Tücken in Bauverträgen Schlüsselfertig Bauen ist nur ein Mythos

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Probleme sind kein Einzelfall

Vorsicht vor versteckten Kosten und Mängeln
AusstattungBauträger sind sparsam. Das Material ist vom Billigsten. In der Gästetoilette reicht kaltes Wasser. Jede eingesparte Steckdose ist Reingewinn für den Bauträger. Anschlüsse für Fernseher und Internet gibt es auch nicht standardmäßig. Richtig teuer werden Nachbesserungen im Keller. Wenn bei der Abdichtung gespart wird, lässt sich der Fehler oft kaum noch beheben. "Jeder Vertragsentwurf ist verhandelbar", rät VPB-Präsident Thomas Penningh. Genau festgelegt werden sollten das Material der Kellerwände, die Wärmedämmung, die Ausführung der Lichtschächte und die Abdichtung entsprechend dem vehinterlegten Baugrundgutachten. Quelle: dpa
Lückenhafte AngeboteIn zwei Dritteln der heute üblichen Bauverträge fehlen wichtige Planungsleistungen stellte der Bauherrenverband fest. Interessenten sollten prüfen, ob Statik, Baubeschreibung und Baupläne im Preis inbegriffen sind. Mit der Checkliste des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen lassen sich die Vertragsangebote systematisch vergleichen. Die Checkliste kann unter www. Kompetenzzentrum-iemb.de heruntergeladen werden. Quelle: dapd
NebenkostenBeim Kauf jeder Immobilie werden zusätzlich Grunderwerbsteuer und Notarkosten fällig. Je nach Bundesland kommen leicht fünfstellige Beträge zusammen. In der Musterrechnung des Bauträgers tauchen diese Kosten selten auf. Wer erst das Grundstück und dann das Haus darauf kaufte, wird sogar zweimal zur Kasse gebeten. Quelle: dpa
FinanzierungManchmal werden nicht nur Haus und Grund, sondern gleich auch die dazugehörige Finanzierung als Paket angeboten. In Sachen Finanzierung sollte aber kein Käufer auf umfassende Preisvergleiche verzichten. Quelle: dapd
SachverständigeWes Brot ich ess', des Lied ich sing', warnt ein altes Sprichwort. Bauherren sollten sich einen Bauberater oder Sachverständigen suchen, der ausschließlich ihre Interessen gegenüber dem Bauträger vertritt. „Ein Berater, der gleichzeitig für den Bauträger oder dessen Zulieferer arbeitet ist parteiisch", warnt VPB Präsident Penningh. Einen allumfassenden Bauherrenratgeber gibt es auch beim Bauherrenschutzbund (BSB). Die Broschüre ist zu bestellen unter www.bsb-ev.de. Quelle: dpa
SchlüsselfertigWerden Grundstück plus schlüsselfertiger Immobilie in einem Vertrag verkauft, muss der Bauträger dafür sorgen, dass der Grund bebaubar und frei von Altlasten ist. Das schützt bei Grundstücken, die schon einmal genutzt wurden vor bösen Überraschungen wie Altöl, krebserregenden Produktionsrückständen oder Verseuchung mit Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Quelle: dpa
EnergiesparvorschriftenDas Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energien im Wärmebereich schreibt für Neubauten den Einsatz erneuerbarer Energien vor. Bauträgern und Handwerkern drohen bis zu 50 000 Euro Bußgeld, wenn sie sich nicht an die gesetzlichen Auflagen halten. Weil aber auch der Bauherr zur Verantwortung gezogen wird, sollten Käufer zusätzlich selbst prüfen, ob das Kaufobjekt den Energiesparauflagen genügt. Quelle: dpa

Probleme, die sich als Konsequenz aus fehlerhaften, unvollständigen und durch den Auftraggeber übervorteilende Klauseln ergeben, sind bei weitem kein Einzelfall. So hat das Institut Privater Bauherren erst Ende 2012 eine Studie präsentiert, nach der nahezu alle Verträge für sogenannte schlüsselfertige Immobilien gravierende Mängel aufweisen. Von den insgesamt 117 Formularverträgen von 91 Anbietern waren 113 (97 Prozent) aufgrund rechtswidriger Klauseln nicht empfehlenswert. Lediglich vier galten nach Ansicht der prüfenden Anwälte als akzeptabel, nicht ein einziger als gut. Eine Untersuchung des Instituts für Bauforschung kam bereits 2010 zu einem ähnlichen Ergebnis: 90 von 100 untersuchten Verträgen waren unvollständig und lückenhaft. In nahezu jedem vierten Vertrag fanden sich zudem Einschränkungsversuche gesetzlicher Mängelrechte, unzulässig oder pauschal gekürzte Gewährleistungsfristen oder sogar der unzulässige Ausschluss von Gewährleistungspflichten der Hausanbieter. 

„Schlüsselfertig“ ist noch lange nicht fertig

Das Argument, schlüsselfertiges Bauen sei kostensicher, einfacher und damit stressfreier für den Bauherren - quasi ein Rundum-Sorglos-Paket - entpuppt sich so als Mythos, den Bauunternehmen und -träger nur allzu gern am Leben erhalten wollen – und der den künftigen Eigenheimbesitzer teuer zu stehen kommen kann.

Die zehn häufigsten Fehler bei der Baufinanzierung

In der Realität wird ein voreilig unterzeichneter Bauvertrag oft zum Bumerang. Denn der Begriff „schlüsselfertig“ ist nicht gesetzlich definiert. Auch ein scheinbar vereinbarter Festpreis kann durch Vertragsklauseln zu Ausnahmen und Gründen, die Abweichungen erlauben, ganz leicht ausgehebelt werden. Die meisten Probleme aus den Verträgen mit Handwerksbetrieben ergeben sich jedoch, weil eine genaue Beschreibung der zu erbringenden Leistung ausbleibt, ein genauer Einzugstermin fehlt oder die Zahlungsmodalitäten und -etappen nicht geregelt sind.

Rechtsanwalt Freund sieht drei Hauptursachen für Streit um den vereinbarten Bauvertrag: Erstens: Ist eine Leistungsbeschreibung nicht präzise, kann das Nachträge zum Vertrag generieren, die neue Kosten verursachen. Zweitens gibt es während der Bauphase häufig Änderungswünsche durch den Auftraggeber. Drittens können auch von außen Probleme auftreten, etwa weil sich das Grundstück als ungeeignet erweist, wenn sich beispielsweise der Untergrund als nicht tragfähig erweist oder mit Altlasten verseucht ist. Der Vertrag sollte unbedingt regeln, wie mit solchen Ereignissen umzugehen ist und wie sie sich auf die Gesamtkosten und den Fertigstellungstermin auswirken.

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