Neue Fondsschließungen Immofonds: Ein Drittel der Gelder blockiert

Die Schließungen von offenen Immobilienfonds reißen nicht ab. Mit dem CS Euroreal wurde am Freitag morgen der zehnte Fonds in Deutschland eingefroren. Am Nachmittag folgte die Fondsgesellschaft Degi mit zwei weiteren Fonds. Die Branche sucht verzweifelt nach Auswegen aus der Krise.

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Hohe Mittelabflüsse aus offenen Immobilienfonds treffen derzeit die Anbieter. Sie müssen weitere Fonds vorübergehend schließen. Quelle: dpa

BERLIN/LONDON. Für Anleger offener Immobilienfonds gab es eine am Freitag gleich mehrere Hiobsbotschaft. Der Degi Europa und der Degi International hätten die Anteilsrücknahme mit sofortiger Wirkung ausgesetzt, teilte die zu Aberdeen Property Investors gehörende Gesellschaft mit. Die Aussetzung werde zunächst auf drei Monate befristet, Einzahlungen seien weiter möglich. Durch die Turbulenzen an den Finanzmärkten sei es in den vergangenen Wochen zu überdurchschnittlichen Mittelabflüssen und damit zu einer Verringerung der Liquidität gekommen. "Aussetzungen von Anteilsscheinrücknahmen bei zahlreichen Offenen Immobilienfonds haben in dieser Woche die Situation noch zugespitzt", hieß es.

Am Morgen musste bereits die Credit Suisse Asset Management (CSAM) ihren Fonds "CS Euroreal" schließen. Überraschend kommt die Entwicklung nicht. "Bei Anhalten der aktuellen Panikverkäufe können auch wir eine Aussetzung der Anteilsscheinrücknahme nicht ausschließen", hatte Dirk Meiwirth, Produktmanager Immobilien bei CSAM bereits am Donnerstag gesagt. Jetzt ist der Fall eingetreten. Für zunächst drei Monate kommen Anleger an die in den 6,5 Mrd. Euro schweren Fonds investierten Gelder nicht heran.

Am Donnerstag war bereits das vorläufige Aus für die Anleger des Morgan Stanley P2 Value, zwei UBS-Fonds, den Fonds Focus Nordic Cities des schwedischen Immobiliendienstleisters Catell sowie den DJE Real Estate der DJE Kapital AG gekommen. Vom Volumen her ist mittlerweile insgesamt mehr als ein Drittel des gesamten Marktes für Publikumsfonds von den Schließungen betroffen. Der Gesamtmarkt ist laut Zahlen des Fondsverbandes BVI 80 Mrd. Euro schwer.

Der offene Immobilienfonds der US-Investmentbank Morgan Stanley verwaltet rund 1,7 Mrd. Euro. Die UBS UBS-Fonds (D) 3 Kontinente und UBS (D) Euroinvest sind zwar Publikumsfonds, waren aber schon immer auf die Akquisition institutioneller Gelder ausgerichtet. Im UBS Euroinvest ist der Anteil privater Gelder verschwindend gering. Im 3-Kontinente-Fonds haben Vermögensverwalter private Gelder gepoolt. Die Fonds repräsentieren ein Volumen von etwa drei Mrd. Euro.

Auch der Catella-Fonds ist kein typischer Privatanlegerfonds. In ihm stecken Gelder von Dachfonds, Vermögensverwaltern und Institutionellen. Zum aktuellen Fondsvolumen machte die Gesellschaft keine Angaben. Anfang September, also lange vor den jüngsten Mittelabflüssen, bezifferte Catella das Volumen auf 390 Mill. Euro.

Die UBS-Fonds sind die ersten, die ihre Anteile erst in sechs Monaten wieder zurücknehmen wollen. Kanam, Axa, TMW (Prudential) und SEB hatten die Anteilsrücknahme für jeweils drei Monate ausgesetzt. Wie lange ein Fonds den Tausch Anteile gegen Geld im Falle eines Liquiditätsengpasses aussetzt, ist in den Geschäftsbedingungen festgelegt. Die SEB kündigte am Freitag an, unabhängig vom Rücknahestopp Sparpläne in jedem Fall auszuzahlen. Damit solle beispielsweise erreicht werden, dass private Anleger, die den SEB Immoinvest zur Ergänzung ihrer Altersvorsorge bespart habe, über ihre Zusatzrente verfügen können. Die Kanam prüft diesen Schritt ebenfalls.

Dagegen berichten Deutsche Bank, am Markt mit den Fonds Grundbesitz Europa und Grundbesitz Global vertreten, sowie die Degi von Abflüssen, die die Liquidität ihrer Fonds aber nicht gefährdeten. Die zum schwedischen Vermögensverwalter Aberdeen gehörende Degi wirbt mit den Fonds Degi Europa und Degi International um Kunden. Beide Fondsanbieter führen ihre im Vergleich geringen Abflüsse auf nur sehr wenige Großanleger zurück. Die Deutsche-Bank-Fonds repräsentieren ein Fondsvolumen von 5,4 Mrd. Euro. In den Degi-Fonds stecken 4,2 Mrd. Euro Anlegergelder.

Der Commerzbank-Fonds Hausinvest Europa mit einem Volumen von 8,8 Mrd. Euro verzeichne derzeit einige Abflüsse, aber keineswegs in dramatischem Ausmaß, berichtete Commerz-Real-Chef Hubert Spechtenhauser in London. Der Fonds habe eine frei verfügbare Liquidität von 1,7 Mrd. Euro. Die gesamten liquiden Mittel (Bruttoliquidität) eines Fonds sind höher als die frei verfügbare Liquidität. Letztere ergibt sich nach Abzug laufender Verbindlichkeiten und der Gelder, die bereits für die Zahlung von Kaufpreisraten und Ausschüttungen verplant sind.

So waren die Bruttoliquiditätsquoten der Fonds, die die Anteilsrücknahme aussetzten, teils deutlich von der gesetzlichen Grenze von fünf Prozent entfernt. Allerdings waren die meisten Fonds wegen der hohen Mittelzuflüsse in den ersten acht Monaten 2008 als Käufer auf dem Immobilienmarkt unterwegs, mussten darum Gelder für künftige Zahlungen zurückhalten.

Deutlich wurde inzwischen, dass die Maßnahmen, Institutionelle aus den Publikumsfonds herauszuhalten, nicht gegriffen haben. Nun werden nach Einlagehöhe gestaffelte Rücknahmefristen von Gesellschaften erwogen. Als Vorlage könnte Paragraph 80c Investmentgesetz dienen.

Eine weitere Überlegung: "Der Gesetzgeber muss nun über die Möglichkeit nachdenken, künftig Panikverkäufe zu verhindern, indem er die Möglichkeit schafft, ein dreimonatiges Moratorium über alle offenen Immobilienfonds zu verhängen", sagte CSAM-Manager Dirk Meiwirth dem Handelsblatt. Eine generelle Schließung aller Fonds kann sich die Finanzaufsicht BaFin kaum vorstellen. "Eigentlich kommt das für uns nicht in Betracht", sagte eine Sprecherin der Behörde.

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