Kapitalanlage Bei Privatanlegern sind Mietshäuser sehr beliebt

In der Branche werden sie Zinshäuser genannt und das Geschäft mit ihnen boomt. Die Nachfrage nach Wohn- und Geschäftshäusern ist so hoch wie nie zuvor. Schon warnen Experten vor einer Überhitzung des Markts.

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In vielen Großstädten, wie hier in Berlin, sind die Preise für mehrgeschossige Wohnhäuser bereits stark gestiegen. Quelle: handelsblatt.com

Die Makler in Ballungszentren sind hochzufrieden. In Berlin, Hamburg, München und anderen deutschen Großstädten brummt vor allem ihr Geschäft mit größeren Wohn- und Geschäftshäusern, die in der Branche auch Zinshäuser genannt werden. Von einer „so hohen Nachfrage wie noch nie zuvor“ berichtet zum Beispiel das Hamburger Maklerhaus Grossmann & Berger.

Auch Rackham Schröder, der Geschäftsführer von Engel & Völkers Commercial in Berlin, freut sich darüber, dass er allein in der Charlottenburger Bleibtreustraße in diesem Jahr bereits sechs Häuser verkauft hat. „Der Run auf das Zinshaus geht ungebremst weiter“, bestätigt auch Jürgen Michael Schick, der Inhaber eines Maklerunternehmens in Berlin und Vizepräsident des Maklerverbands IVD.

Der mit Abstand größte Zinshausmarkt Deutschlands ist Berlin. In der deutschen Hauptstadt stieg die Verkaufszahl von Wohn- und Geschäftshäusern im ersten Halbjahr nach Angaben des Gutachterausschusses für Grundstückswerte um fast ein Drittel. Dabei waren Zinshäuser bereits im vergangenen Jahr in ganz Deutschland bei Kapitalanlegern begehrt: Nach Angaben von Engel & Völkers Commercial nahm die Zahl der verkauften Häuser im vergangenen Jahr beispielsweise in Hamburg um 19 Prozent und in Stuttgart um elf Prozent zu.

Besonders aktiv am Markt sind Privatanleger. Denn Zinshäuser sind bereits für weniger als eine Million Euro zu haben und damit auch für Privatleute mit Vermögen oder hohem Einkommen erschwinglich. Diese Käufergruppe sieht Mehrfamilienhäuser vor dem Hintergrund von Börsenturbulenzen, Griechenland-Krise und Inflationsangst als krisenfeste Vermögensklasse. Angelockt werden diese Käufer auch dadurch, dass derzeit zumindest in den wichtigsten deutschen Großstädten die Mieten zum Teil deutlich steigen.

Manche Experten betrachten das Geschehen jedoch bereits kritisch. Die Kehrseite der Medaille formuliert Carsten Rieckhoff, Leiter Research bei Engel & Völkers Commercial, so: „Insbesondere in den großen Wirtschaftsmetropolen führt die Kombination von steigenden Mieten und hoher Nachfrage zu einem weiteren deutlichen Anziehen der Kaufpreise.“

In München sowie in Teilen von Hamburg, Frankfurt und Köln würden in Einzelfällen mittlerweile „Liebhaberpreise“ bezahlt. Gar von einem "Allzeithoch" in Bezug auf Hamburg sprechen die Spezialisten von Engel & Völkers. In der Hansestadt betragen die Kaufpreise für Zinshäuser dem Maklerhaus zufolge in guten Lagen im Durchschnitt das 20,5-Fache einer Jahresmiete, in Berlin wird mit 19,3-Fachen auch bereits ein hoher Wert erreicht.

Experten warnen vor einer „Überhitzung“ des Markts

Dies entspricht einer rechnerischen Vorsteuerrendite von 4,9 Prozent beziehungsweise 5,2 Prozent, wobei davon allerdings Verwaltungs- und Instandhaltungskosten abgezogen werden müssen. Angesichts dieser Entwicklung warnt Thomas Fischer, Analyst beim in Bad Bramstedt ansässigen Bewertungsunternehmen Persch Consult, vor einer „Überhitzung“ des Markts. „Die gezahlten Kaufpreise werden sich vermutlich nicht in jedem Fall als nachhaltig erzielbar erweisen können“, sagt auch der Firmenchef Nikolaus Persch.

Andreas Schulten, Vorstand des Beratungsunternehmens BulwienGesa, rät ebenfalls, „alles jenseits des Kaufpreisfaktors 20 gut zu überlegen“ - auch wenn ein solcher Preis bei Immobilien von herausragender Qualität im Einzelfall durchaus gerechtfertigt sein könne. Bei schlechteren Lagen sei dagegen das Risiko von Leerstand oder ausbleibenden Mietsteigerungen einzukalkulieren.

„Von einer Preisblase kann nicht die Rede sein“, betont dagegen IVD-Vertreter Schick. In Berlin zum Beispiel hätten die Preise für Zinshäuser in den letzten zwei Jahren lediglich um 15 bis 20 Prozent angezogen, was angesichts der gestiegenen Nachfrage durchaus angemessen sei. Zudem gebe es bei Zinshäusern nicht die Gefahr einer "negativen Volatilität" - auch nicht im Fall eines wirtschaftlichen Einbruchs. Denn, so Schick: „Gewohnt wird immer.“

Doch auch Schick empfiehlt Anlegern, das ins Auge gefasste Zinshaus gründlich zu prüfen. Kaufen sollte man nach seinen Worten ausschließlich in Städten mit wachsender Haushaltszahl. Am sichersten seien dort “die mittleren bis guten Lagen“, bei denen der Käufer gewiss sein könne, dass sie auch in 20 und 30 Jahren noch nachgefragt seien.„Bloß die Finger von Problemlagen lassen“, rät auch Carsten Rieckhoff von Engel & Völkers. Private Anleger sollten zudem nichts überstürzen, sich selbst ein Preislimit setzen und das Objekt unbedingt von einem Bausachverständigen unter die Lupe nehmen lassen. Zinshäuser mit erheblichem Sanierungsbedarf seien eher etwas für professionelle Immobilieninvestoren als für private Anleger, urteilt Rieckhoff.

Thomas Fischer von Persch Consult hat derweil noch einen anderen Rat parat: "Ein gutes Geschäft kann man auch außerhalb der Metropolen machen, zum Beispiel in Braunschweig oder Lüneburg." Dort gebe es attraktive Zinshäuser zu wesentlich günstigeren Preisen zu kaufen. Ohne Ortskenntnis kann das allerdings auch schiefgehen: „Wer erfolgreich investieren will“, sagt Rieckhoff, „muss den Markt gut kennen.“

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