Kirche Lohnt sich Kirche?

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Mitglieder der evangelischen und katholischen Kirche, Kirchensteueraufkommen

Reden wir also über Geld: Kinder zahlen nichts. Sobald Getaufte eigenes Einkommen haben, greifen die Kirchen darauf zu: In den meisten Bundesländern müssen Mitglieder neun Prozent ihrer Lohn-, Einkommen- und Abgeltungsteuer zusätzlich als Kirchensteuer abführen, in Baden-Württemberg und Bayern sind es acht Prozent. Ein Single mit 60.000 Euro Einkommen zahlt rund 1250 Euro Kirchensteuer.

Seit Jahren verlieren die Kirchen Mitglieder. Zum einen, weil weniger Kinder getauft als Christen bestattet werden. Zum anderen wegen der Austritte: Schätzungen zufolge traten 2010 allein 180.000 Katholiken aus, 40 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Ein starkes Motiv dafür waren die Missbrauchsskandale.

Geld ist der entscheidende Faktor

Insgesamt gibt es in Deutschland 48,5 Millionen Katholiken und Protestanten, rund 4,6 Millionen weniger als vor  zehn Jahren. Zusammen haben sie 2010 etwa neun Milliarden Euro Kirchensteuer gezahlt.

Für viele spielt Geld bei der Entscheidung über den Austritt eine große Rolle. So gaben in einer Umfrage der evangelischen Kirche 56 Prozent der Ausgetretenen „Ersparnis von Kirchensteuer“ als wichtigstes Motiv an. Dass 2008 rund 30 Prozent mehr Mitglieder die Kirchen verlassen haben als ein Jahr zuvor, lag auch am Geld: Die Debatte um die 2009 eingeführte Abgeltungsteuer, auf die auch Kirchensteuer erhoben wird, hätte viele Mitglieder verunsichert, sagen die Kirchen.

Kundenpflege

Generell wollen Kirchen gut verdienende Mitglieder nicht so stark belasten wie der Staat. Ab einem gewissen Einkommensniveau kappen sie die Kirchensteuer: Sie darf dann einen fixen Anteil am zu versteuernden Einkommen nicht überschreiten. Das diene der „Kundenpflege“, heißt es aus der evangelischen Kirche.

So müsste ein Kirchenmitglied in Berlin mit einem zu versteuernden Einkommen von 150.000 Euro im Jahr eigentlich 4934 Euro Kirchensteuer zahlen, 3,3 Prozent des Einkommens nach Abzug von Freibeträgen. Das jedoch liegt über dem Berliner Limit von 3,0 Prozent. Tatsächlich zahlt der Berliner deshalb nur 4500 Euro. Der maximale Anteil der Kirchensteuer am steuerlichen Einkommen liegt zwischen 2,75 Prozent (Protestanten in Württemberg) und 4,0 Prozent (Katholiken in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland). Einzig Bayern gewährt die prozentuale Beschränkung nicht. Wichtig: In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern müssen Mitglieder bei der Kirche einen Antrag stellen, damit die Steuer gekappt wird. Das lohnt sich frühestens ab einem jährlichen Steuereinkommen von 100.000 Euro.

Je nach Region erheben Gemeinden auch noch Kirchgeld, eine Art Ortskirchensteuer von in der Regel weniger als 100 Euro pro Jahr. Das zahlen Mitglieder unabhängig von der Kirchensteuer.

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