Wohnungsmarkt Parteien buhlen um Mieter und Hauskäufer

Mieter entlasten und den Kauf der eigenen vier Wände erschwinglicher machen: Mit ihrem geplanten Maßnahmenpaket will die SPD gleich zwei Ziele auf einmal erreichen. Die Union kritisiert die Pläne als zu kurz gegriffen.

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Der Wohnungsmarkt in Hamburg ist wie in anderen deutschen Großstädten äußerst umkämpft. Quelle: dpa

Berlin Es könnte ein gutes Jahr werden – sowohl für Mieter als auch für all jene, die sich ein Haus oder eine Wohnung kaufen wollen. Denn 2017 stehen Bundestagswahlen an. Und das erklärt, warum die Parteien der Großen Koalition gleichermaßen um Mieter und Wohnungskäufer buhlen. Sowohl SPD als auch CDU/CSU wollen die Belastung für Mieterhaushalte senken und Käufern den Erwerb der eigenen vier Wände erleichtern. Uneins sind sich die Noch-Koalitionäre allerdings darüber, welche Instrumente die geeigneten sind.

„Ich begrüße, dass nun endlich auch die SPD künftig Wohneigentümer stärker unterstützen will, statt sie wie bisher mit immer neuen Regulierungen zu belasten.“ So stichelt Jan-Marco Luczak, Mietrechtspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, gegen die am Dienstag bekannt gewordenen Vorschläge der Sozialdemokraten, Mieter zu stärken und Käufer von Wohnungen zu entlasten. Für die Union sei schon lange klar: „Wir wollen gerade jungen Familien den Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum erleichtern, denn das ist auch eine solide private Altersvorsorge.“

Die SPD hat aus Anlass der bevorstehenden Klausur der Bundestagsfraktion ein Papier „Rechte der Mieterinnen und Mieter stärken“ erarbeitet. Angesichts der von vielen Experten als gescheitert bezeichneten Mietpreisbremse fordern die Sozialdemokraten im Wahljahr weitere Nachbesserungen und eine Einigung mit dem Koalitionspartner zum Streitthema Modernisierungsumlage. Diese Pläne werden schon länger diskutiert, bislang jedoch ohne vorzeigbares Ergebnis.

Darüber hinaus will die SPD auch die Bedingungen für den Kauf von selbst genutztem Wohneigentum verbessern. „Schwierigkeiten bestehen hier oftmals bei den Erwerbsnebenkosten, die mittlerweile circa zehn Prozent der Erwerbssumme ausmachen“, heißt es in dem Papier, das dem Handelsblatt vorliegt. So plant die SPD, dass wie bei der Vermietung von Wohnungen künftig auch bei Immobilienverkäufen der Verkäufer die Maklerkosten tragen muss – nach dem Prinzip „Wer bestellt, der bezahlt“. Für den Notar würden derzeit beim Kauf einer Wohnung 1,5 Prozent fällig. Bei einer Immobilie im Wert von 400.000 Euro seien das bereits 6.000 Euro. „Da es sich um eine Standardleistung handelt, wollen wir künftig beim Erwerb selbst genutzten Wohnraums eine Pauschale gesetzlich festschreiben.“ Gleiches gelte für den Eintrag ins Grundbuch (0,5 Prozent der Kaufsumme), auch hier solle es eine Pauschale geben.

Luczak bezeichnete die Senkung der Baunebenkosten als „vernünftigen Ansatz“. Pauschalen seien denkbar, „aber dabei muss es gerecht bleiben: Es darf nicht sein, dass für eine Fünf-Millionen-Villa die gleiche Pauschale gezahlt werden muss wie beim Kauf einer kleinen Wohnung.“

Auch die Beschränkung der Pauschalen auf selbstgenutzte Immobilien greife zu kurz, sagte Luczak. „Wenn ein Eigentümer eine Immobilie erwirbt, um sie anschließend zu vermieten, dann verteuern hohe Baunebenkosten letztlich die Miete. Im Interesse von Mietern sollten die niedrigeren Pauschalen auch für zu vermietende Immobilien gelten“, forderte der CDU-Politiker.


Hohe Grunderwerbsteuer belastet Käufer

Die entscheidende Stellschraube im Kampf gegen hohe Baunebenkosten habe die SPD in ihrem Konzept jedoch „seltsamerweise vergessen“: Eine Senkung der Grunderwerbssteuer würde gerade Familien sofort spürbar entlasten. „Hier klaffen Worte und Taten bei der SPD leider weit auseinander: Auf Bundesebene möchte sich die SPD mit Entlastungsvorschlägen profilieren, während sie in den Bundesländern mit immer höheren Grunderwerbssteuern den Kauf von Wohneigentum verteuert.“ Die Länder – bis auf das unionsgeführte Bayern und Sachsen – hätten den Erwerb von Wohneigentum durch Erhöhungen bei der Grunderwerbsteuer immer weiter verteuert. Damit müsse Schluss sein. Die SPD habe in 13 von 16 Bundesländern Regierungsverantwortung, hier könnte sie sofort eine Senkung der Grunderwerbssteuer umsetzen. Zielführend laut Luczak wäre ein Grundfreibetrag bei der Grunderwerbsteuer in Höhe von 100.000 Euro beim Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum. Für jedes Kind im Haushalt sollte der Freibetrag um weitere 50.000 Euro erhöht werden ­– damit würden Mitnahmeeffekte vermieden und Familien gezielt bei den Baunebenkosten entlastet.

Die Grünen kritisierten das SPD-Konzept als „Offenbarungseid“. Dass die SPD jetzt nachschärfen und entlasten wolle, wirke hektisch – „es hätte längst passieren können“, sagt Chris Kühn, Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion. Die Große Koalition habe sich bisher leider konsequent gegen Mieterinteressen und die Förderung bezahlbaren Wohnens gestellt.

Das Gesetz zur Mietpreisbremse war am 1. Juni 2015 in Kraft getreten; seitdem wurde immer wieder Kritik geäußert. In Gebieten, wo Kommunen die Mietpreisbremse eingeführt haben, dürfen Vermieter bei Wiedervermietung einer frei werdenden Wohnung nur noch zehn Prozent mehr als die im Mietspiegel festgeschriebene ortsübliche Vergleichsmiete verlangen. Neu gebaute Mietwohnungen sind von dieser Regelung ausgenommen. Weitere Ausnahmen gib es nach umfassender Modernisierung und wenn die Miete vorher schon höher war.

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Wiedervermietungsmieten die Obergrenze oftmals deutlich überstiegen. Der Mieterbund forderte darum wiederholt schnelle Korrekturen. „Mieterinnen und Mieter müssen Kenntnis über die Höhe der Vormiete haben, um zu beurteilen, ob die aufgerufenen Mieten zulässig sind oder ob sie durch die Mietpreisbremse vorgegebenen Grenzen überschreiben“, heißt es jetzt in dem SPD-Papier. Ziel: eine Verpflichtung der Vermieter zur Offenlegung der Vormiete gesetzlich zu verankern.

Die Modernisierungsumlage soll nach SPD-Vorstellungen von derzeit elf auf mindestens acht Prozent abgesenkt werden. Außerdem soll eine Kappungsgrenze für Modernisierungskosten eingeführt werden. Die Miete soll danach infolge von Modernisierung nur um höchstens drei Euro pro Quadratmeter innerhalb von acht Jahren erhöht werden können.

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