Rohstoffradar Griechenland drückt Rohstoffpreise

Die Unsicherheit der Anleger im Zuge der Schuldenkrise belastet auch die Rohstoffpreise, vor allem bei Öl und Edelmetallen. Kurz- bis mittelfristig ergeben sich Chancen für günstige Einkäufe.

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Rohstoffradar Mai 2010 Quelle: Commerzbank

Preise bilden sich an freien Märkten durch Angebot und Nachfrage, lehrt die Theorie. Langfristig mag das stimmen, aber kurzfristig spielt die Psychologie an den Märkten eine entscheidende Rolle. Das spiegelt sich auch am Markt für Rohstoffe wider: Die Preise für Öl stehen seit zwei Wochen unter Druck. „Die jüngste Entwicklung lässt sich vor allem durch die Unsicherheit in Bezug auf Griechenland erklären“, sagt Eugen Weinberg, Chef der Rohstoffabteilung der Commerzbank. „Die Risikoaversion der Investoren ist gestiegen, dadurch geraten auch die Rohstoffpreise unter Druck. Es kommt zu einer Korrekturphase bei Öl und Industriemetallen.“ So sind die Ölpreise in den ersten beiden Maiwochen bereits um rund 15 Prozent eingebrochen.

Langfristige Absicherung

Der Rohstoffradar hingegen zeigt noch nicht die jüngste Entwicklung: Der Indikator für ausgewählte Rohstoffpreise misst die Preisschwankungen (Volatilitäten) ausgewählter Rohstoffe und weist die durchschnittliche prozentuale Abweichung vom Mittelwert der vergangenen zwölf Monate aus. Zum Stand Ende April sind die Volatilitäten bei Öl sogar noch leicht gefallen. Die deutliche Zunahme der Preisdynamik aufgrund der Griechenlandkrise in den vergangenen Wochen schlägt sich hier noch nicht nieder. „Die Volatilitäten sind zuletzt massiv gestiegen“, sagt Weinberg. „Die Preise werden weiter sinken, wir haben eine stärkere Korrekturphase auf Sicht von drei Monaten vor uns.“ Unternehmen, die ihr Rohstofflager wieder füllen müssen, könnten also Geld sparen, wenn sie noch etwas abwarten.

Aber den optimalen Zeitpunkt zu erwischen ist schwierig und sollte daher auch nicht im Fokus stehen – denn das Preisniveau ist langfristig betrachtet bereits attraktiv. Weinberg rät Unternehmen und Anlegern daher, die Absicherung („Hedging“) ihrer Rohstoffgeschäfte auf ein langfristiges Preisniveau auszurichten und nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt mit Niedrigpreisen.

Bewegung auch bei den Edelmetallen. Hier erfolgen die meisten Notierungen in Dollar, so dass der Euro-Wechselkurs zum Dollar die hiesigen Preise maßgeblich beeinflusst. Dennoch sind die Preissteigerungen nicht nur auf den schwachen Euro zurückzuführen. Auch hier spielt die Unsicherheit an den Finanzmärkten und das wachsende Bedürfnis nach krisenfesten Anlagen eine große Rolle. Dass sich der Goldpreis auch in Euro der Rekordmarke von 1000 Euro je Feinunze nähert, deutet laut Weinberg eine leichte Überhitzung des Marktes an; auch Goldhändler beklagen Engpässe aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach Münzen und Barren. „Der Goldpreis befindet sich aber noch immer im langfristigen Aufwärtstrend. Die Volatilitäten werden wegen der spekulativen Investoren noch zunehmen, bleiben aber im Vergleich zu anderen Rohstoffen weiter niedrig“, prognostiziert Rohstoffexperte Weinberg.

Trendwende bei Industriemetallen

Anders der Markt für Industriemetalle: In den vergangenen Monaten haben Industriemetalle von Mittelzuflüssen profitiert. Hier steht der Markt vor einer Trendumkehr. Die Preisausschläge dürften kurz- bis mittelfristig deutlich zunehmen, die Preise mittelfristig sinken.

Stabiler präsentiert sich da der Markt für landwirtschaftliche Produkte. Er gilt traditionell als sicherer („Auch in der Krise wird gegessen“) und ist nicht in dem Maße dem Einfluss der Anleger und Spekulanten unterworfen. Auch die Unsicherheit der Finanzmärkte betritt landwirtschaftliche Güter weniger. Die Volatilitäten sind insofern recht stabil. Einen Ausblick auf die Ernten wird es erst in einigen Monaten geben. Experte Weinberg schätzt die aktuellen Erwartungen jedoch als etwas zu optimistisch ein: „Die Chance einer Enttäuschung ist für Anleger durchaus gegeben.“

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