Aktienbetrug Bei Anruf Abzocke

Eine dubiose Investment-Firma zieht seit Jahren Anlegern das Geld aus der Tasche. Die Geschädigten sollten jetzt ein zweites Mal ausgenommen werden - gelockt durch die Aussicht auf astronomische Renditen.

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Per Telefon wurden die potenziellen Betrugsopfer mit hohen Renditen gelockt. Quelle: dpa

Meilen Peter Kaiser (Name von Redaktion geändert) hatte schon alle Hoffnungen aufgegeben, sein Geld wieder zu bekommen. Der Freiberufler aus Süddeutschland hatte sich vor ein paar Jahren am Telefon von „Kimura Financial“ Aktien für 30 000 Euro aufschwatzen lassen – und sah bis heute keinen Cent von seinem Geld. Nun gab es angeblich einen Käufer für die Stücke – doch die US-Steuerbehörden würden die Auszahlung des Verkaufserlöses blockieren. Gegen eine erneute Zahlung von rund 7000 Dollar würde die Überweisung der 194 220 Dollar freigegeben, teilte ihm die „United States Regulators und Administration Commission“ mit – und beinahe wäre Kaiser erneut herein gefallen. 

„Mir fiel bei der Zahlungsanweisung auf, dass ich das Geld auf ein Konto in Hong Kong hätte überweisen sollen“, so Peter Kaiser zum Handelsblatt. „Meine 30 000 Euro bleiben aber verschollen“, klagt er. Die österreichische Finanzaufsicht warnt bereits seit 2008 vor Aktienkäufen bei „Kimura Financial“, die ihren Sitz in Japan haben soll. Nun bekommen die Kunden von „Kimura Financial“ in diesen Tagen von verschiedenen Firmen Anrufe. Jedes mal wird den Geschädigten angeboten, das Geld aus den Investments zurück zu holen. „Ich bin der Meinung, dass es hierbei um systematischen Betrug geht und die Mittelsmänner in den USA sitzen“, meint der Züricher Wirtschaftsanwalt Daniel Fischer.

Die Opfer von „Kimura Financial“ sollten offenbar ein zweites Mal abgezockt werden. „Ich habe schon drei Mandate von Opfern und fünf weitere Fälle sind mir bekannt“, erklärt er gegenüber dem Handelsblatt. Die Masche „ein Opfer, mehrmals Betrug“ würden Experten „recovery operation room“ nennen. Anwalt Fischer sammelt jetzt Fälle, um eine Sammelklage anzustrengen.

Die Firmen, von denen die Opfer von „Kimura Financial“ angerufen werden, haben klangvolle Namen und gut gestaltete Webseiten. Sie heißen „Rosenthal & Goldberg Associates“, „Sandford Hale & Co.“, Sternwood Business Services“, „Longfield Merger and Acquisitions Group“ – oder es wird eine US-Regierungsstelle erfunden, die es gar nicht gibt, wie die „United States Regulators and Administration Commission“. Das Schweizer Verbraucherschutz-Magazin „K-Tipp“ hat all diese Firmen auf ihre Warnliste gesetzt.

Für Herbert Meier (Name von Redaktion geändert) kommt die Warnung zu spät. Der Schweizer Unternehmer hat nach eigenen Angaben insgesamt rund 300 000 Franken verloren. Der Anfang war auch hier ein Aktienkauf per Telefon, vermittelt von „Kimura Financial“. Meier investierte damals umgerechnet 200 000 Euro in Aktien der „Universal Institute of Stem Cell Treatment.“


Betrüger drohen mit Strafanzeige bei Interpol

Im Jahr 2010 bekommt er einen Anruf von „Sandford Hale“. Das Unternehmen wolle seine Aktien übernehmen. Verkaufserlös: angeblich 307 500 Dollar. „Ich habe sogar einen Anruf eines Mitarbeiters von Sandford Hale auf meiner Mailbox, der mir zu geglückten Operation gratuliert“, erzählt Meier. Zuvor musste Meier aber eine Transaktionsgebühr von 7500 Dollar vorschießen. Monatelang hörte er nichts von seinem Geld. Im Jahr 2011 meldete sich dann „Fairway Associates“ beim entnervten Investor. Die Firma, in die Meier investiert hat, sei pleite. „Fairway Associates“ könne aber sein Geld retten – gegen Vorschuss natürlich. Meier war so verzweifelt, dass er abermals zahlte – 20 000 Euro.

Warum fiel er immer wieder auf die Masche herein? „Ich war blöd“, gibt Meier zu, aber er betont: „Die Gesprächspartner am Telefon traten immer sehr professionell auf, sie hatten auf alle meine Fragen eine schlüssig klingende Antwort.“ Doch auch „Fairway Associates“ ließ bald nichts mehr von sich hören. Dann meldete sich die bereits oben erwähnte „United States Regulators and Administration Commission“ bei ihm. Wieder sollte er zahlen, diesmal Steuern, damit eine Zahlung über 332 500 Dollar freigegeben würde.

Meier macht sich keine Illusionen, dass er sein Geld je wieder sieht. „Ich habe in den USA Strafanzeige erstattet, aber die Behörden teilten mir mit, dass sie nicht genug Kapazitäten hätten, jeder Anzeige nachzugehen.“ Zudem ist nicht einmal sicher, ob die Drahtzieher physisch in den USA sitzen. Das Phänomen ist aber bekannt: Auf ihrer Webseite warnt die US-Börsenaufsicht SEC vor Pseudo-US-Behörden. „Das Auftreten als US Regierungsorganisation ist eines von einigen Merkmalen von Betrug mit Vorschuss-Gebühren“, schreibt die SEC.

„Ich bin davon überzeugt, dass es noch mehr Opfer gibt, viele von Ihnen wollen sich aber nicht wehren, weil ihnen das ganze peinlich ist“, meint Anwalt Fischer. Wollten die Opfer nicht zahlen, würden sie unter Druck gesetzt. „Da wird zum Beispiel mit einer Strafanzeige bei Interpol gedroht“, berichtet er.

„Kimura Financial“ und die „United States Regulators and Administration Kommission“ ließen Anfragen per Mail zu den Betrugsvorwürfen unbeantwortet.

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