Umfrage Immobilienaktien – Stimmung im Plus, Kurse im Minus

Die Börsenkurse sacken weg. Dennoch sind Analysten für Immobiliengesellschaften positiv gestimmt. Umso mehr, wenn sie Gewerbeflächen vermieten. Wohnungsvermietern droht Unheil durch die Große Koalition.

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Der Gewerbeimmobilieninvestor steht zurzeit im Mittelpunkt von Spekulationen. Quelle: dpa

Düsseldorf Grau ist alle Theorie. Die sagt, dass die Kurse von Immobilienaktien überdurchschnittlich stabil sein sollen. Doch die Performance des laufenden Jahres sagt etwas anderes. Nach dem jüngsten Kursabschwung an den Börsen haben, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, alle im Dax, MDax und SDax notierten Immobilienwerte schlechter abgeschnitten als die Indizes. Aber der Kirchhoff-Stimmungsindikator Immobilien-Aktien sieht die Branche positiv. Die Grundstimmung ist sogar noch besser als vor vier Monaten. Auf einer Skala von minus 100 bis plus 100 wurden 21,4 Punkte erreicht, 9,1 Punkte mehr als im September 2017.

Die Umfrage der Beratungsfirma Kirchhoff unter Immobilienaktienanalysten fand überwiegend in der zweiten Januarwoche statt, also vor dem jüngsten Kursrutsch an den Aktienmärkten. Die Experten wurden gefragt, ob sie binnen der nächsten drei Monate, beziehungsweise auf Sicht von zwölf Monate Kurssteigerungen oder -verluste über 15 Prozent oder zwischen fünf und 15 Prozent erwarten. 100 Punkte können nur erreicht werden, wenn alle Befragten Kurssteigerungen von mehr als 15 Prozent erwarten.

Die Gründe für den Optimismus gelten heute wie vor einem Monat. Die Analysten gehen von weiter steigenden Immobilienwerten und Mieteinnahmen bei Gewerbe- wie Wohngebäuden aus. Eine Einschätzung, die die großen Immobiliendienstleister teilen. Wobei das größere Mietsteigerungspotenzial im Gewerbesektor gesehen wird.

Folgerichtig sind die Wertpapier-Profis weiterhin davon überzeugt, dass Gewerbe Wohnen schlägt. In Umfrage-Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Das Stimmungsbarometer für Aktien der Wohnungsvermieter erreichen 12,5 Punkte, acht mehr als im September. Aber Gewerbe begeistert die Befragten nach einem Sprung von 29,5 auf 37,5 Punkte wesentlich mehr. „Die Angebotsknappheit am Häusermarkt und der sehr gute Arbeitsmarkt bleiben die dominierenden Preistreiber“, beschreibt Stefan Scharf, Geschäftsführer und Analyst von SRC Research, was heute wie vor vier Monaten gilt.

Über Wohnungsmangel klagen die Menschen in Deutschland schon seit mehreren Jahren. Inzwischen haben Unternehmen in den Metropolen Mühe, Büroraum zu finden. Das trägt zur positiven Einschätzung für Gewerbeimmobilienaktien bei. 79 Prozent der Befragten erwarten kurzfristig steigende Kurse, mittelfristig 71 Prozent steigende und stark steigende Kurse. Ein Argument für die positivere Einschätzung der Gewerbeimmobilientitel liefert ihre Bewertung. Im Mittel sind die Kurse von Wohnungsgesellschaften höher als ihre Nettovermögenswerte (Immobilienvermögen minus Schulden) je Aktie, die der Gewerbeimmobilienspezialisten niedriger. Das heißt: Gewerbeimmobilientitel haben Nachholpotenzial. Theoretisch betrachtet sollte der faire Kurs dem Nettovermögenswert je Aktie entsprechen.

„Gewerbeimmobilien-Titel sollten von anhaltend guten Fundamentaldaten profitieren“, meint Andre Remke, der Immobilienaktien für die Baader Bank beobachtet. Mit Fundamentaldaten sind Konjunkturdaten gemeint, die steigende Beschäftigung und wachsende Wirtschaft signalisieren. Außerdem hält sich unter Immobilienaktien-Beobachtern hartnäckig die Vorstellung, dass es unter den Gewerbevermietern eine vergleichbare Welle von Zusammenschlüssen geben müsste, wie sie vor ein paar Jahren auf dem Wohnungssektor lief.

Anfänge sind gemacht. Im vergangenen Herbst kaufte die TLG Immobilien die WCM. Vor ein paar Tagen geriet sie selbst in den Fokus des israelischen Immobilieninvestors Amir Dayan. Dem Kurs hat es geholfen. Er blieb im laufenden Jahr im Plus. Unter den Gewerbetiteln fällt das Segment der Einzelhandelsimmobilien negativ aus dem Rahmen. „Es steht vor der Herausforderung der fortschreitenden Digitalisierung und der steigenden Bedeutung von E-Commerce“, nennt Ellis Acklin, Immobilienanalyst bei First Berlin, das Problem beim Namen. Leidtragende sind die Aktionäre des Einkaufszentren-Spezialisten Deutschen Euroshop. Die Aktie verlor in diesem Jahr überdurchschnittlich.  

Die unter den deutschen Immobilienaktien dominierenden Wohnungsgesellschaften müssen sich auf nachteilige Rahmenbedingungen einstellen. Am Montag wurden Eckpunkte aus den Verhandlungen zur Bildung einer Großen Koalition zwischen CDU/CSU und SPD bekannt. Danach soll die bisher wirkungslose Mietpreisebremse in Großstädten verschärft werden. Außerdem soll den Vermietern nur noch die Umlage von jährlich acht Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete erlaubt werden. Bislang dürfen elf Prozent umgelegt werden.

Zusätzlich will die Große Koalition einen Maximalbetrag für die Umlage einführen. Diese Pläne schränken die Möglichkeiten zur Mieterhöhung ein, sofern sie umgesetzt werden. Die drei Großen der Branche, Vonovia, Deutsche Wohnen und LEG Immobilien haben große Modernisierungsprogramme für ihre Wohnungen aufgelegt.

Kurzfristig ist die Begeisterung der von Kirchhoff Befragten für Wohnungsgesellschaften größer als mittelfristig. Die Experten spekulieren offensichtlich darauf, dass die Kurse auf die für März und April angekündigten Geschäftszahlen positiv reagieren. Große Überraschungen sind allerdings auf dem Wohnimmobiliensektor nicht zu erwarten. Einnahmen aus der Wohnungsvermietung sind leicht planbar.

Einnahmensprünge wegen höherer Mieteinnahmen sind nicht zu erwarten. Die Wohnungen sind allenthalben voll vermietet, so dass sich keine zusätzlichen Einnahmen über Leerstandsabbau generieren lassen. Zudem sind die großen Fortschritte bei der Senkung von Verwaltungskosten vollzogen und die Zeiten, in denen Umschuldungen die Zinslast verringern sind auch vorüber.

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