Fluchtwährungen Rettung für Euro-Anleger

Schuldenkrise und Euro-Ängste treiben die Deutschen in Franken, Kronen und selbst in asiatische Devisen. Welche Währungen jetzt noch sicher sind, wie Anleger am besten investieren, welche Risiken sie kennen sollten.

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Ehemaliger Leuchtturm im norwegischen Oslofjord Quelle: LAIF/Berthold Steinhilber

Der Test läuft unerwartet erfolgreich. „No English“, stammelt die Angestellte zwar. Doch binnen einer Minute holt sie eine Übersetzerin an Schalter drei der kleinen Filiale der Industrial and Commercial Bank of China in Peking. Ein Konto in Yuan zu eröffnen sei kein Problem, sagt die Frau – und füllt zwei Formulare aus. Dass der Kunde Deutscher ist und angibt, er habe keinen Wohnsitz in China, stört sie nicht. „Kein Problem, wir nehmen die Hotelanschrift“, schlägt sie vor – und schreibt „Kempinski“ ins Formular. Ein Visum will sie nicht sehen. In Deutschland, sagt die Übersetzerin, könne er an jedem Geldautomaten mit dem rot-blau-grünen Union-Pay-Logo Geld von seinem Konto abheben. Zehn Minuten später verlässt der Kunde die Bank, mit Yuan-Sparbuch samt Bankkarte – ein Traum für jeden Anleger, der aus Furcht vor Geldentwertung und Euro-Krise Alternativen sucht. China hat erklärt, seinen künstlich niedrig gehaltenen Yuan langsam aufzuwerten. Die Währungswette scheint eine sichere Sache.

Viel Freude daran dürfte der Mann mit dem Kempinski-Konto trotzdem nicht haben. Wer in China ein Konto eröffnet, muss dort gemeldet sein, das ist Gesetz. Die Damen in der Pekinger Filiale ignorierten es, weil sie wohl gerade Order von oben hatten, massig Einlagen hereinzuholen.

Privatanleger müssen andere Ziele ins Auge fassen: Wer Staatsschulden und Geldentwertung fürchtet, kauft Währungen wenig verschuldeter und stark wachsender Volkswirtschaften. Immer mehr tun dies bereits: Zwar fließt unter dem Strich weiter Kapital in den Euro-Raum – allein im Juni netto 75 Milliarden Euro aus anderen Währungsräumen in Euro-Papiere. Zugleich verbuchen deutsche Banken seit Jahresanfang zweistellige Zuwächse bei Konten, auf denen Privatkunden Geld in Franken oder Kronen anlegen (siehe Grafik auf der nächsten Seite). Ähnliches melden Goldhändler, die den Deutschen Krügerrand und Kilobarren verschaffen. „Wir sehen jeden Tag auch siebenstellige Einzelorders – das ist neu“, heißt es beim Händler Pro Aurum.

Gold zu kaufen ist einfach. Doch wie kommen Anleger an Fremdwährungen? Und bei welchen lohnt sich der Einstieg?

„Privatanleger sind verunsichert und das zu Recht, es knirscht im Euro-System“, sagt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Geschäftskunden bei der Deutschen Bank. Die Euro-Zone ist auf dem Weg in eine Transferunion, in der Deutschland für die Schulden der Schwachen in Haftung genommen wird. Einzig der Einsatz der Europäischen Zentralbank (EZB), die Staatsanleihen kauft, rettet die schwachen Süd-Staaten vor ruinös hohen Zinsen. Die Käufe wirken wie Gelddrucken – und erhöhen die Inflationsgefahr. „Der Euro bricht zusammen“, sagt Alan Greenspan, der Ex-Vorsitzende der US-Notenbank Fed.

Er sollte lieber schweigen, die USA stehen nicht besser da: hoch verschuldet, gerade das AAA-Rating verloren, in die Rezession abrutschend. Alle Hoffnungen ruhen auf einem neuen Anleihekauf- und damit Gelddruckprogramm der Fed, das die Inflationsgefahr verstärken und somit den Dollar schwächen dürfte.

Für den japanischen Yen sieht es kaum besser aus: Die Agentur Moody’s senkte gerade die Kreditwürdigkeit des von Schulden und Rezession geplagten Landes auf Aa3 – drei Stufen unter der Bestnote. „Die alten Hartwährungen Pfund, Dollar, Yen und Euro sind die neuen Weichwährungen“, sagt Währungsexperte Michael Ott von der Commerzbank.

Deutsche leben im Euro-Raum, bekommen Gehalt in Euro und bestreiten ihren Lebensunterhalt damit. Der Großteil des Depots sollte deshalb aus Euro-Anlagen bestehen. Doch Streuung gibt Sicherheit. Bis zu zehn Prozent können Anleger in harten Devisen anlegen, Aktien in fremden Währungen eingerechnet, auch mehr.

Flucht in Franken

Fluchtwährung Nummer eins ist der Schweizer Franken. Anfang August war er, nach 28 Prozent Kurszuwachs binnen sechs Monaten, nahezu einen Euro wert. Die Anleger zahlten der Schweiz sogar Geld dafür, dass sie ihr Geld leihen durften. Der Kurs für Papiere, die in 18 Monaten zurückgezahlt werden, stieg auf über 106 Prozent. Bei vier Prozent Zins rutschte die Rendite somit 0,11 Prozent ins Minus. Weil die Schweizer Volkswirtschaft so klein ist, trifft extreme Nachfrage auf ein beschränktes Angebot – und führt zur Übertreibung.

Darunter leidet die Wirtschaft. Steigt der Franken um 28 Prozent, sind Schweizer Maschinen für Euro-Kunden 28 Prozent teurer. Der hohe Wechselkurs, sagt Peter Athanas, Mitglied im Verwaltungsrat des Aufzugherstellers Schindler, sei eine „Ergebnisvernichtungsmaschine“.

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