Milliardenbetrug Madoff-Abwickler Picard: Jäger des verlorenen Geldes

Frank DiPascali, der engste Helfer von Bernie Madoff beim Milliardenbetrug, hat auf schuldig plädiert und will mit Strafverfolgern und Konkursverwalter kooperieren. Das sorgt für gesteigerte Nervosität – bei Banken, Hedge Fonds und Madoff-Investoren, die rechtzeitig vor dem Kollaps Geld abgezogen hatten.

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Verurteilter Quelle: REUTERS

Irving Picard, der gerichtlich bestellte Abwickler des 65-Milliarden-Dollar Schneeballsystems, das der mittlerweile zu 150 Jahren Haft verurteilte New Yorker Bernie Madoff über mehr als 20 Jahre aufgebaut hatte, steht vor einer gigantischen Aufgabe. Rund 9000 Geschädigte wollen möglichst viel von ihrem Geld zurück.

Doch praktisch keinem Papier, keinem Kontoauszug, keinem Beleg über Auszahlungen und Einzahlungen, die sich in den Madoff-Büros finden, kann Picard trauen. Denn gemeinsam mit Frank DiPascali, seinem wichtigsten internen Helfer, hatte Madoff aus dem 17. Stock des Lipstick-Building in Midtown Manhattan ein komplexes Betrugsgebilde aufgebaut, in dem nahezu alles gefälscht war. 

Für Picard geht es darum, möglichst viel von dem Geld in den großen Entschädigungstopf zurück zu holen, das in den vergangenen sechs Jahren von Madoff an Investoren zurückgezahlt worden war. Denn so weit reichen die gesetzlichen Rückgriffsmöglichkeiten, die verhindern sollen, dass einige Investoren sich mit von Madoff ausgewiesenen Scheingewinnen auf Kosten anderer Anleger aus dem Staub machen konnten.

DiPascali, dem eine Haftstrafe von bis zu 125 Jahren droht, wird bei der Aufarbeitung dieser Vorgänge eine wichtige Rolle spielen. Er könnte den Strafverfolgungsbehörden dabei helfen, mögliche weitere Mitwisser oder gar Mittäter zu überführen.

Nach Informationen der „New York Times“ sollen allein im vergangenen Jahr rund zwölf Milliarden Dollar von Madoff-Konten abgezogen worden sein. In den drei Monaten bevor Madoff verhaftet wurde, flossen rund sechs Milliarden Dollar ab. Letztendlich brachte das das gigantische Schneeballsystem zum Stillstand.

Doch waren es nur nervöse Investoren, die angesichts der um sich greifenden Finanzkrise ihr Geld in Sicherheit bringen wollten, wie bei vielen anderen Hedge Fonds auch? Oder hatten einige vielmehr geschnuppert oder sogar Kenntnis davon, dass es bei Madoff mit seinen konstant zweistelligen Traumrenditen nicht mit rechten Dingen zugehen konnte? Hatten sie deshalb die Notbremse gezogen? Abwickler Picard scheint jedenfalls davon auszugehen, dass professionelle Anleger den Betrug hätten frühzeitig erkennen müssen. Mit einer Serie von Klagen überzieht er deshalb jetzt Madoff-Investoren, die Geld abgezogen hatten.

Gleich 5,1 Milliarden Dollar verlangt Picard von einem Investoren-Paar aus Florida zurück. Jeffry und Barbara Picower waren enge und langjährige Freunde der Madoffs, die bereits seit den Siebziger Jahren bei dem New Yorker investiert hatten. Die Picowers weisen jeden Verdacht, sie hätten von dem Betrug gewusst, natürlich zurück. Sie sehen sich selbst als Opfer.

DiPascali könnte zum wichtigen Zeugen gegen sie werden. Ebenso bei der Klage gegen den Hedge Fonds Harley International, der auf den Cayman Islands residiert und von dem Picard eine Milliarde Dollar zurück verlangt. Daraus könnte sich zudem ein peinliches und möglicherweise teures Nachspiel für die holländische Bank Fortis ergeben, über die dieser Hedgefonds auf der Karibikinsel offenbar seine Geschäfte abgewickelt hat.

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