Urteil des Bundesgerichtshofs Sanierungskosten müssen alle Wohnungseigentümer zahlen

Eigentümergemeinschaften in Wohnhäusern streiten oft ums Geld - vor allem bei Sanierungen. Bisher mussten grundsätzlich alle Eigentümer dafür bezahlen. Nun hat der Bundesgerichtshof über Ausnahmen entschieden.

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Was nicht passt, wird passend gemacht
Baupfusch verursacht jedes Jahr Milliardenschäden. Und dafür braucht es nicht einmal einen Flughafen oder eine Philharmonie. Oft gehen private Bauherren mit einer erschreckenden Naivität an das Projekt Hausbau heran und scheuen zusätzliche Investitionen, beispielsweise in begleitende Sachverständige. Über die Hälfte aller Baumängel werden meist erst nach Jahren aufgedeckt und sind dann deutlich teurer, als es ein rechtzeitiges Gutachten gewesen wäre. Geld kann grundsätzlich kaum besser angelegt werden kann, als im eigenen Heim. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner
Außerdem ist Vorsicht geboten: Der Trend zum Baumangel steigt nämlich. Riskant ist dabei vor allem, dass auf Baustellen immer mehr Arbeiten an immer mehr Subunternehmer abgegeben werden. Dann sind teilweise nicht einmal mehr ausgebildete Handwerker am Werk. Auch hier spart, wer das billigste Angebot nimmt, womöglich an der falschen Stelle. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner
Besonders kritisch und zugleich häufig, sind beispielsweise Mängel bei Isolierung und Wärmedämmung. Anders ausgedrückt: Das Haus ist nicht ganz dicht. Im Innenbereich sind vor allem Rohr- und Elektroinstallation pfuschanfällig, sowie Badezimmer und Sanitäranlagen. Besonders beliebt: Rohre und Leitungen mit Bauschaum fixieren. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner
Mängel sollten vom Kunden am besten immer vor der Abnahme festgehalten werden. Dann muss der Handwerker nachweisen, dass er nicht gepfuscht hat, beziehungsweise muss nachbessern. Nach der Abnahme kehrt sich die Beweislast um, der Kunde muss nachweisen, dass gepfuscht wurde. Das ist oft schwierig. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner
Auch eine Teil-Abnahme mit Mängeln, bei der nur ein Teil der Rechnung beglichen wird ist möglich. Allerdings müssen diese Mängel dann vor der Übernahme schriftlich festgehalten werden. Kürzt der Kunde die Rechnung wegen festgestellter aber nicht protokollierter Mängel einfach, riskiert er eine Klage. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner
Sind die Mängel besonders schwerwiegend, kann und sollte die Abnahme ganz verweigert werden. Ohne Abnahme gibt es für den Handwerksbetrieb auch kein Geld, das ist gesetzlich im BGB geregelt. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner
Über Termine zu Arbeitsbeginn und Abnahme sollte daher auch möglichst ein schriftlicher Vertrag existieren, in dem die Daten präzise erfasst sind. Schwammige Formulierungen oder lediglich Vereinbarungen per Handschlag können zu Problemen führen. Klare Rahmenbedingungen sind vor allem am Bau zu empfehlen, denn hier treiben Verzögerungen die Kosten schon mal enorm in die Höhe. Quelle: "Pfusch am Bau" - Marc Steiner

Der Keller fault weg, die darin befindliche Wohnung ist nicht nutzbar. Es muss saniert werden. Doch die Eigentümer der anderen Wohnungen sind arm und alt und wollen sich an den Kosten nicht beteiligen. Der BGH prüft, ob sie dennoch zahlen müssen. Ob Wohneigentümer die Kosten für alle wichtigen Sanierungen von Gemeinschaftseigentum im Haus grundsätzlich gemeinsam zahlen müssen, hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun entschieden. Dem Gericht lag eine Klage einer Wohnungsbesitzerin vor, die mit den anderen Miteigentümern zerstritten war (Aktenzeichen V ZR 9/14).

Normalerweise zahlen Wohnungsbesitzer die Sanierungen von Hausteilen wie Dach und Keller gemeinsam. Der BGH musste nun über eine Ausnahme entscheiden. Denn das Landgericht Koblenz hatte die Klage der Frau zuvor abgewiesen und das mit einer Ausnahme begründet: Das Gericht sah die „Opfergrenze“ der anderen überschritten: Die beiden Beklagten seien betagt und finanzschwach, die hohen Kosten nicht zumutbar, hieß es. Die Klägerin zog deshalb vor das höchste Instanz.

Urteil des BGH zur Wohnungssanierung


Die Beteiligten des Streits wohnen in einem Mehrfamilienhaus: Der Klägerin gehört die Kellerwohnung, die Beklagten sind Eigentümer der Wohnung im Erdgeschoss sowie der Wohnung unter dem Dach. Die Kellerwohnung ist feucht und mittlerweile unbewohnbar. Die Klägerin wollte den Keller sanieren lassen, die anderen weigerten sich.

BGH: Keine Ausnahmen zulässig

An diesem Freitag hat nun der BGH entschieden, dass Wohneigentümer die Sanierungskosten von Gemeinschaftseigentum wie dem Keller in einem Mehrfamilienhaus gemeinsam zahlen müssen. Das gilt auch für diejenigen, die sich die Renovierungen gar nicht leisten können, urteilten die Richter.

Die Richter gaben damit der Besitzerin der Kellerwohnung recht. „Wichtige Sanierungen müssen alle zahlen“, sagte die Vorsitzende BGH-Richterin Christina Stresemann. Der Senat ging sogar noch einen Schritt weiter: Danach machen sich Eigentümer schadenersatzpflichtig, wenn sie dringende Renovierungen verhindern.

Das BGH berief sich in seinem Urteil auf das Wohneigentumsgesetz (WEG). "Der BGH hat die Entscheidung des LG Koblenz völlig zu Recht aufgehoben, da diese den eindeutigen Regelungen des WEG widerspricht", sagt auch Immobilienrechtsexperte Roland Maria Schäfer von der Kanzlei GTW Rechtsanwälte in Düsseldorf. "Die Annahme einer Opfergrenze aus subjektiven Gründen, wie sie das Landgericht Koblenz unter Hinweis auf Alter und finanzielle Ausstattung der Beklagen angeführt hatte, hätte für Wohnungseigentümer zu weitreichenden Konsequenzen geführt."

Schäfer zufolge wäre dann zu befürchten gewesen, dass sich einzelne finanzschwache Wohnungseigentümer einer Beteiligung an Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten künftig entziehen können. "Dem Risiko einer dadurch entstehenden Mehrbelastung der übrigen Wohnungseigentümer beziehungsweise des einzelnen Eigentümers entzieht die Entscheidung des BGH nun den Boden", so Schäfer.

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