Rohstoffe Kampf um die Kupfermine

Um die Kupfermine auf Bougainville wurden schon blutige Kriege geführt. Der Rohstoff-Boom treibt Pläne zur Öffnung der Mine. Deutsche Anleger zocken mit der Aktie.

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Revolutionäre, Söldner, Spekulanten

Die Reiseroute klingt nach Abenteuerurlaub, dabei ging es nur zu einer Hauptversammlung: Über Miami, Ecuador und die Galapagosinseln flogen deutsche Aktionäre der Minengesellschaft Bougainville Copper Anfang Mai nach Port Moresby, der Hauptstadt von Papua-Neuguinea. Hier – rund 1000 Kilometer Luftlinie fernab der Schatzinsel Bougainville mit ihren Vulkanen, Regenwäldern und Sandstränden – wollten sie sich aus erster Hand über die Lage auf der Insel informieren. In Internet-Foren versorgen sie Mitstreiter mit Eilnachrichten vom Aktionärstreffen – und mit Anekdoten über feuchtfröhliche Partynächte und Abstecher an australische Hotelpools. Er lasse sich „die Sonne in Moolooba auf den Bauch scheinen“, schreibt einer.

Die Historie der Kupfermine, die deutsche Zocker ans andere Ende der Welt lockte, ist dagegen alles andere als heiter. Bougainville, benannt nach einem französischen Seefahrer, ehemals deutsche Kolonie und heute Teil Papua-Neuguineas, markiert eines der schwärzesten Kapitel in der Geschichte der Rohstoffindustrie.

Als größte Tagebaugrube der Welt machte die Kupfer- und Goldmine Panguna auf Bougainville in den Siebzigerjahren Furore. Streit um Landrechte und eine rücksichtslose Umweltzerstörung mündeten 1989 in einen blutigen Bürgerkrieg. Bougainville Copper Limited (BCL), die mehrheitlich dem Rohstoffgiganten Rio Tinto gehört, machte schließlich die Todesmine dicht und verwaltete fortan nur noch die übrig gebliebenen flüssigen Mittel. Jetzt soll die Mine wieder in Betrieb gehen.

„Nie zuvor in den vergangenen 19 Jahren war das Unternehmen besser aufgestellt, um zum profitablen Abbau auf Bougainville zurückzukehren“, sagte BCL-Chairman Peter Taylor während der Hauptversammlung Anfang Mai. Verbessert haben sich vor allem die Rahmenbedingungen: Dank des Rohstoffbooms kostet Kupfer heute fast dreimal so viel wie 1989, der Goldpreis hat sich mehr als verdoppelt. Auf der Insel geht der Friedensprozess voran – das macht die Riesengrube Panguna für Rohstoffkonzerne wieder interessant und regt zugleich die Fantasie vieler Spekulanten an, auch in Deutschland. Einer träumt sogar schon von zukünftigen Dividenden, die in Form von kleinen Goldstücken ausgeschüttet werden könnten.

Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie, die Rio-Tinto-Experten im Auftrag von BCL erarbeiten, sollen im August vorliegen. Das Szenario: 20 bis 50 Millionen Tonnen Erz im Jahr soll der wiederbelebte Tagebau auf Bougainville fördern. Vor den Unruhen förderte die Grube rund 30 Millionen Tonnen Erz, aus denen bis zu 180.000 Tonnen Kupfer pro Jahr gemahlen wurden. Diese Menge würde zu heutigen Preisen rund 1,5 Milliarden US-Dollar einbringen. BCL-Chairman Taylor rechnet mit einer Lebensdauer der Mine von weiteren 20 bis 30 Jahren. Auf Basis der 1989 ausgewiesenen Reserven gehörte Panguna damit zu den weltweit größten Gold-Kupfer-Projekten. Doch noch ist es schwer vorstellbar, dass hier demnächst wie in Chile, Indonesien oder den USA, wieder ganz normal Kupfer gefördert wird.

Denn ihre blutige Vergangenheit lastet schwer auf der Insel. Bougainvilles Bevölkerung litt jahrzehntelang unter kolonialer Knechtschaft. Von 1888 bis 1919 herrschten die Deutschen auf der Südpazifikinsel. Nach dem Ersten Weltkrieg fiel das Eiland an die Australier, dann an die Japaner – bis es schließlich nach 1975 Papua-Neuguinea zugesprochen wurde. Die Menschen auf Bougainville, ethnisch und kulturell viel enger mit den deutlich näher gelegenen Salomon-Inseln als mit Papua-Neuguinea verbunden, verzweifelten.

Ihr Hass entlud sich schließlich gegen die Betreiber der Megamine, die einen gewaltigen Krater ins Grün ihrer heiligen Insel gerissen, ihre Flüsse vergiftet und ihre Eigentumsrechte weitgehend ignoriert hatten. Ende der Achtzigerjahre sprengten Revolutionäre Strommasten und Anlagen, bedrohten Arbeiter, blockierten Straßen. Am 15. Mai 1989 gaben die Minenherren auf. Dafür schickte Papua-Neuguinea sein Militär auf das Eiland und begann eine Seeblockade. Die Insulaner unter Rebellenführer Francis Ona lebten von Süßkartoffeln und Kokosnüssen – und kämpften weiter.

Auf dem Höhepunkt des Konflikts heuerte die Zentralregierung britisch-südafrikanische Söldnertrupps an. Bis zum Friedensabkommen 2001 kostete der Bürgerkrieg 15.000 bis 20.000 Menschen das Leben. Als „Kokosnussrevolution“ schrieb der Aufstand Geschichte.

Während die Mine den Einheimischen nur Elend und Tod brachte, profitierten die Machthaber in Papua-Neuguinea sowie die weißen Investoren aus dem Westen. BCL zehrt noch heute von den in den Siebziger- und Achtzigerjahren eingefahrenen Profiten. Nach wie vor besitzt der Staat Papua-Neuguinea einen Anteil von 19,06 Prozent an BCL. 53,58 Prozent gehören Rio Tinto, 27,36 Prozent sind im Streubesitz – rund fünf Prozent davon in den Händen europäischer Aktionäre.

Die spekulieren jetzt auf satte Kursgewinne, denn erstmals gibt es Hoffnung, dass der politische Konflikt beigelegt werden kann. Rebellenführer Francis Ona starb im Juli 2005. Anfang Mai traf der Präsident der inzwischen autonomen Provinz Bougainville, Joseph Kabui, seine ehemaligen politischen Erzfeinde von der Zentralregierung Papua-Neuguineas zum Händeschütteln und Betelnusskauen – eine Friedensgeste nach melanesischer Tradition. Bereits im April hatten sich beide Seiten darauf geeinigt, alle Rohstoffrechte auf der Insel der autonomen Provinz Bougainville zuzusprechen. Zudem hoben Zentral- und Provinzregierung das Explorationsverbot auf der Insel auf. Ein kanadisches Unternehmen hat bereits Rechte erworben, um die Insel nach neuen Rohstoffvorkommen zu erkunden. Ausdrücklich wünschte sich Inselpräsident Kabui auch BCL zurück.

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