Wärmedämmung mit Styropor Experten fordern strengere Brandschutz-Regeln

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"Jeder brennbare Stoff ist ein Risiko"

Franz Schächer, Ingenieur für Baustatik und Brandschutz, stellte sich 2013 nach einem vergleichbaren Brand in Frankfurt, den er miterlebte, die Frage, ob es bei den Polystyrol-gedämmten Fassaden ein systematisches Problem gibt. "Jeder brennbare Stoff ist ein Risiko, man muss ihn nur zünden", sagt Schächer. "Das gefährliche an Polystyrol ist, dass dieser Dämmstoff zu 90 Prozent aus Öl besteht. Bei einer Erhitzung über 130 Grad Celsius treten Gase aus und es bilden sich Tropfen. Gibt es eine Zündflamme, brennt es lichterloh. Die brennende Flüssigkeit kann sich dann wie ein brennender Ölsee auf den Brandriegeln hinter der halbzentimeterdicken Putzschicht sammeln, bis diese aufbricht und das Feuer am Gebäude runterläuft. Die Brandriegel sind dann nutzlos."

Laut Schächer nehmen die Brandgefahren der EPS-Dämmung mit steigender Dicke der Dämmschicht zu. Lange waren Dämmschichten bis zu einer Stärke von sechs Zentimetern üblich. Aber seit Jahren sei die Dämmung auf den Häusern mindestens zehn Zentimeter dick, sagte er 2013.

Bei der Wärmeisolierung von Häusern und Wohnungen zählt Styropor zu den meist genutzten Materialien, weil es im Vergleich zu anderen Baustoffen geradezu unschlagbare Vorteile bietet. Es bringt eine starke Dämmleistung, ist sehr preiswert, verbraucht wenig Platz, ist unempfindlich gegen Feuchtigkeit und Verrottung und einfach in der Verarbeitung. Aber Polystyrol ist alles andere als ein umweltfreundlicher Dämmstoff. Die Herstellung ist energieintensiv und erfolgt auf Basis von Erdöl.

Öffentlich geförderte Gebäudedämmung

Bei der Verteilung öffentlicher Fördergelder für die Dämmung von Gebäuden gibt es ein starkes Gefälle in Deutschland. 2014 flossen 3,7 Milliarden Euro für zinsverbilligte Zuschüsse und Kredite der staatlichen KfW-Bank. Bundesweit gab es 105.402 Einzelzusagen für Sanierungen, um den Energieverbrauch zu senken. Das geht aus einer Antwort der Parlamentarischen Wirtschaftsstaatssekretärin Brigitte Zypries (SPD) an die Grünen hervor.

20 Prozent davon flossen nach Baden-Württemberg, 18,3 Prozent wurden von Bürgern in Nordrhein-Westfalen beantragt und nach Bayern gingen 15,8 Prozent der Mittel.

Vor allem in Ostdeutschland mit Ausnahme Berlins werden die Mittel weniger in Anspruch genommen. Schlusslichter sind unter den Flächenländern Saarland (38 Millionen Euro Zusagevolumen 2014), Mecklenburg Vorpommern (39 Millionen) und Thüringen (59 Millionen).

Seit Jahren wird zum Ankurbeln der energetischen Sanierungen über einen bundesweiten Steuerbonus gestritten, um den Verbrauch in Gebäuden und so den CO2-Ausstoß zu senken. Mehrere Millionen Gebäude und Heizungen gelten als ineffizient. Ein neuer Anlauf wurde zuletzt von der großen Koalition wegen Streits um die Finanzierung auf Eis gelegt. Der Bonus sollte ein Volumen von einer Milliarde Euro im Jahr haben, bis zu 25 Prozent der Sanierungskosten sollten absetzbar sein.

Das Abwarten, ob der Bonus kommt, könnte die Investitionsbereitschaft insgesamt gedrosselt haben - noch 2013 waren 4,04 Milliarden Euro an KfW-Förderzusagen für Gebäudesanierungen in Anspruch genommen worden, damals gab es mit 119.908 auch deutlich mehr Einzelzusagen als 2014.

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