Der Keller fault weg, die darin befindliche Wohnung ist nicht nutzbar. Es muss saniert werden. Doch die Eigentümer der anderen Wohnungen sind arm und alt und wollen sich an den Kosten nicht beteiligen. Der BGH prüft, ob sie dennoch zahlen müssen. Ob Wohneigentümer die Kosten für alle wichtigen Sanierungen von Gemeinschaftseigentum im Haus grundsätzlich gemeinsam zahlen müssen, hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun entschieden. Dem Gericht lag eine Klage einer Wohnungsbesitzerin vor, die mit den anderen Miteigentümern zerstritten war (Aktenzeichen V ZR 9/14).
Normalerweise zahlen Wohnungsbesitzer die Sanierungen von Hausteilen wie Dach und Keller gemeinsam. Der BGH musste nun über eine Ausnahme entscheiden. Denn das Landgericht Koblenz hatte die Klage der Frau zuvor abgewiesen und das mit einer Ausnahme begründet: Das Gericht sah die „Opfergrenze“ der anderen überschritten: Die beiden Beklagten seien betagt und finanzschwach, die hohen Kosten nicht zumutbar, hieß es. Die Klägerin zog deshalb vor das höchste Instanz.
Urteil des BGH zur Wohnungssanierung
Eine Gemeinschaft von mehreren Wohnungseigentümern streitet um die Sanierungskosten: Der Klägerin gehört die Kellerwohnung, die beiden Beklagten sind Eigentümer der Wohnung im Erdgeschoss sowie der unter dem Dach. Die Kellerwohnung ist feucht und mittlerweile unbewohnbar. Die Klägerin wollte sie daher sanieren lassen. Als die anderen nicht mitziehen wollten, zog sie vor Gericht.
Das Amtsgericht Andernach entschied in erster Instanz, dass die anderen Eigentümer die Kosten mittragen und die erforderliche Summe dafür bereitstellen müssen. Ohne Renovierung könnte sich der Schaden im Keller weiter ausbreiten und zu einem Wertverlust des gesamten Hauses führen. Das Landgericht Koblenz hob diese Entscheidung 2013 in zweiter Instanz aber auf.
Die Richter sahen hier ausnahmsweise die "Opfergrenze" überschritten: Die Beklagten seien betagt und finanzschwach. Es würde sie wirtschaftlich daher schwer belasten, die Sanierung mitzahlen zu müssen. Das Gebäude muss den Richtern zufolge zwar schon im Wert erhalten werden. Doch dieser Grund wiegt in diesem Fall ihrer Ansicht nach nicht so schwer: Denn derzeit wolle keiner in dem Haus seine Wohnung verkaufen.
Bei derartigen sogenannten Wohnungseigentümergemeinschaften gilt normalerweise der Grundsatz: "Mitgehangen-mitgefangen". Das heißt, wer eine Wohnung in einem Haus besitzt, muss die Sanierung der Teile, die allen Eigentümern zusammen gehören wie etwa Dach, Fenster, Außenwände akzeptieren und mitbezahlen.
"Es könnte aber sein, dass der BGH von diesem Grundsatz jetzt abweichen will und Ausnahmen von der Sanierungs- und somit der Zahlungsverpflichtung zulässt", sagt Gerold Happ vom Eigentümerverbandes Haus & Grund. Er verweist darauf, dass das Landgericht den Fall wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache an den BGH verwiesen hat. Das ist bei Prozessen zwischen Wohnungseigentümern eher die Ausnahme.
Es betrifft all diejenigen, die eine Wohnung in einem Haus besitzen. Dabei ist gleich, ob sie selber darin wohnen oder vermietet haben. 2011 gab es in Deutschland nach Angaben von Haus & Grund knapp neun Millionen derartige "Wohneinheiten", das sind 22,1 Prozent aller Wohnungen in Deutschland.
Die Beteiligten des Streits wohnen in einem Mehrfamilienhaus: Der Klägerin gehört die Kellerwohnung, die Beklagten sind Eigentümer der Wohnung im Erdgeschoss sowie der Wohnung unter dem Dach. Die Kellerwohnung ist feucht und mittlerweile unbewohnbar. Die Klägerin wollte den Keller sanieren lassen, die anderen weigerten sich.
BGH: Keine Ausnahmen zulässig
An diesem Freitag hat nun der BGH entschieden, dass Wohneigentümer die Sanierungskosten von Gemeinschaftseigentum wie dem Keller in einem Mehrfamilienhaus gemeinsam zahlen müssen. Das gilt auch für diejenigen, die sich die Renovierungen gar nicht leisten können, urteilten die Richter.
Die Richter gaben damit der Besitzerin der Kellerwohnung recht. „Wichtige Sanierungen müssen alle zahlen“, sagte die Vorsitzende BGH-Richterin Christina Stresemann. Der Senat ging sogar noch einen Schritt weiter: Danach machen sich Eigentümer schadenersatzpflichtig, wenn sie dringende Renovierungen verhindern.
Das BGH berief sich in seinem Urteil auf das Wohneigentumsgesetz (WEG). "Der BGH hat die Entscheidung des LG Koblenz völlig zu Recht aufgehoben, da diese den eindeutigen Regelungen des WEG widerspricht", sagt auch Immobilienrechtsexperte Roland Maria Schäfer von der Kanzlei GTW Rechtsanwälte in Düsseldorf. "Die Annahme einer Opfergrenze aus subjektiven Gründen, wie sie das Landgericht Koblenz unter Hinweis auf Alter und finanzielle Ausstattung der Beklagen angeführt hatte, hätte für Wohnungseigentümer zu weitreichenden Konsequenzen geführt."
Schäfer zufolge wäre dann zu befürchten gewesen, dass sich einzelne finanzschwache Wohnungseigentümer einer Beteiligung an Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten künftig entziehen können. "Dem Risiko einer dadurch entstehenden Mehrbelastung der übrigen Wohnungseigentümer beziehungsweise des einzelnen Eigentümers entzieht die Entscheidung des BGH nun den Boden", so Schäfer.