Es ist fast ein Wettbewerb. Wer kann im Freundeskreis die schlimmste Geschichte über Immobilienmakler zum Besten geben. Das Gute: Zumindest in Großstädten, wo viele Wohnungen durch Makler vermittelt werden, kann fast jeder etwas beitragen. Das Traurige: In der Regel zieht der Mieter in der Geschichte den Kürzeren. Er zahlt eine satte Provision von mehr als zwei Monatsmieten, und fragt sich oft, was der Makler eigentlich zur Wohnungssuche beigetragen hat. Teilweise sind sich der Eigentümer der Wohnung und sein neuer Mieter oder Käufer sogar schon einig, und plötzlich taucht ein Makler auf und kassiert trotzdem die Courtage.
Die vielen Schauergeschichten sind auch den Unruhestiftern selber nicht verborgen geblieben. Laut einer Umfrage des Internetportals Immobilienscout24.de sehen sich fast zwei Drittel aller Makler regelmäßig mit Vorurteilen von Mitmenschen konfrontiert. Für uns als Mitmenschen ist das wenig überraschend. Einige Makler bezeichnen sich deshalb mittlerweile als Immobilienberater. Über das schlechte Image kann das allerdings nicht hinwegtäuschen. Selbst Vertreter der Branche geben zu, dass dort „viele schwarze Schafe“ unterwegs sind.
Bestellerprinzip
Schon lange ist die Politik auf das Dilemma der Wohnungssuchenden aufmerksam geworden, jetzt will die künftige Große Koalition das Thema angehen. Mit dem sogenannten Bestellerprinzip. Künftig sollen diejenigen den Makler bezahlen, die ihn auch beauftragen. Wer als Vermieter beschließt, die Vermittlung seiner Wohnung einem Makler zu überlassen, der soll künftig die Kosten dafür selber tragen. Gleichzeitig zahlt der Mieter, wenn er einen Makler für die Immobiliensuche beauftragt. Insbesondere wer jobbedingt umzieht oder aus dem Ausland zurückkehrt, ist auf solche Hilfe angewiesen.
"Diese geplante Neuregelung ist gerecht", erklärt der Deutsche Mieterbund. Wer eine Dienstleistung in Auftrag gebe, der müsse dafür zahlen. Trotz der Aussicht auf Besserung fragen sich viele, wofür die teuren Vermittler überhaupt noch gebraucht werden. Die Interessenvertretung hat darauf eine simple Antwort. „Wenn Makler keinen volkswirtschaftlichen Nutzen hätten, dann gäbe es sie nicht“, sagt Jürgen Michael Schick, Vizepräsident des Immobilienverband Deutschland (IVD). Professionelle Investoren wüssten, dass gute Makler mehr Nutzen einbringen als sie kosten. Der IVD, in dem etwa 60 Prozent des Maklermarktes organisiert sind, will die Reform viel mehr zu einer Professionalisierung des Maklerberufs nutzen.
Insbesondere durch das Aufkommen der großen Immobilienportale im Internet ist die Wohnungssuche deutlich komfortabler geworden, viele fragen sich, ob die hohe Courtage für den Makler gerechtfertigt ist. Wohnungsfotos ins Internet stellen, Standardtext dazu, Massenbesichtigungstermin vereinbaren, zahlreiche Interessenten durch eine Wohnung schleusen, den zahlungskräftigsten davon aussuchen, fertig. Das ist zumindest der Eindruck, den die meisten Wohnungssuchenden haben. Meistens kommt schon Freude auf, wenn statt Massenansammlungen wenigstens jeder ein paar Minuten bekommt, um die Wohnung alleine ungestört unter die Lupe zu nehmen.
Unterschied zwischen Stadt und Land
Der IVD warnt vor naturgemäß vor solchen Pauschalisierungen. Man müsse genau zwischen der Lage in Großstädten und in weniger gefragten Wohnlagen unterscheiden. Während in den Boom-Städten wie Hamburg, Berlin, Frankfurt oder München tatsächlich vornehmlich die Mieter die Provision zahlten, seien es im ländlichen Raum eher die Vermieter. Deshalb glauben viele Beobachter nicht, dass die Reform der Großen Koalition die Situation für Mieter merklich verbessern wird.
Gerade in beliebten Ballungsräumen ist die Nachfrage nach Wohnungen so hoch, dass sich die Kosten leicht auf Mieter umzuwälzen lassen. „In den umkämpften Großstädten sind die Vermieter in einer guten Verhandlungsposition“, sagt Schick. Es dürfte ihnen also nicht schwer fallen, die Maklerkosten auf die Miete draufzuschlagen. Daran ändert auch die geplante Mietpreisbremse wenig. Der Mieterbund gibt sich optimistischer. Im Hinblick auf Makler, die steigende Mieten erwarten, sagt Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips: "Der Gesetzgeber ist bei der Ausgestaltung der Regelungen zum Bestellerprinzip gefordert". Die Politik muss die Reform also zu Ende denken, um Umgehungsgeschäfte zu verhindern.
Schon jetzt wissen Vermieter um die Knappheit auf dem Wohnungsmarkt und nutzen sie zu ihren Gunsten aus. Das trifft auch Glückspilze, die eine der wenigen provisionsfreien Wohnungen ergattern. Einige Vermieter machen es dann zur Bedingung, dass der neue Mieter die Kosten für die Suchanzeige bei Portalen wie immowelt.de oder immoscout24.de übernimmt. Leisten können sich die Immobilienbesitzer das. Wer die heiß umkämpfte provisionsfreie Bleibe gefunden hat, wird die rund 50 Euro für die Anzeige immer aufbringen.
Während die Hauptaufgabe von Maklern in weniger nachgefragten Gebieten immer noch darin besteht, dem Immobilienbesitzer einen passenden Mieter zu präsentieren, suchen die Kollegen in München, Köln oder Frankfurt nach ganz anderen Dingen. Dort ist ein Kampf um Wohnungen entbrannt. Ein Frankfurter Familienvater hat das bei seinem Umzug zu spüren bekommen. Für die Wohnung im beliebten Ostend, in der er mit Frau und Kind gewohnt hat, wollte er einen Nachmieter suchen – privat. „Makler möchte ich nicht unterstützen“, sagt er. Sobald allerdings seine Wohnungsanzeige im Netz stand, klingelten zahlreiche Immobilienmakler bei ihm Sturm. „Die haben ein Geschäft gewittert und wollten mir die Arbeit abnehmen“, sagt der Familienvater.
In Städten mit einer hohen Nachfrage ist das ein übliches Bild. Makler müssen schnell sein, um den Auftrag zu bekommen. Oft versuchen auch mehrere Makler gleichzeitig, eine Immobilie an den Mieter zu bringen. Der muss dann schon bei der Besichtigung unterschreiben, dass er bei einer Zusage die Provision an „seinen“ Makler zahlt.
Mangelnder Wohnraum ist eigentliches Problem
Ob dieser Kampf auch mit dem Bestellerprinzip weiter ausgetragen wird? In weniger gefragten Wohngegenden dürfte sich in der Tat wenig ändern. In Ballungsräumen kommt es auf darauf an, wie die Vermieter ticken. Wollen sie Geld sparen und schrecken vor einer Mieterhöhung zurück, dürften sie künftig selber versuchen, einen Nachmieter für ihre Wohnung zu finden. Andere werden nicht auf einen Makler verzichten können. Das gilt für ältere Personen genauso wie für Immobilienbesitzer, die nicht vor Ort sind. Sie dürften auch in Zukunft zwangsläufig auf einen Makler angewiesen sein.
Für Interessenvertreter Schick zielt die Reform an den wahren Problemen vorbei. „Die Einführung des Bestellerprinzips ist Augenwischerei“, sagt Schick. Damit wolle die Politik von ihren eigenen Fehlern ablenken. „Gegen das geringe Angebot an Wohnraum in Ballungsgebieten hätte längst etwas getan werden müssen“. Denn der beste Schutz vor steigenden Mieten sei mehr Wohnraum.
Für Makler ist die Reform trotzdem eine Chance. Sie können ihr Image aufpolieren, in dem sie sich wieder auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren. Auf die Suche nach einem geeigneten Mieter oder einer passenden Immobilie. Bis dahin ist es aber ein weiter Weg. Denn das schlechte Image kommt nicht von ungefähr, die Branche muss professioneller werden. In Deutschland brauchen Immobilienmakler keine spezielle Ausbildung. Erforderlich ist nur ein Gewerbeschein. Wer also einmal ein paar Hundert Euro bezahlt hat, kann mit der Vermittlung beginnen. In anderen Ländern ist das anders, da brauchen Makler eine Ausbildung. In Frankreich beispielsweise brauchen Makler einen Uniabschluss, um arbeiten zu dürfen. Der IVD will den Beruf auch in Deutschland professionalisieren. „Die Gewerbeerlaubnis muss an eine Mindestqualifikation gekoppelt werden“, sagt Schick. Bisher habe die Politik davon die Finger gelassen, aus Angst vor mehr Regulierung. Schon jetzt würden allerdings immer mehr Einsteiger Qualifikationen wie eine kaufmännische Ausbildung mitbringen.
Zusätzlich gibt es seit einigen Jahren einen Ombudsmann für Immobilien. Bei Hans-Eberhard Langemaack können Verbraucher immobilienrechtliche Beschwerden einreichen – allerdings erst ab einem Streitwert von über 3000 Euro. Ziel ist eine außergerichtliche Einigung. Laut dem jüngsten Geschäftsbericht wurden im letzten Jahr insgesamt 60 Beschwerdefälle vorgelegt. Das klingt zunächst wenig. Allerdings ist die Schlichtungsstelle deutlich weniger bekannt als etwa die der Banken oder Versicherer. Gleichzeitig gilt sie nur für Verfahren, bei denen ein im IVD organisierter Makler beteiligt ist. Allen Mietern und Immobilienkäufern ist damit also längst nicht geholfen.
Ob Mieter letztlich von der Umstellung auf das Bestellerprinzip profitieren, ist fraglich. Zumindest in den vor allem relevanten Ballungsräumen liegt die Vermutung nahe, dass die Kosten einfach auf die Miete geschlagen werden. Die Politik muss diese Möglichkeit im Auge behalten und einen sinnvollen Weg finden, um Mieter davor zu schützen.
Für die Maklerbranche allerdings bietet die Reform eine große Chance. Sie kann sich professionalisieren. Die Änderung könnte zu einer schmerzhaften, aber längst überfälligen Imagekur werden.