Kapitalflucht Rette sich, wer kann

Die Griechen bringen ihr Geld außer Landes. Große Vermögen sind längst weg, nun holt die Mittelschicht ihre Spargroschen von der Bank.

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Banken: Die Helenen bringen ihr Geld in Sicherheit Quelle: dpa

In eine Zigarettenschachtel passen genau 2168 Gramm Gold, Wert: rund 75 000 Euro. Gold ist somit ideal für alle, die ihr Geld in Sicherheit bringen wollen – unbehelligt von Staat, Steuerbehörden, Zoll. „Griechen haben bereits vor einem Jahr, bei Ausbruch der Krise, verstärkt Goldmünzen gekauft“, sagt ein Edelmetallhändler aus Nordrhein-Westfalen. „Besonders begehrt ist der britische Sovereign.“ Er ist weit verbreitet – mit 1,5 Milliarden Stück die meistgeprägte Goldmünze der Welt – und wird trotz kleiner Stückelung (eine Münze kostet 250 Euro) nah am Goldpreis gehandelt. Im September, so berichtet das „Handelsblatt“, sanken die
Einlagen bei den Geschäftsbanken laut Notenbank um fast 5,5 Milliarden Euro - der stärkste Rückgang in einem Monat seit Beginn der Schuldenkrise. Seit Beginn der Krise Ende 2009 hätte die Geldinstitute damit schon ein Viertel ihrer Einlagen verloren.

Banken gehen Scheine aus

Die griechische EU-Kommissarin Maria Damanaki hatte Ende Mai die Kapitalflucht angeheizt: „Entweder einigen wir uns auf brutale Opfer, oder wir kehren zur Drachme zurück“, sagte sie. An den beiden folgenden Tagen hoben die Griechen 1,5 Milliarden Euro von ihren Konten ab

Zeitweise gingen den Banken die großen Banknoten aus. Der deutsch-griechische Unternehmer George Kallos berichtet, dass die Banken bereits die täglichen Abhebungen am Schalter auf 600 Euro beschränkten. „Die Bankangestellten hatten offenbar Anweisung, größere Abflüsse zu verhindern“, sagt Kallos, „das wurde aber nach zwei Tagen wieder eingestellt, weil es umgehend für enorme
Unruhe in der Bevölkerung sorgte."

Steigende Nachfrage

Ein Teil der abgezogenen Gelder mag für den täglichen Lebensunterhalt der notleidenden Griechen bestimmt sein. Ein Teil kommt aber auch in Deutschland an. So beobachtet Peter Heinrich, Vorstandschef der zum Volksbankenverbund zählenden Münchner Bank, „seit Ende Mai eine erhöhte Nachfrage unserer griechischstämmigen Kunden nach Geldanlagen in unserem Kreditinstitut“. Das Schwarzgeld der Unternehmer, Freiberufler und hohen Beamten, die Fakelaki (Schmiergeld) entgegennehmen können, sei „längst in der Schweiz und von da wahrscheinlich weiter nach Singapur“, sagt Kallos, „das kleine Geld der braven Leute aber kommt nach Deutschland, daran ist nichts illegal“. Sauber Erspartes brauche man nicht zu schmuggeln: Man fahre nach München, wo der Bruder lebe, eröffne ein Konto und überweise es.

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