Finanzkrise Offene Immobilienfonds rufen nach dem Gesetzgeber

Der Ruf nach dem Staat als Retter eint viele Branchen: Erst die Banken, dann die Autobauer und jetzt auch noch die Immobilienfonds-Anbieter. Die wollen allerdings kein Geld, sondern gesetzliche Hilfe. Ein Kommentar von Wirtschaftswoche-Redakteurin Heike Schwerdtfeger.

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Strengere Regeln sollen Turbulenzen verhindern, die jüngst dazu führten, dass elf von rund 36 offenen Immobilienfonds und ein Immobilien-Dachfonds schließen mussten. Deren liquide angelegte Gelder wurden knapp, weil zu viele Anleger ihre Fondsanteile zurückgegeben hatten. Die Anleger kommen jetzt für gewöhnlich drei Monate nicht an ihr Geld. Ausnahmen gibt es gelegentlich für Anleger, die aus ihrem Vermögen eine monatliche Rente beziehen (Auszahlpläne).

Freiwillige Maßnahmen fruchten nicht

Dass die Branche ausgerechnet strengere Regeln fordert, ist ungewöhnlich. Aber sie hat erkannt, dass freiwillige Maßnahmen nicht fruchten. Die Zukunft der Fonds sieht dann so aus, dass sie ihre Fondsanteile nicht mehr täglich, sondern monatlich oder wahlweise nur jährlich kaufen und verkaufen können. 

 Die Gesellschaften hätten schon bisher die Möglichkeit gehabt,  ihre Vertragsbedingungen in diese Richtung zu ändern, aber keiner hat sich an diese unpopuläre Maßnahme herangetraut. Denn die offenen Fonds tragen ihren Namen deshalb, weil Anleger sie bisher noch täglich kaufen und verkaufen können und das ist eines der wichtigsten Verkaufsargumente für die Bankverkäufer.

Sinnvoll ist das nicht, denn die in den Fonds steckenden Immobilien können im Ernstfall nicht so schnell zu Geld gemacht werden, wie Anleger ihre Anteile zurückgeben. Hier müssen Anleger mit einer Verschärfung rechnen, die allerdings für alle hilfreich wäre. Gelder für Notfälle gehören schließlich auf ein Tagesgeldkonto und nicht in einen Immobilienfonds.

Die jetzt in den Fonds gefangenen Anleger sowie die Anleger in noch geöffneten Fonds müssen jetzt nicht fürchten, dass ihnen über Nacht neue Vertragsbedingungen den Ausstieg erschweren. Bis der Gesetzgeber tätig wird und die Vertragsbedingungen umgeschrieben werden können, vergehen noch Monate. Bis dahin fragen sich die Anleger allerdings vor allem, ob sie mit hohen Kursabschlägen bei den Fonds rechnen müssen.

Das ist unwahrscheinlich. Denn der Wert der Immobilien fließt weiterhin mit dem Betrag in den Fonds ein, den – wie bei allen offenen Immobilienfonds üblich – Sachverständige ermitteln. Sie glätten die Werte, denn sie bewerten Immobilien anhand der nachhaltig erzielbaren Miete.

Dabei lassen sie sich von Krisenszenarien gewöhnlich ebenso wenig anstecken wie von überbordender Euphorie. In den vergangenen Jahren sind die Gewerbe-Immobilienpreise beispielsweise in London extrem stark gestiegen. Die Sachverständigen-Bewertungen haben diesen Höhenflug nicht mitgemacht, daher besteht jetzt auch vielfach keine Gefahr, dass sie hohe Wertberichtigungen vornehmen müssen. Worauf sich Anleger allerdings einstellen müssen: Da die Rendite des Fonds jetzt vor allem aus den Mieterträgen kommen wird und mit hohen Wertsteigerungen der Immobilien nicht zu rechnen ist, wird das Ergebnis der Fonds in den nächsten zwei Jahren magerer ausfallen als in den zurückliegenden zwei Jahren.

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