München ist Spitze: Nirgendwo in Deutschland sind die Mieten höher. In keiner anderen deutschen Großstadt sind Wohnungen und Häuser teurer, sind die Immobilienkredite höher als in der Bayernmetropole. Aber: In keiner deutschen Landeshauptstadt sind die Nebenkosten für Einfamilienhausbesitzer geringer als in München.
Für Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt), macht das nur einen graduellen Unterschied. Er hält Steuern und Gebühren generell für zu hoch: „Der Fiskus ist Wohnkostentreiber Nummer eins“, schimpft er und fordert: „Der Staat darf das Wohnen nicht noch teurer machen!“ Der BdSt will seiner Forderung nach niedrigeren Steuern und Gebühren durch Messung der Unzufriedenheit der Bürger Nachdruck verleihen.
Im Dezember 2016 empfanden nach einer Umfrage des BdSt 83 Prozent der Deutschen die allgemeine Belastung als „zu hoch“. Zu Beginn der Trendumfrage im März 2015 hatten mit 79 Prozent noch weniger über die Last der Nebenkosten geklagt. Zwischenzeitlich habe der Wert sogar bei 88 Prozent gelegen.
Doch der Reihe nach: Wer im vierten Quartal 2016 in München einen neuen Mietvertrag abschloss, musste im Schnitt 13 Euro Monatsmiete pro Quadratmeter akzeptieren, haben die auf die Erstellung von Mietspiegeln spezialisierten Marktforscher von F+B herausgefunden. In diesem Durchschnittswert sind alle Wohnungsgrößen, Lagen und Baualter der vermieteten Häuser enthalten. Dass die Neuvertragsmieten nur um 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal nach oben gegangen sind, mutet angesichts der rasanten Mietsprünge der vergangenen Jahre schon fast tröstlich an.
Wer ins Münchener Umland ausweichen will, muss sich ebenfalls auf happige Mieten gefasst machen: Der F+B-Aufstellung zufolge betrugen die Neuvertragsmieten im letzten Quartal 2016 in elf Städten über 20.000 Einwohnern mehr als zehn Euro. Davon gehören allein fünf zum Münchener Umland.
Im Süden ist Wohnen besonders teuer
Einen Blick auf die Situation im gesamten Land wirft die Mietspiegelstudie von F+B. Demnach sind die durchschnittlichen Mietspiegelmieten in Deutschland binnen eines Jahres im Durchschnitt um 1,8 Prozent, in Bayern und Baden-Württemberg um 2,7 Prozent gestiegen. Warum die beiden Südländer so teuer sind, zeigt ein Blick auf deren Landeshauptstädte.
In München zahlen die Mieter 71 Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt, in Stuttgart 49 Prozent. Berlin hat es mit seinen rasanten Mietsteigerungen der vergangenen Jahre laut F+B geschafft, dass die Mieten den Durchschnittswert nur noch ganz minimal verfehlen. Die Zahlen basieren auf Mietspiegeln in 388 Orten mit mehr als 20.000 Einwohnern.
Wer in München eine Eigentumswohnung sucht, ob alt, ob neu, ob in der Innenstadt oder einem Außenbezirk, zahlte dafür im vierten Quartal 2016 im Schnitt 5.740 Euro pro Quadratmeter – 4,4 Prozent mehr als vor einem Jahr. Empirica, ein weiterer großer Immobilienmarktforscher, ermittelt für Mieten und Kaufpreise in München sogar noch höhere Werte und nennt für den Quadratmeter Einfamilienhaus einen Preis von 7.059 Euro im vierten Quartal 2016.
Das bedeutet: Wer ein Einfamilienhaus mit der typischen Wohnfläche von 120 Quadratmetern kauft, muss einschließlich Kaufnebenkosten rund eine Million Euro finanzieren – aus der eigenen Tasche oder mit Hilfe der Bank.
Angesichts solcher Summen ist es nicht überraschend, dass nirgendwo höhere Baufinanzierungsdarlehen nachgefragt werden als in München. Check24 hat die über das eigene Preisvergleichsportal angefragten Baufinanzierungen für die zehn größten Städte des Landes untersucht und kommt zu folgendem Ergebnis: Münchener wollten im Schnitt 420.000 Euro Baugeld aufnehmen, 86 Prozent mehr als Leipziger, die mit knapp 227.000 Euro zufrieden waren.
Für einen Münchener führt dies bei einem Darlehen mit 15 Jahren Laufzeit und drei Prozent Tilgung bei zurzeit sehr günstigen 1,7 Prozent Effektivzins zu einer monatlichen Belastung von 1.641,50 Euro. Der Leipziger kommt dagegen mit 887,19 Euro im Monat aus.
Neben den Münchenern fragten auch Hamburger, Düsseldorfer, Stuttgarter und Frankfurter Summen von mehr als 300.000 Euro nach. Zwei Drittel der Kunden planten laut Check24 mit den Darlehen, ein Einfamilienhaus oder eine Eigentumswohnung zu kaufen. Demgegenüber benötigte ein eigenes Bauvorhaben die durchschnittlich höchste Baufinanzierungssumme.
Wohneigentum wird immer weniger erschwinglich
München hat nicht nur weit überdurchschnittliche Immobilienpreise, sondern auch Haushaltseinkommen. Doch Zahlen von Empirica aus dem vergangenen Jahr zeigen, dass die monatliche Belastung der Haushalte an der Isar trotzdem weit höher ist als anderswo. So mussten Münchener 46 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für einen Neubau ausgeben und 38 Prozent für die Miete. In Leipzig waren es 29 beziehungsweise 32 Prozent für die Miete.
Seitdem sind die Zinsen, Mieten und Preise weiter gestiegen – vielerorts stärker als die Haushaltseinkommen. Ein Beispiel: Eigentumswohnungen verteuerten sich in München im vergangenen Jahr um 4,4 Prozent. Die Haushaltsnettoeinkommen – also das, was in der Kasse übrig bleibt, wenn die Steuern gezahlt sind – dürften bei weitem nicht so stark gestiegen sein. Kurz gesagt: Eigentum wurde weniger erschwinglich.
Nur in einem Punkt werden die Münchener entlastet: bei den laufenden Nebenkosten für ein Einfamilienhaus. Das Steuerzahlerinstitut des Deutschen Steuerbundes hat errechnet, dass die Gesamtkosten aus Frisch-, Schmutz- und Niederschlagswasser, Abfallentsorgung, Straßenreinigung, Anwohnerparkausweis, Rundfunkbeitrag und Grundsteuer in keiner der 16 Landeshauptstädte geringer sind als in der bayerischen.
Für einen Drei-Personen-Haushalt in einem zweigeschossigen Einfamilienhaus in innerstädtischer Lage mit 15 Frontmetern in einer Anliegerstraße betrugen die Nebenkosten im vergangenen Jahr 1.643 Euro. Berlin und Saarbrücken, die beiden teuersten Städte im Vergleich, waren rund 500 und 550 Euro teurer.