Wohnungsmarkt Wo Vermieter noch gut verdienen

Angst vor Inflation, die Euro-Krise und Nullzinsen treiben Anleger in den Immobilienmarkt. Die Preise in guten Lagen steigen scheinbar unaufhörlich. Weil die Mieten in den meisten Städten deutlich langsamer klettern als die Kaufpreise, machen Neuvermieter oft kaum noch Gewinn. Wir sagen Ihnen, wo Sie als Vermieter noch annehmbare Renditen bekommen - und welche Risiken Sie im Blick behalten sollten.

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Die Städte mit den besten Kaufgelegenheiten
Kassel Quelle: dpa-dpaweb
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Vermieter-Idyll: Sanft blitzt die Maisonne durch das frische Grün der Alleebäume, wärmt das Berliner Kopfsteinpflaster und das Blech der ringsherum geparkten Mittelklassewagen. Die Puccinistraße liegt im Stadtteil Weißensee, ruhig, aber nicht weit entfernt vom beliebten (und mittlerweile teuren) Prenzlauer Berg. Eine Dreizimmerwohnung steht zum Verkauf: 81 Quadratmeter, Baujahr 1990 und 2013 komplett saniert, soll sie 205.000 Euro kosten. Das klingt verlockend: Der Preis liegt deutlich unter dem Berliner Durchschnitt, und das Haus scheint top in Schuss. Keine Farbe blättert von der Fassade, kein Rost läuft von Brüstungen oder Balkonen, Vorgarten und Straße sind gepflegt.

Im Gespräch mit dem Makler wird es noch verlockender: Die Wohnung sei langfristig vermietet, an einen Single mit „unkündbarem Job“ im öffentlichen Dienst, der monatlich 600 Euro kalt zahle. „Aber wir warten in Berlin ja auf den neuen Mietspiegel“, sagt er, „10, 12, nein, 15 Prozent können wir die Miete dank der gestiegenen Vergleichsmieten im Sommer erhöhen, da hamm’Se wat fürs Alter: solide, ruhig, und mit super Anbindung an die Zitti.“ Aber beeilen sollten wir uns, denn die Nachfrage sei hoch. Das Haus hat der Besitzer erst vor zwei Jahren gekauft und teilt es nun auf, verkauft die Wohnungen einzeln. Ein Anleger aus der Schweiz hat letzte Woche gleich drei genommen.

In den Metropolen klettern die Kaufpreise für Immobilien schneller als die Mieten; die Rendite, die Anleger mit Vermietung erzielen, wenn sie jetzt kaufen, sinkt dadurch im Schnitt. Mit welchen Mietrenditen Anleger in...

Deutsche Immobilien als Kapitalanlage sind gefragt wie seit Jahrzehnten nicht. Maklern in den Großstädten geht das Angebot aus, auch in Studentenstädten wie Münster, Regensburg oder Heidelberg balgen sich stets Dutzende Interessenten um ein lukratives Objekt. „Seit zwei, drei Jahren sind es vor allem private Anleger, oft ohne Erfahrung als Vermieter, die die Nachfrage anheizen“, sagt Manfred Wiechern von Bertling & Wiechern Immobilienfinanzierung in Hamburg. „Menschen, die Angst vor Inflation oder dem Zerfall des Euro haben oder nur genervt sind von jahrelangen Mickerzinsen.“ Die Betongoldfans konkurrieren mit Selbstnutzern und den alten Hasen der Branche: mittelständischen Vermieterdynastien, großen börsennotierten Wohnungsgesellschaften, Stiftungen, Staatsfonds und Pensionskassen – alle auf der Suche nach einer soliden Anlage mit vier oder fünf Prozent Rendite. In Zeiten von Nullzinsen ist das viel.

Folge: In den großen Städten steigen die Preise für vermietbare Objekte rasant – in Berlin allein in den vergangenen zwölf Monaten im Schnitt um 11,6 Prozent, in Düsseldorf um 11,3 und in Köln gar um 14,5 Prozent. Weil die Kaufpreise in den Metropolen schneller klettern als die Mieten (die, etwa in Berlin, im gleichen Zeitraum um sechs Prozent zulegten), sinkt die Rendite, die Anleger erzielen, wenn sie jetzt einsteigen. Einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin zufolge machte 2014 rund ein Viertel der privaten Vermieter keinen Gewinn; 8,5 Prozent bescherte ihr vermeintliches Betongold sogar teils herbe Verluste.

Der Markt ist ausgetrocknet

Das ist die schlechte Nachricht. Die gute: Es gibt noch Mietshäuser und vermietete Wohnungen, die fünf oder sechs Prozent Bruttorendite bringen, manche auch mehr. Der Immobiliendatenanbieter Empirica Systeme hat für die WirtschaftsWoche das aktuelle öffentliche Angebot an deutschen Kapitalanlage-Immobilien ausgewertet und die Kaufpreise zu den Mieten ins Verhältnis gesetzt. Die Tabelle zeigt die aktuellen Kaufpreise, das Mietniveau und die Bruttomietrenditen, die sich in den 50 größten Städten erzielen lassen. Die Landkarten veranschaulicht die regionalen Unterschiede, von kargen aktuellen Mietrenditen (hell) bis zu recht erklecklichen von mehr als 6,5 Prozent (dunkle Bereiche). „Wer als Anleger bereit ist, sich außerhalb der Metropolen umzusehen, kann noch ordentliche Renditen einfahren“, sagt Sebastian Hein, Leiter der Marktforschung bei Empirica-Systeme.

Gigantisches Käuferpotenzial in den großen Städten

In Hamburg oder München dürfte das schwieriger sein. Dort sei der Markt, der hohen Nachfrage wegen, „so gut wie ausgetrocknet; Zinshäuser mit acht oder mehr Wohnungen kommen gar nicht mehr in die reguläre Vermarktung, sie gehen unter der Hand weg“, weiß Oliver Moll von Moll & Moll Zinshaus, der auf das Suchen und Bewerten von Renditeobjekten für Großanleger spezialisiert ist, „und wenn doch, dann ist es abstrus teuer oder ein harter Sanierungsfall.“ Für gut vermietete Zinshäuser gelte: „Wer ein’s hat, behält’s.“ Folge: Anleger weichen aus, auf einzelne Wohnungen und in Städte mit weniger lukrativen Mietmärkten. „Profivermieter haben sich früher so gut wie gar nicht für einzelne Wohnungen interessiert“, sagt Moll. Denn die bedeuteten „ein Klumpenrisiko: wenn der Mieter mindert, weil er etwa wegen Reparaturen die Wohnung nur eingeschränkt nutzen kann, schlägt das bei nur einem Objekt natürlich viel stärker ins Kontor als bei einer von 20 Einheiten.“ Außerdem sind bei Einzelwohnungen die Betriebs- und Instandhaltungskosten, die sich nicht auf den Mieter umlegen lassen, anteilig weit höher als bei ganzen Mietshäusern mit vielen Einheiten. Auch scheuen die Profis den potenziellen Ärger mit Eigentümerversammlungen und den relativ hohen Verwaltungsaufwand.

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Häuser im Berliner Prenzlauer Berg Quelle: dpa
Homepage des Frankfurter Immobilienunternehmen Adler Real Estate Quelle: Screenshot
Logo von Conwert Quelle: REUTERS
Schild der Deutschen Annington Quelle: dpa
Schild der Deutsche Wohnen Quelle: dpa
schild der Gagfah Quelle: dpa
Homepage von Grand City Properties Quelle: Screenshot

Die Nachfrage bleibt hoch

An der hohen Nachfrage dürfte sich in den Metropolen so schnell nichts ändern, die Preise für Renditeobjekte werden dort weiter steigen. „Viele unserer Kunden, die eigentlich ein liquides Depot aus Cash, Anleihen und Aktien mit in den Ruhestand nehmen wollten, fangen nun plötzlich doch an, in Immobilien zu investieren“, sagt Joachim Paul Schäfer, dienstältester deutscher Vermögensverwalter, „und sei es auch nur, um den Kaufwunsch der eigenen Kinder zu unterstützen. Jahrelange Niedrigzinsen zeigen nun doch Wirkung.“ Auch Manfred Wiechern weiß um ein „gigantisches Käuferpotenzial“ in den großen Städten. Leute, die oft viel Geld anzulegen haben, aber sich ein wenig vom zuletzt rasanten Preisauftrieb erschrecken haben lassen. „Die warten nun an der Seitenlinie, haben ihren Kaufwunsch aber alles andere als ad acta gelegt.“ Die Erfahrung lehre: „Irgendwann verlieren sie die Geduld und kaufen in einen steigenden Markt.“

Zahlen für Vermieter

Auf dem das Angebot knapp bleibt. Zwar kommt auch der Neubau seit Kurzem in den großen Städten wieder in Gang; 2015 werden in Berlin rund 10.000 Wohnungen fertig, in Hamburg 6000, München hat 2014 mehr als 7000 genehmigt, in den schwachen Jahren 2006 bis 2010 waren es meist nur halb so viele. Doch „in den Metropolen wurde jahrelang viel weniger gebaut als nachgefragt“, sagt der Hamburger Stadtplaner Mario Bloem, „und wenn, dann im Luxussegment, das für Bauträger lukrativer ist. Bis es genügend Angebot in der Breite gibt, wird es noch Jahre dauern.“

Breiter Aufschwung: Relativer Preiseanstieg für Geschosswohnungen, bundesweit. (zum Vergrößern bitte anklicken)

Folge: Bauträger rufen in gefragten Lagen für Neubauten inzwischen Preise auf, die man bisher nur aus Paris und London kannte: In Stuttgart werden bei Erstbezug 7000 Euro pro Quadratmeter fällig, auf den Hügellagen rund 11.000 Euro – im Durchschnitt, wohlgemerkt. Wer in der Hamburger Hafencity kaufen will, muss im Schnitt 7050 Euro je Quadratmeter Neubau ausgeben, in den oberen Penthouse-Geschossen auch schon mal 12.000 Euro. Das macht Wohnungen im gehobenen Neubausegment als Renditeobjekte unbrauchbar. Um inklusive Kaufnebenkosten auf eine halbwegs vernünftige Mietrendite von 3,5 Prozent vor Steuern zu kommen, müssten Anleger hier rund 40 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter verlangen – unrealistisch: Selbst in absoluten Top-Lagen Hamburgs werden nicht mehr als 26 Euro kalt gezahlt.

In fast allen Großstädten sind die Kaufpreise zuletzt schneller geklettert als die Mieten. Unterm Strich fallen dadurch die Mietrenditen, die Anleger erzielen können, wenn sie jetzt Wohnungen kaufen. „Inzwischen sind 3,5 Prozent brutto in München ein guter Wert; noch vor wenigen Jahren konnte man locker das Doppelte erzielen“, sagt Christian Fischl, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Huber, Reuss & Kollegen.

Mehr Rendite auf dem Land

Die Bruttorendite einer Immobilie ermitteln Anleger wie folgt: Der Kaufpreis wird geteilt durch die Nettokaltmieten eines Jahres (ohne Nebenkosten, denn die werden nur durchgereicht an Stadtwerke, Müllabfuhr oder Gebäudeversicherung). Man erhält den sogenannten Vervielfältiger. Der macht zunächst nur den Preis plastisch, ähnlich dem Kurs-Gewinn-Verhältnis bei Aktien (Preis des Unternehmens an der Börse geteilt durch den Nettojahresgewinn): Bei einem Vervielfältiger von 15 hätten (vereinfacht) die Mieter das Haus nach 15 Jahren abgezahlt.

Die Karawane zieht weiter

Aktuelles Beispiel: 1,5 Zimmer verteilt auf 38 Quadratmeter in München-Bogenhausen sollen 178.000 Euro kosten; der Quadratmeterpreis liegt mit gut 4680 Euro unter dem Schnitt für Bogenhausen. Der Mieter bezahlt 520 Euro kalt für das Appartement, pro Jahr 6240 Euro. Der Vervielfältiger ist 28,5 (178.000/6240). Der Kehrwert ergibt die Bruttorendite der Immobilie, die sich mit Tagesgeldzinsen oder Dividendenrenditen vergleichen lässt: Bei einem Kaufpreis von 28,5 Jahresnettokaltmieten liegt sie bei 3,5 Prozent (100/28,5). Was nicht ortskundige Anleger aber im Internet-Portal nicht erfahren: Die Miniwohnung liegt am Mittleren Ring. Nur drei Meter Grünstreifen und ein paar Büsche trennen sie von den bis zu 150.000 Autos, die hier werktags durchbrettern. Das erklärt die für Münchner Verhältnisse recht bescheidene Miete.

Inzwischen weichen Anleger aus den Metropolen ins Umland aus. „Viele unserer Frankfurter Kunden haben sich Objekte in Mainz, Wiesbaden oder Darmstadt ins Portfolio gelegt“, sagt Markus Gies, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Gies & Heimburger in Kelkheim am Taunus. Zinshaus-Vermittler Moll bestätigt den Trend: „Bis vor etwa einem Jahr haben wir viel in Berlin gemacht, nun steigen dort die Preise rasant, die Karawane zieht weiter: Hannover, Lübeck, Kiel.“ Betuchte Münchner zieht es nach Augsburg, Nürnberg, Landshut, Ingolstadt; Stuttgarter Anleger gehen in Heilbronn und Mannheim auf die Pirsch und so weiter.

Unter den Großstädten hat Leipzig das zunehmend teure Berlin als Favorit der Profianleger abgelöst. Der Leerstand liegt zwar mit 7,1 Prozent der Geschosswohnungen auf einem für Großstädte hohen Niveau. Aber der Stadt droht weder Einwohnerschwund, wie vielen anderen ostdeutschen Städten, noch haben die Kaufpreise so stark zugelegt wie in den westlichen Metropolen: Mit im Durchschnitt 1366 Euro je Quadratmeter in Renditeobjekten gehört Leipzig zu den günstigsten Großstädten mit über 500.000 Einwohnern. Zwar sind das 7,7 Prozent mehr als vor einem Jahr; immerhin aber steigen in Leipzig die Mieten annähernd im gleichen Tempo wie die Kaufpreise: seit April 2014 im Schnitt um 5,2 Prozent.

Mieten oder kaufen? Die größten deutschen Städte im Test
Das Essener Wahrzeichen, der Förderturm der ehemaligen Zeche und des heutigen Museums Zeche Zollverein Quelle: dpa
Das "U" auf dem Dach der Unions-Brauerei Quelle: dpa
Skyline von Düsseldorf im Winter Quelle: dpa
Bremer Marktplatz Quelle: dpa
Blick über den Rhein auf Köln Quelle: dpa
Menschen auf dem Schlossplatz in Stuttgart Quelle: dpa
Neues Rathaus in Hannover Quelle: dpa

Megarisiko Demografie

Die Stadt ist für junge Berufstätige, Studenten und Familien attraktiv. Sie liegt verkehrsgünstig. Uni, Fachhochschule, drei Max-Planck-Institute und die Messe ziehen Arbeitgeber an wie Porsche, Siemens oder BMW. Demografen prognostizieren Leipzig bis zum Jahr 2020 einen Bevölkerungszuwachs um 6,4 Prozent auf dann 565.000 Einwohner. Die Mieten sind mit gerade mal 5,42 Euro pro Quadratmeter im Schnitt sehr günstig und lassen Vermietern noch Spielraum für moderate Erhöhungen. Derzeit erzielen Anleger in Leipzig durchschnittlich 4,8 Prozent Bruttomietrendite.

Wer außerhalb der teuren Metropolen kauft, kann deutlich mehr Rendite erzielen: Auf dem Land sind die Kaufpreise kaum gestiegen, an manchen Orten sogar gefallen, während die Mieten dort stabil blieben. Aber: „Anleger sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie hier ein weit höheres Risiko eingehen als in den boomenden Großstädten“, sagt Hein von Empirica-Systeme. So lassen sich aktuell in Chemnitz oder Magdeburg viele Wohnungen mit einer Bruttorendite von zehn Prozent finden; in Plauen kann man bis zu 11,5 und in Bremerhaven mit etwas Glück sogar 14 Prozent vor Steuern, Kapital- und Kaufnebenkosten erzielen. Aber: Wer sagt, dass die Wohnung auch in zehn Jahren noch vermietet ist? Und wer, dass sie sich in 20 Jahren wieder verkaufen lässt?

Nicht jede Immobilie ist ein Inflationsschutz

Die Prognosen der Soziologen und Stadtentwickler sind eindeutig. In Deutschland herrscht Landflucht: Wenn nichts Unvorhersehbares geschieht, wird Berlin in den nächsten 15 Jahren rund 245.000 Menschen anziehen, München 230.000 und Hamburg 100.000. Weil die Bevölkerung jedoch deutschlandweit zurückgeht – laut einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung bis 2050 von heute rund 82 auf etwa 69,5 Millionen –, werden außerhalb von München und Berlin diese Menschen fehlen: als Bürger, als Konsumenten – und als Mieter.

Die teuersten und günstigsten Stadtteile der Metropolen

Ob eine Immobilie wenigstens zum Kapitalerhalt taugt, wenn schon keine hohe Rendite mehr herausspringt, hängt also von der Lage ab. Denn der Rückgang der Bevölkerung vollzieht sich nicht gleichmäßig. Im Gegenteil, er verschärft die bereits vorhandenen regionalen Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt: Während lukrative Jobs und Freizeitangebot junge Gutverdiener und Familien, zunehmend auch „Best Ager“ (jung gebliebene Rentner) weiter in die Großstädte locken, dürfte sich in manchen Orten und Kreisen die Einwohnerzahl bis 2030 gegenüber 1990 halbieren, so in Suhl oder in Neubrandenburg.

Vor allem der Osten wird Verlierer des demografischen Wandels bleiben; aber auch Teile von Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Nordhessen, Nordbayern und des Saarlands sind keine guten Pflaster mehr für Vermieter. „Dort werden die Preise für Häuser und Etagenwohnungen real, also nach Abzug der Inflation, in den nächsten Jahren teils kräftig fallen“, warnt Hein, „zehn oder elf Prozent Mietrendite gibt es dort ja nicht ohne Grund.“

Wo hohe Renditen winken, tragen Anleger ein multiples Risiko: Zum einen ist in strukturschwachen Gegenden das Mietausfallrisiko höher als in Düsseldorf oder Frankfurt. Die Gefahr, dass der stets pünktlich zahlende Mieter seine Magdeburger Wohnung kündigt, um einen Job in einem prosperierenden Ballungsraum anzunehmen, ist hoch. Fehlt es an Nachmietern, macht eine ein paar Monate lang leer stehende Wohnung aus der schönen zweistelligen Rendite ein Verlustgeschäft. Zum anderen ist „das Bonitätsrisiko der Mieter höher“, warnt Moll: Mieter müssen nicht gleich kündigen; auch die Gefahr, dass sie wegen Arbeitslosigkeit nicht mehr zahlen können, ist in Gelsenkirchen höher als in München. Drittens liegen die Instandhaltungskosten über denen in boomenden Städten. Das mag paradox klingen, aber: „In München können Sie so gut wie alles vermieten, was nicht gegen die guten Sitten verstößt oder das Bauaufsichtsamt auf den Plan ruft. In Gegenden mit Überangebot an Wohnraum müssen Vermieter dagegen ständig in ihre Objekte investieren, um sie attraktiv zu halten“, erklärt Moll.

Wo der Immobilienboom Wohnen besonders stark verteuert hat
Hamburg Quelle: dpa
Freiburg Quelle: dpa
Kaiserdom in Aachen Quelle: dpa
Luftaufnahme von Oldenburg Quelle: Bin im Garten CC Attribution-Share Alike 3.0 Unported
Altstadt von Dresden Quelle: dpa
Englischer Garten in München Quelle: dpa
Nürnberg Quelle: dpa

Mit Brötchendienst und Reiskocher

Ein Thüringer versorgt seine studentischen Mieter mit Reiskochern, Fahrradboxen und Flachbildschirmen. In Freiberg organisierte ein anderer sonntags einen Brötchenbringdienst, in Gelsenkirchen montierte ein Hausbesitzer riesige Balkone aus Stahl an die Fassaden; Kosten: 70.000 Euro, die kompletten Mieteinnahmen eines Jahres. Ein erster Indikator dafür, ob Mietausfall und hohe Investitionen drohen, sind die in der Tabelle ausgewiesenen Leerstandsquoten. Die künftige Nachfrage ist schwieriger einzuschätzen; Anhaltspunkte über die demografische Entwicklung einzelner Städte bietet die Internet-Seite wegweiser-kommune.de der Bertelsmann Stiftung.

Einige Grundregeln gelten überall

Nicht vergessen dürfen Anleger die Kaufnebenkosten: Makler, Grunderwerbsteuer, Notar. Da viele Bundesländer in den vergangenen Jahren die Grunderwerbsteuer kräftig erhöht haben, liegen die Kaufnebenkosten insgesamt bei 10 bis 15 Prozent. „Die Kaufkosten gleichen einem Ausgabeaufschlag von 15 Prozent bei einem Fonds, darüber würde sich jeder Anleger zu Recht aufregen“, sagt Lothar Koch vom Vermögensverwalter GSAM + Spee. Unser 1,5-Zimmer-Apartment in München etwa hätte nach Kaufnebenkosten noch eine Rendite von 3,3 Prozent. Die muss noch versteuert werden, wobei Kaufnebenkosten steuermindernd abgesetzt werden können. „Netto springen aber, je nach Steuersatz, oft keine zwei Prozent mehr heraus“, sagt Vermögensmanager Fischl. Anleger müssen sich dann mit der Hoffnung auf Wertsteigerung trösten – oder die Miete kräftig erhöhen.

Wer für die Zukunft noch Großes vorhat, sollte dafür eine der zehn wettbewerbsfähigsten Städte der Welt auswählen – denn dort werden 2025 die größten Talente sitzen. Faktoren wie Infrastruktur und Finanzkraft zählen.

Was immer schwieriger wird. In den Metropolen dürfte künftig auch die Mietpreisbremse den Gewinn drücken. Neubauten sind davon ausgenommen; im Bestand können Vermieter bei Neuvermietungen nun maximal zehn Prozent mehr nehmen als die ortsübliche Vergleichsmiete. Darüber hinaus gehende Erhöhungen sind nur nach „umfassender Sanierung“ erlaubt; also, wenn im Prinzip der Neubauzustand hergestellt wird.

Wann und wo genau die Bremse eingeführt wird, bestimmen die Bundesländer. Jeder zweite Vermieter versucht aktuellen Umfragen zufolge, vorher noch schnell eine Mieterhöhung durchzudrücken. „Wenn in München, Stuttgart oder Hamburg jetzt ein Mieter freiwillig auszieht, knallen dort die Sektkorken“, erzählt Moll. Denn dann lässt sich die Miete noch mal hochschrauben – bevor die Bremse kommt, die nicht rückwirkend gelten wird.

Einige Grundregeln gelten überall: Mietshäuser und -wohnungen sollten nie, auch nicht unter großem Zeit- und Konkurrenzdruck, „wie gesehen“ gekauft werden. Das Mindeste ist eine detaillierte kaufmännische und technische Aufstellung: Welche Reparaturen stehen an? Wer zahlt wie viel Miete und hat wie viel Kaution hinterlegt? Gibt es Mietminderungen oder Androhung einer solchen? Details im Kaufvertrag wie „Herr Maier von der dritten Etage hat drei Mal per E-Mail auf zu niedrige Temperatur an Winterabenden hingewiesen“ oder „Frau Müller droht wegen defekter Haustür mit Minderung ab 1. Juli“ sind keineswegs übertrieben, ebenso bekannte technische Mängel oder Nachbarschaftskonflikte.

Auf Kredit

Genau nachrechnen lassen

Bei Wohnungen sollten die Protokolle der Eigentümerversammlungen eingesehen, bei Häusern die Bauprüfabteilung der Gemeinde um die Bauakte gebeten werden: Ein nicht verzeichneter Anbau dürfte schwarz erstellt sein, eine frühere Reinigung im Laden, der heute die Pizzeria beherbergt, könnte eine teure Bodensanierung nach sich ziehen. Viele Neuvermieter machen den Fehler, sofort nach dem Kauf zu viel zu sanieren. Anfangs sollten nur echte Mängel behoben werden: Übersteigen die Sanierungskosten in den ersten drei Jahren 15 Prozent des Gebäudeanteils (ohne Grundstückswert) am Kaufpreis, dürfen Vermieter die Sanierungen nicht als Werbungskosten von ihrer Steuerlast abziehen, sondern nur, wie die ganze Wohnung, mit zwei Prozent pro Jahr abschreiben – ein Nachteil. Besonders in den Metropolen, wo der Grundstückswert einen großen Anteil am Kaufpreis hat, sollten Vermieter vor Sanierungsprojekten ihren Steuerberater genau rechnen lassen.

Ein bisschen mehr als auf dem Sparbuch

Schwer zu vermarkten sind Wohnungen ohne Balkon, mit veralteten Bädern, hohen Heizkosten und von der vierten Etage aufwärts ohne Aufzug. Sie auf einen marktgerechten Stand zu bringen, ist teuer. Zwar könnten die Kosten auf die Mieten umgelegt werden; vor allem in Gegenden mit schwacher Nachfrage droht aber Leerstand, weil die Mieter lieber umziehen.

Je luxuriöser das Segment, desto weniger sollten Vermieter in Dinge investieren, die vom persönlichen Geschmack abhängen: Die anspruchsvolle Klientel will im Zweifel eh eine Einbauküche in einer ganz anderen Farbe. „Schwierig zu vermieten sind Einfamilienhäuser“, sagt Finanzierungsexperte Wiechern, „die können sich in Hamburg oder München nur Top-Verdiener leisten, und die sind wählerisch.“ Die Vermarktungszeiten für frei stehende Häuser betragen selbst in den Metropolen nicht selten sechs Monate und mehr.

In den Metropolen klettern die Kaufpreise für Immobilien schneller als die Mieten; die Rendite, die Anleger mit Vermietung erzielen, wenn sie jetzt kaufen, sinkt dadurch im Schnitt. Mit welchen Mietrenditen Anleger in...

Konkurrenz mit Selbstnutzern meiden

Anleger konkurrieren immer öfter mit Selbstnutzern, deren Nachfrage nach Wohneigentum ebenfalls stark zugenommen hat. Laut einer Prognos-Studie von 2014 wohnen 54 Prozent der Deutschen zur Miete – und bilden ein großes Käufer-Potenzial: Jeder Fünfte plant, Wohneigentum zu kaufen. Hein von Empirica hat in Vierteln mit hoher Selbstnutzer-Nachfrage Preisaufschläge bis 30 Prozent gegenüber gleich großen Wohnungen mit ähnlicher Ausstattung in Gegenden ohne Selbstnutzer ermittelt. „Selbstnutzer sind eher bereit, für ihr Traumhaus mehr als den Marktdurchschnitt auf den Tisch zu legen; als Anleger sollte man der Konkurrenz mit ihnen aus dem Weg gehen, den Kaufpreisnachteil holt man nicht über höhere Mieten herein“, warnt Hein. Die Tabelle weist den Anteil der lukrativen Renditeobjekte (mehr als fünf Prozent Bruttorendite) am Gesamtbestand aus; ist er niedrig, haben Anleger tendenziell mit harter Konkurrenz durch Selbstnutzer zu rechnen.

Rechnet man mit spitzem Bleistift, wird das eingangs erwähnte Berliner Objekt entzaubert: 2,0 Prozent des Kaufpreises würde der Notar in Rechnung stellen; die Grunderwerbsteuer schlüge mit 6,0 Prozent, der Makler mit 7,14 zu Buche: macht Kaufnebenkosten von 15,3 Prozent. Die Wohnung kostet nicht 205.000, sondern 236.400 Euro. Aus der Bruttorendite von 4,0 Prozent würden mit der Unterschrift beim Notar 3,1 Prozent. Die müssen versteuert werden, nachdem Hypothekenzinsen und Abschreibung (2,0 Prozent vom Gebäudeanteil des Kaufpreises) abgezogen werden. Es bleibt ein bisschen mehr als auf dem Sparbuch – aber auch mehr Risiko.

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