Schuldenkrise Ratingagentur Moody´s zeigt Großbritannien die rote Karte

Großbritannien gerät mit seinem ausufernden Staatsdefizit immer stärker unter Druck. Die Ratingagentur Moody`s droht mit einer Herabstufung. Das heizt die Wetten von Spekulanten gegen das britische Pfund an.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Tower Bridge in London Quelle: REUTERS

Großbritannien ist dem Verlust seines Spitzenratings „erheblich“ näher gekommen, warnt Moody´s in einem am Montag veröffentlichten Bericht und droht mit einer Herabstufung auf AA. Grund sind die massiven Defizite im Staatshaushalt. Die Regierung von Premierminister Gordon Brown rechnet für dieses Jahr mit einem Fehlbetrag von 12,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Das ist fast so viel wie das Minus von 12,7 Prozent Griechenlands, das die EU zu Garantieerklärungen für die Hellenen nötigte. Laut Moody`s muss Großbritannien in diesem Jahr sieben und 2013 neun Prozent der Staatseinnahmen für Zinszahlungen ausgeben. Im ungünstigsten Fall drohen fast zwölf Prozent. Und mit der Konsolidierung des Haushalts lässt London sich – im Gegensatz zu Athen – Zeit. Erst 2011 soll das Staatsdefizit in Angriff genommen werden. Die griechische Regierung hat bereits für 2010 ein rigides Sparprogramm verkündet.

Rekordwetten auf eine weitere Abwertung des Pfunds

Pierre Cailleteau, geschäftsführender Direktor bei Moody´s für Länderrisiken, sagte der Nachrichtenagentur Bloomberg, Großbritannien müsse seine Schuldenlast reduzieren ohne das Wirtschaftswachstum abzuwürgen. Eine denkbar schwierige Aufgabe.

Investoren zweifeln deutlich, dass dies gelingt. Das zeigt  sich vor allem am britischen Pfund. Die Währung steht seit Jahresbeginn auf der Verkaufsliste der Händler ganz oben: Das Sterling gab seitdem 6,2 Prozent ab. In der vergangenen Woche rutschte es zeitweise sogar unter die Marke von 1,50 Dollar und erreichte damit ein Elf-Monats-Tief.

Die Mehrheit der Währungsspekulanten wettet auf eine weitere Abwertung des Pfunds: Laut Daten der US-Terminbörsenaufsicht Commodity Futures Trading Commission (CFTC) beläuft sich die Netto-Verkaufsposition gegenüber dem Dollar auf 67.549 Kontrakte. Das ist der höchste je verzeichnete Wert seit Beginn der Datenaufzeichung im Jahr 1986.

Der Fünfwochendurchschnitt liegt bei 60.548 Kontrakten. 1992 waren es im Schnitt nur 7200 gewesen – das war das Jahr, in dem die Hedgefonds-Legende George Soros mit seinen Spekulationen das Pfund zum Einstürzen brachte.

1992 war das Pfund im September über die Marke von zwei Dollar gestiegen. Die massiven Wetten Soros' sorgten dann in den kommenden drei Monaten dafür, dass das Pfund bis auf 1,50 Dollar fiel. Es musste anschließend aus dem Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems ausscheiden.

Geldpoltik belastet das Pfund

Großbritannien leidet nicht nur unter einem hohen Staatsdefizit. Auch der Privatsektor ist hoch verschuldet – stärker noch als in den USA. Zudem kriselt es auf dem Häusermarkt. Die Industrieproduktion schrumpfte im Januar zum ersten Mal seit fünf Monaten. Das Minus lag bei 0,9 Prozent. Premierminister Gordon Brown, der um seine Wiederwahl im Mai bangen muss, stimmt die Briten auf harte Zeiten ein.

Auch der Finanzierungsbedarf  auf dem Inselstaat beunruhigt die Investoren: Für das kommende Haushaltsjahr, das im April beginnt, rechnet die britische Schuldenmanagementagentur mit der Ausgabe von Staatsanleihen in Höhe von rund 220 Mrd. Pfund. So viel hatte das Land in etwa auch im endenden Haushaltsjahr begeben. Der größte Käufer fällt allerdings weg: die Bank of England – die hat ihr Aufkaufprogramm für Staatsanleihen beendet. Von Investorenseite ist das Misstrauen groß. Bill Gross, Co-Chef des weltgrößten Anleihen-Fondsverwalter Pimco, verglich britische Staatsanleihen mit dem Sprengstoff  "Nitroglycerin" und riet Investoren, die Papiere zu meiden.

Auch die ultralockere Geldpolitik belastet das Pfund. Die Bank of England (BoE) wird laut Experten noch für lange Zeit an dem Leitzins von 0,5 Prozent festhalten. BoE-Gouverneur Mervyn King pausiert zwar mit dem Aufkauf von Wertpapieren. Er kündigte aber an, notfalls die quantitative Lockerung - also die Bereitstellung von Liquidität über niedrige Zinsen hinaus - fortzusetzen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%