Verkaufstricks Schöner Wohnen für Käufer inszeniert

Mit einer dunklen und vollgestellten Wohnung lassen sich bei einem Verkauf nur schlechte Preise erzielen. Für einen Besichtigungstermin bringen spezialisierte Dienstleister verlebte Wohnungen auf Vordermann. Sie versprechen dadurch deutlich bessere Verkaufschancen - zu besseren Preisen.

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Heller und aufgeräumt: Der Flur nach den Verschönerungen. (Quelle: pr) Quelle: handelsblatt.com

STUTTGART. Die Wohnung sollte schnell verkauft werden, die eigene Zeit war knapp. Deshalb ließ Achim Fehlau die Profis ran: In einem Tag brachten die "Home-Stagerinnen" Judith Daumann und Britta Möglin die Hamburger Altbauwohnung auf Vordermann, räumten allzu persönliche Gegenstände der Familie in Umzugskartons, stellten die ein oder andere dekorative Vase auf und schossen dann Fotos für das Immobilien-Exposé. "Dadurch hob sich die Wohnung deutlich besser von der Masse ab", sagt Fehlau, der in den Wochen danach Anrufe von 50 Interessenten bekam. Zwei Monate später war die Wohnung verkauft, und das mit minimalem Eigenaufwand. Die Ausgaben von etwa 1 000 Euro "haben sich eindeutig gelohnt", sagt Fehlau.

"Home Staging" - wörtlich: "das Heim inszenieren" - nennt sich die Kunst, eine durchschnittliche Wohnung oder ein Haus zu einem Schmuckstück zu machen, ihre Vorzüge im besten Licht erstrahlen zu lassen und die Nachteile in den Hintergrund zu rücken: "Vorher war gestern" heißt es auf der Internetseite Wohnkosmetik.de. In Skandinavien und den USA schon seit langem gang und gäbe, findet das Home Staging seit einigen Jahren auch in Deutschland seine Fans.

Betriebsblind nach langer Wohnzeit "Wenn man eine Zeit lang in seiner Wohnung gelebt hat, dann wird man einfach blind für bestimmte Aspekte", sagt die Architekturfotografin Gabi Winter, die sich auf hochwertige Wohnungsfotos für Makler-Exposés und Immobilienanzeigen spezialisiert hat. Vollgestopfte Küchenregale, überdekorierte Wohnzimmerwände oder ein völlig zugeparkter Flur fallen den Bewohnern gar nicht mehr auf, weil die Dinge des Alltags allesamt nützlich und meist auch sinnvoll eingeräumt sind. Doch wenn die Wohnung verkauft werden soll und erste Besichtigungstermine anstehen, rächt sich die Betriebsblindheit.

Denn oft fällt es den Interessenten schwer, sich das giftgrüne Sofa in der Ecke wegzudenken oder sich in einer Wohnung voller alter Eichenmöbel die eigene, ikeageprägte Einrichtung vorzustellen.

Nicht zu viel Persönliches zeigen

"80 Prozent aller Menschen fehlt der Blick dafür, wie ein Haus einmal aussehen könnte", sagt Kirsten Schildt, deren Agentur Home Staging Schildt & von Beckerath eine der größten in Deutschland ist.

Die wichtigste Aufgabe der Home Stager ist es deshalb, allzu persönliche Spuren der Vorbesitzer aufzuspüren und zu minimieren. "Wir schaffen ein neutrales Bild der Wohnung, in dem sich Familien mit kleinen Kindern genauso wohl fühlen können wie ein kinderloses älteres Ehepaar", sagt auch Judith Daumann, die zusammen mit ihrer Kollegin Britta Möglin seit zweieinhalb Jahren die Agentur Home Staging Berlin betreibt.

Die Kosten dafür können ganz unterschiedlich ausfallen, je nach Agentur, Wohnungsgröße und Leistungsumfang. Die Erstberatung kostet oft 150 bis 300 Euro, danach liefern die Stylistinnen einen detaillierten Kostenvoranschlag mit möglichen Maßnahmen. Der Kunde kann dann wählen, ob er selbst Hand anlegen will oder die Arbeiten den Profis überlässt.

Dann werden Bilder abgehängt, Erinnerungsstücke und Kruzifixe in Kisten verstaut oder Möbelstücke abgebaut. In Einzelfällen dekorieren die Home Stager die Wohnung sogar komplett neu, zum Beispiel wenn die Vorbesitzer bereits ausgezogen sind oder wenn sich der Dekorationsstil beim besten Willen nicht mit dem Durchschnittsgeschmack vereinbaren lässt. Einige Agenturen haben einen eigenen Möbelfundus, andere greifen dafür auf externe Möbelvermieter zurück.

Profis helfen bei Problemfällen

"Wir haben seit einiger Zeit deutlich mehr Anfragen für Home-Staging-Zwecke", sagt Ulrike Strümpler, Geschäftsführerin von Interimo-Furniture. Ihr Wohnmöbelvermietservice richtet sich vor allem an Geschäftsleute, die im Auftrag ihrer Firma für einige Monate ins Ausland geschickt werden und sich den Zweitwohnsitz auf Zeit einrichten wollen, ohne dafür mit sämtlichen eigenen Möbeln umziehen zu müssen. Doch vor allem in München greifen inzwischen auch immer mehr Home Stager auf die Komplettpakete für Wohnzimmer oder Schlafzimmer zurück. Kostenpunkt: um die 130 Euro pro Monat für eine stylische Einrichtung.

Vor allem die Problemfälle unter den Immobilien landen auf dem Tisch der professionellen Aufhübscher. Trotzdem hat ihr Handwerk nichts mit optischem Betrug zu tun, sagen die Home Stager. "Wenn ein Haus zum Beispiel weit weg vom Stadtzentrum liegt und dann auf die Kunden nur durchschnittlich wirkt, lässt es sich schwer verkaufen. Aber wenn wir den Interessenten das Potenzial vor Augen führen können und ihnen zeigen, was sich aus dem Haus machen lässt, dann können wir damit die ungünstigere Lage vielleicht wettmachen", sagt Kirsten Schildt - die auch schon mal einen Auftrag abgelehnt hat, wenn das Objekt mit ihren Mitteln nicht mehr zu retten war. "Ein Verkäufer wollte, dass wir seine total renovierungsbedürftige Immobilie von innen schön möblieren. Aber das machen wir nicht. Wenn außen der Putz von der Wand fällt, bringen auch schöne Möbel nichts mehr."

Verkaufsförderung: So steigt der Preis

Mehr Licht Wie hell ist die Wohnung? Lichte und luftige Räume sind einer der wichtigsten Aspekte beim Wohnungskauf. Profis öffnen daher alle Rollos und entfernen schwere Vorhänge, die den Raum zu dunkel erscheinen lassen. Und: Weiße Wände reflektieren mehr Licht als farbige, also werden dunkle Tapetenweiß überstrichen.

Mehr (gute) Luft Der erste Eindruck wird oft entscheidend geprägt von Gerüchen im Haus. Und die sollten auf ein Minimum reduziert werden. Küchenmief, Zigarettenrauch, alte Teppiche oder der Geruch nach nassen Tierhaaren sind Verkaufskiller. Auch ein Raumspray hilft da nur wenig. Besser ist es, das Übel an der Wurzel zu packen: Geraucht wird nur noch auf dem Balkon und uralter Teppichboden muss raus. Danach am besten einen guten Freund schnuppern lassen - die eigene Nase nimmt wohnungstypische Gerüche nach vielen Jahren nicht mehr wahr.

Mehr Freiraum Stilisten räumen so viele Möbel wie möglich aus dem Weg. Vor allem Flure, Durchgänge und Türenmüssen frei sein. Und was Kleinkram angeht: Eine gute Faustregel lautet, dass sämtliche horizontalen Flächen frei geräumt sein sollten - zum Beispiel Arbeitsplatten in der Küche, Abstellflächen im Bad, die Oberseite von Schränkchen und Elektrogeräten.

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