Wohnungsmarkt Wo Vermieter noch gut verdienen

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Nicht jede Immobilie ist ein Inflationsschutz

Die Prognosen der Soziologen und Stadtentwickler sind eindeutig. In Deutschland herrscht Landflucht: Wenn nichts Unvorhersehbares geschieht, wird Berlin in den nächsten 15 Jahren rund 245.000 Menschen anziehen, München 230.000 und Hamburg 100.000. Weil die Bevölkerung jedoch deutschlandweit zurückgeht – laut einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung bis 2050 von heute rund 82 auf etwa 69,5 Millionen –, werden außerhalb von München und Berlin diese Menschen fehlen: als Bürger, als Konsumenten – und als Mieter.

Die teuersten und günstigsten Stadtteile der Metropolen

Ob eine Immobilie wenigstens zum Kapitalerhalt taugt, wenn schon keine hohe Rendite mehr herausspringt, hängt also von der Lage ab. Denn der Rückgang der Bevölkerung vollzieht sich nicht gleichmäßig. Im Gegenteil, er verschärft die bereits vorhandenen regionalen Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt: Während lukrative Jobs und Freizeitangebot junge Gutverdiener und Familien, zunehmend auch „Best Ager“ (jung gebliebene Rentner) weiter in die Großstädte locken, dürfte sich in manchen Orten und Kreisen die Einwohnerzahl bis 2030 gegenüber 1990 halbieren, so in Suhl oder in Neubrandenburg.

Vor allem der Osten wird Verlierer des demografischen Wandels bleiben; aber auch Teile von Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Nordhessen, Nordbayern und des Saarlands sind keine guten Pflaster mehr für Vermieter. „Dort werden die Preise für Häuser und Etagenwohnungen real, also nach Abzug der Inflation, in den nächsten Jahren teils kräftig fallen“, warnt Hein, „zehn oder elf Prozent Mietrendite gibt es dort ja nicht ohne Grund.“

Wo hohe Renditen winken, tragen Anleger ein multiples Risiko: Zum einen ist in strukturschwachen Gegenden das Mietausfallrisiko höher als in Düsseldorf oder Frankfurt. Die Gefahr, dass der stets pünktlich zahlende Mieter seine Magdeburger Wohnung kündigt, um einen Job in einem prosperierenden Ballungsraum anzunehmen, ist hoch. Fehlt es an Nachmietern, macht eine ein paar Monate lang leer stehende Wohnung aus der schönen zweistelligen Rendite ein Verlustgeschäft. Zum anderen ist „das Bonitätsrisiko der Mieter höher“, warnt Moll: Mieter müssen nicht gleich kündigen; auch die Gefahr, dass sie wegen Arbeitslosigkeit nicht mehr zahlen können, ist in Gelsenkirchen höher als in München. Drittens liegen die Instandhaltungskosten über denen in boomenden Städten. Das mag paradox klingen, aber: „In München können Sie so gut wie alles vermieten, was nicht gegen die guten Sitten verstößt oder das Bauaufsichtsamt auf den Plan ruft. In Gegenden mit Überangebot an Wohnraum müssen Vermieter dagegen ständig in ihre Objekte investieren, um sie attraktiv zu halten“, erklärt Moll.

Wo der Immobilienboom Wohnen besonders stark verteuert hat
Hamburg Quelle: dpa
Freiburg Quelle: dpa
Kaiserdom in Aachen Quelle: dpa
Luftaufnahme von Oldenburg Quelle: Bin im Garten CC Attribution-Share Alike 3.0 Unported
Altstadt von Dresden Quelle: dpa
Englischer Garten in München Quelle: dpa
Nürnberg Quelle: dpa

Mit Brötchendienst und Reiskocher

Ein Thüringer versorgt seine studentischen Mieter mit Reiskochern, Fahrradboxen und Flachbildschirmen. In Freiberg organisierte ein anderer sonntags einen Brötchenbringdienst, in Gelsenkirchen montierte ein Hausbesitzer riesige Balkone aus Stahl an die Fassaden; Kosten: 70.000 Euro, die kompletten Mieteinnahmen eines Jahres. Ein erster Indikator dafür, ob Mietausfall und hohe Investitionen drohen, sind die in der Tabelle ausgewiesenen Leerstandsquoten. Die künftige Nachfrage ist schwieriger einzuschätzen; Anhaltspunkte über die demografische Entwicklung einzelner Städte bietet die Internet-Seite wegweiser-kommune.de der Bertelsmann Stiftung.

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