Rekordtief. Hauskäufern bleibt deshalb mehr Geld in der Haushaltskasse.

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Baugeld für 15 Jahre gibt es zurzeit für weniger als 1,5 Prozent Zinsen pro Jahr. Quelle: Imago

Düsseldorf Britische Hausbesitzer zittern, deutsche Immobilienkäufer sind tiefenentspannt. Auf der Insel droht die Wirtschaft nach dem „Nein“ zur Europäischen Union in eine Rezession zu geraten, die auch Immobilienwerte vernichten könnte. Hierzulande hat der Brexit vor allem Folgen für die Baugeldzinsen: Sie sinken Tag für Tag weiter nach unten. Der FMH-Index für Baugeld der FMH Finanzberatung zeigt für Baudarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung rekordtiefe 1,15 Prozent an. Der Index bildet den Mittelwert der Baugeldkonditionen von 40 ausgewählten Instituten ab.

Mittelwert, wohlgemerkt – was bedeutet: Es lässt sich noch billiger finanzieren. Das zeigt der Vergleich von Baugeldkonditionen. Wer drei Prozent Anfangstilgung wählt und sein Häuschen oder Apartment mit nicht mehr als 60 Prozent beleiht, findet Banken, die Baugeld für weniger als ein Prozent Effektivzins verleihen. Weniger als drei Prozent Tilgung sollten es angesichts des niedrigen Zinsniveaus aber auch nicht sein. „Wir raten angesichts der Billigzinsen weiterhin zu hohen Anfangstilgungen von möglichst drei und mehr Prozent, um die Kreditkosten und die Darlehenslaufzeit zu minimieren“, empfiehlt Michiel Goris, Chef des Baufinanzierungsvermittlers Interhyp.

Wer die niedrigen Zinsen nicht dazu nutzt, höher zu tilgen, tappt in eine Zeitfalle. Denn je niedriger die Zinsen sind, desto länger dauert es bei unveränderter Tilgungsquote bis die Schulden abbezahlt sind. Zusätzlich riskiert der Immobilienkäufer eine teure Anschlussfinanzierung. Deshalb empfehlen Finanzierungsprofis auch lange Zinsbindungsfristen.

Interhyp befragt regelmäßig andere Marktteilnehmer, um ein Trendbarometer für die Zinsentwicklung zu erstellen. Die jüngste Umfrage ergab, dass langfristig die positiven Aussichten für die Weltkonjunktur und die Aussicht auf steigende Leitzinsen in den USA dafür sprechen, dass die Zinsen auch in Deutschland wieder steigen. Kurzfristig aber trübt der Brexit die Konjunkturaussichten sowohl in Großbritannien wie in Kontinentaleuropa ein – und das spricht vorerst gegen Zinserhöhungen. Aber das gilt eben nur kurzfristig.


Zinsen lange festschreiben und hoch tilgen

Wer also nicht sicher ist, dass er in zehn Jahren zusätzlich zu den Ratenzahlungen so viel Geld angespart hat, dass er dann die Restschuld oder zumindest einen großen Teil davon tilgen kann, sollte auf längere Zinsbindungsfristen wechseln. Finanzierungsexperten raten zu 15 oder sogar 20 Jahren. Das ist zunächst teurer, aber dafür sicherer. Baugeld für 15 Jahre gibt es zurzeit unter 1,5 Prozent pro Jahr, und die Top-Angebote für 20-Jahre-Verträge liegen knapp unter 1,7 Prozent. Immer vorausgesetzt, die Schulden machen nicht mehr als 60 Prozent des Beleihungswertes der Immobilie aus. Haus- und Wohnungskäufer sollten dabei bedenken, dass Beleihungswert nicht dasselbe ist wie der Kaufpreis: Banken kalkulieren vorsichtig und setzen den Beleihungswert einer Immobilie so gut wie immer niedriger an als den aktuellen Marktwert.

Dass die Notenbanken vorläufig von Zinserhöhungen absehen werden, bedeutet für Interhyp, dass die Zinsen kurzfristig eher „seitwärts“ gehen. Das heißt: Sie bewegen sich vermutlich noch eine Weile auf dem aktuell niedrigen Niveau, was aus Sicht von Goris aber Konditionenausschläge nicht ausschließt. Das heißt: 0,1 oder sogar 0,2 Prozentpunkte höhere Baugeldkonditionen wären noch keine Trendwende zu höheren Zinsen. Schließlich ist es nur einen Monat her, dass der FMH-Index für Baugeld mit zehnjähriger Zinsbindung eben diese 0,1 Prozentpunkte höher lag.

Als guter Indikator für die Entwicklung der Baugeldzinsen entpuppt sich einmal mehr die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe, die mittlerweile kräftig im Minus ist. Auf Deutsch gesagt: Wer zurzeit eine zehnjährige Bundesanleihe kauft, zahlt eine Prämie für die Sicherheit, dass er sein Geld bei Fälligkeit auch wirklich zurückbekommt. Warum Sicherheit für die großen Investoren, die den Kurs der Bundesanleihe bestimmen, so wichtig ist, erläutert Finanzierungsprofi Goris: „Angesichts der Unsicherheiten an den Märkten nach dem Brexit-Votum und durch die schwelende Bankenkrise in Italien ist Sicherheit gefragt.“

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