Betrugsverdacht im Gesundheitswesen So wehren sich Pfleger, Masseure und Therapeuten

Rund 10.000 Fälle mit falschen Abrechnungen wurden in den vergangenen zwölf Jahren entdeckt - allein von einer Krankenkasse. Experten wittern systematischen Betrug und glauben, dass der Gesamtschaden in Deutschland jährlich 13,5 Milliarden Euro beträgt. Die Krankenkasse KKH-Allianz hat allein 2012 Forderungen von 1,6 Millionen Euro im Zusammenhang mit Abrechnungsbetrug erhoben. Einem Ermittlerteam gelang es dabei, 629 neue Fälle aufzudecken - mehr als im Vorjahr. „Die Zahlen verdeutlichen, dass sich Betrug im Gesundheitswesen leider nicht auf wenige Einzelfälle reduzieren lässt“, sagt Ingo Kailuweit, Vorstandsvorsitzender der KKH. Die Bandbreite der Betrugsfälle reicht dabei von Apothekern, die Rezepte gefälscht haben, über Physiotherapeuten, die nicht erbrachte Behandlungen abgerechnet haben, bis hin zu einer Klinik, die stationäre Aufenthalte abgerechnet hat, die gar nicht stattgefunden haben. Wer am häufigsten ins Visier der Ermittler gerät: die Top 10 - und wie Betroffene auf die Vorwürfe der Krankenkasse reagieren.

Platz 10: MasseureDie Ermittler der Krankenkasse KKH haben die Aktivitäten von Masseuren und medizinischen Badebetrieben zu einer Fallgruppe zusammengefasst. 2011 war dieser Bereich noch nicht so auffällig. 12 Fälle sind ihnen im vergangenen Jahr aufgefallen. Damit landen Masseure und Badebetrieb bei der Krankenkasse mit 1,8 Millionen Versicherten auf Platz 10 der Rangliste, die von der Krankenkasse angelegt wurde. Auf Anfrage merkte der Verband Physikalische Therapie - Vereinigung für die physiotherapeutischen Berufe (VPT) an, die Fallzahl sei relativ gering. Im Gesundheitssystem arbeiteten 2011 insgesamt ca. 212.000 Physiotherapeuten und Masseure und med. Bademeister. Davon gehörten ca. 76.000 Therapeuten der Berufsgruppe der Masseure und med. Bademeister an. Angesichts dieser Zahlen solle man nicht eine ganze Berufsgruppe unter Generalverdacht stellen. Quelle: dpa/dpaweb
Gegenrede der Masseure: "Keine Betrugsabsicht"Bei vielen von der KKH als "Betrug" bezeichneten Vorgängen könnte es sich um reine Abrechnungsprobleme handeln, erklärte der Verband Physikalische Therapie - Vereinigung für die physiotherapeutischen Berufe (VPT). Gemeint seien hier etwa Rezepte, die von einem Arzt unvollständig oder falsch ausgefüllt und dann von einem Therapeuten angenommen und abgearbeitet worden seien. Nicht jede Ermittlung führe zudem zu einem Schuldspruch. Bundesgeschäftsführer Udo Fenner: "Wir schließen ausdrücklich nicht aus, dass es schwarze Schafe unter den Leistungserbringern im Gesundheitswesen gibt. Aber: Vorwürfe müssen bewiesen werden und im konkreten Einzelfall dann auch zu rechtlichen Konsequenzen führen." In diesem Sinne unterstütze der Verband die Forderung der KKH auf klare gesetzliche Vorgaben gegen Korruption im Gesundheitswesen ohne Einschränkung. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Platz 9: ErgotherapeutenIn etwa gleich geblieben ist die Zahl von Betrugsfällen, in die Ergotherapeuten verwickelt sind. 18 Fälle waren es bei der KKH im vergangenen Jahr, 17 im Jahr davor. Ein typischer Fall sei: Es wird eine Einzeltherapie verordnet, durchgeführt werden aber nur Gruppenbehandlungen. Oder: Das behandelnde Personal hat nicht die vorgeschriebene Qualifikation zur Behandlung. Quelle: dpa
Ergotherapeuten klagen über Bürokratische VorgabenDer Deutschen Verband der Ergotherapeuten e.V. (DVE) sieht die Kritik der KKH ganz entspannt, wie die beiden Models in einer Entspannungskabine auf der Fachmesse "Therapie" in Leipzig. Eingeräumt wird zwar, dass es immer wieder mal Abrechnungsprobleme aufgrund von falsch ausgefüllten Verordnungen gebe. Doch es sei kein Fall bekannt, bei dem eine vorsätzliche Abrechnungsmanipulation vorliege oder die Staatsanwaltschaft ermittele. Andererseits wird uns von diversen Krankenkassen in Gesprächen immer wieder bestätigt, dass die ergotherapeutischen Praxen im Abrechnungsgeschehen kaum ernsthafte Probleme bereiteten. Der latente Vorwurf der Manipulation von Abrechnungen, aber auch die immer bürokratischeren Vorgaben mache für die rund 6.500 Ergotherapiepraxen in Deutschland die Abrechnung und sonstige Zusammenarbeit mit den Krankenkassen manchmal zu einer sehr belastenden Angelegenheit. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 8: KrankenhäuserEine Klinik in Niedersachsen habe geriatrische Komplexpauschalen abgerechnet, obwohl seit Juni 2012 kein Geriatrie-Arzt mehr dort beschäftigt gewesen sei, stellte die Krankenkasse KKH fest. Auch davor seien schon entsprechende Leistungen abgerechnet, die nicht vom damals noch angestellten Geriater erbracht wurden. Die Ermittlungen liefen noch. Die KKH stellte im Zusammenhang mit Krankenhäusern 21 Fälle mit falschen Abrechnungen fest. Quelle: dpa
Platz 7: RettungsdiensteSchon 2011 ermittelten die Fahnder der Krankenkasse aus Hannover in 35 Fällen, bei denen es um unzulässige Beförderungen ging. Ein Problem dabei: Es werden Fahrten vorgenommen, ohne dass die dazu eingesetzten Personen über die erforderlichen Personenbeförderungsscheine verfügen. Zudem verfügen die Unternehmer über keine Konzession für die Fahrten. Auch im vergangenen Jahr entdeckte die KKH weitere 31 Fälle. Nach Angaben des Verbandes der Rettungsdienste gab es im Jahre 2012 etwa 315.000 Beförderungen von KKH-Versicherten durch die Rettungsdienste. Damit liege der Anteil der beschriebenen Vorgänge bei Fahrtkosten im unteren Promillebereich.   Quelle: AP
Gegenrede der Rettungsdienste: Fehleranfällige VerordnungDer Deutsche Berufsverband der Rettungsdienst e.V. geht davon aus, dass es sich bei den Fällen der KKH nicht um vorsätzliche Betrugsfälle handelt. Das Problem sei, dass die Verordnung einer Krankenbeförderung zu fehleranfällig sei. So müsse ein Arzt mehrere Angaben auf der Verordnung beachten, die ihm offensichtlich nicht immer schlüssig seien. Bei einem Krankentransport werde immer wieder mal angekreuzt, dass eine medizinisch-fachliche Betreuung nicht notwendig sei. Damit könne ein Krankentransport aber nicht abgerechnet werden. Wenn die Besatzung dies merke und dann das Praxis- oder Krankenhaus-Personal darauf anspreche, werde das Kreuz häufig lediglich ohne Unterschrift geändert. Das komme jedoch einer Urkundenfälschung und anschließendem Abrechnungsbetrug gleich. Der Verband wisse von zahlreichen Fällen, wo Ärzte in den Notaufnahmen nicht erreichbar waren oder sich weigerten, eine Unterschrift zu leisten. Und das obwohl der Notfallpatient mit einem Rettungsmittel befördert wurde. In solchen Fällen könne es schon mal vorkommen, dass einfach ein Pfleger unterschreibt. Auch das wäre eine Unregelmäßigkeit, die eine Krankenkassen nicht tolerieren muss.  Quelle: AP
Platz 6: Orthopädische Hilfsmittel/SanitätshäuserDie Krankenkasse KKH hat im Zusammenhang mit orthopädischen Hilfsmitteln und Sanitätshäusern 31 Fälle entdeckt, die zu monieren waren. Der Bundesinnungsverband Orthopädietechnik bezweifelt, dass es dabei um echte Betrugsfälle im strafrechtlichen Sinn handelt. Häufig handele es sich nicht um betrügerische Abrechnungen, sondern schlicht um Fehler in den Abrechnungsunterlagen, die jedoch in keiner Weise als Betrug dargestellt werden könnten. Von der KKH möchte der Verband daher mehr über die Fälle erfahren. Quelle: dpa
Platz 5: Apotheker41 Fälle der KKH betrafen Apotheken. Ein typischer Fall sei etwa: Zwei Apotheker haben auf den Rezepten ihrer Kunden vor der Abrechnung mit den Krankenkassen die Verordnungsmengen bei hochpreisigen Medikamenten erhöht und rechneten insoweit nicht erbrachte Arzneimittel ab. Der Schaden dürfte beträchtlich sein, könne aber noch nicht beziffert werden, so die KKH. Im Jahr davor hatte die KKH sogar in 65 Fällen ermittelt. Ein Apotheker hatte dabei im großen Umfang Verordnungen von HIV-Präparaten abgerechnet, diese aber nicht an die Patienten abgegeben. Der Schaden für die GKV wurde dabei auf 11 Millionen Euro geschätzt. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 4: ÄrzteDie KKH monierte im vergangenen Jahr 43 Fälle im Zusammenhang mit ärztlichen Leistungen. Viele Ärzte sind offenbar überfordert, wie der Wissenschaftler Kai Bussmann in einer Studie über unzulässige Zusammenarbeit im Gesundheitswesen durch „Zuweisung gegen Entgelt“ feststellte. Im Herbst 2011 waren im Auftrag der Krankenkassen bundesweit 1.141 niedergelassene Ärzte, leitende Angestellte von stationären Einrichtungen sowie nicht-ärztliche Leistungserbringer telefonisch interviewt worden. Die Aussagen der Befragten hätten einen erschreckend großen Mangel an Normkenntnis belegt. Die Selbsteinschätzungen niedergelassener Ärzte, leitender Mitarbeiter stationärer Einrichtungen und nicht-ärztlicher Leistungserbringer zeigten, dass Patientenzuweisungen gegen Entgelt und andere wirtschaftliche Vorteile im deutschen Gesundheitswesen keine Einzelfälle, sondern eine verbreitete Praxis seien. Finanzielle Zuwendungen und Sachleistungen, wie die unentgeltliche Überlassung von Geräten, wurden dabei nach Meinung vieler Befragter als gängige Art der wirtschaftlichen Vorteile gewährt oder entgegengenommen. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 3: ZahnärzteIn 50 Fällen ermittelte die KKH gegen Zahnärzte. So haben zum Beispiel zwei Zahnärzte in einer Praxisgemeinschaft die Versichertenkarten ausgetauscht und für dieselben Patienten doppelt und nicht erbrachte Leistungen abgerechnet. Im Jahr davor lagen die Zahnärzte noch auf Platz 7 mit 24 Fällen. Quelle: ZBSP
Platz 2: PflegerVergleichsweise viele Fälle entdeckt die KKH in der Pflege. Im vergangenen Jahr waren es 84, also deutlich mehr als 2011. Damals hatten sich die Ermittler mit 55 Fällen beschäftigt. Eine Einrichtung für Funktionstraining habe die Leistungen durch nicht qualifiziertes Personal erbracht und dadurch Schäden im hohen fünfstelligen Bereich erbracht. Die Staatsanwaltschaft ermittele noch. Es besteht der Verdacht auf Abrechnung nicht erbrachter Leistungen, den Einsatz nicht ausreichend qualifizierten Personals sowie die Verfälschung von Pflegeberichten. Ein Mitarbeiter des Pflegedienstes schilderte diese Zustände gegenüber den Krankenkassenverbänden. Weiterhin sollen fiktive Personen dort "beschäftigt" werden. Der Hinweisgeber sowie zwei ehemalige Beschäftigte seien bereit, die Vorwürfe zu bezeugen, so die KKH. Der Polizei sei der Pflegedienstleiter schon aus einem früheren Ermittlungsverfahren bekannt. Quelle: dapd
Gegenrede der Pfleger: Schwarze Schafe gibt es überallDer Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe bezweifelt die Statistik der KKH. Es bleibe unklar, ob es sich um 84 Fälle oder 84 Betriebe handele. Selbst wenn man von der Anzahl der Betriebe ausgehe, wären das lediglich 0,69 Prozent der Pflegedienste in Deutschland. Der überwiegende Teil der ambulanten Pflegedienste erbringe qualitativ hochwertige Leistungen und rechne Tätigkeiten vorschriftsmäßig ab. In der ambulanten Pflege sei der Alltag von Pflegefachpersonen durch enge zeitliche Vorgaben und ein hohes Arbeitspensum inklusive hohem Dokumentationsaufwand geprägt. Hierdurch könne es in Einzelfällen bei der Erstellung der Abrechnung zu Fehlern kommen. Ein vorsätzlicher Betrug sollte hieraus jedoch nicht zwangsläufig abgeleitet werden. Natürlich sei jeder Betrugsfall ein Fall zu viel. Schwarze Schafe gebe es in jeder Branche und diese müssten identifiziert und zur Rechenschaft gezogen werden. Die Krankenkasse sollte ihre Versicherten darüber informieren, die Leistungsnachweise vor jeder Unterschrift auf ihre Vollständigkeit hin zu überprüfen und keine „Blanko-Nachweise“ zu unterschreiben, rät der Verband.  Quelle: dpa
Platz 1: KrankengymnastenDie Zahl der Ermittlungen in der Krankengymnastik ist noch einmal hochgeschossen bei der KKH. Nach 146 im Jahr 2011 beschäftigten sich die Ermittler mit 219 Fällen im vergangenen Jahr. Ein besonders krasses Beispiel der KKH: Ein Gesundheitszentrum für Physiotherapie, Rehabilitation und Gesundheitsgymnastik habe Ärzten zehn Prozent des Umsatzes für Verordnungen in bar ausgezahlt. Krankenversichertenkarten seien im Zentrum eingelesen worden, und die Ärzte hätten Verordnungen ausgestellt, ohne die Patienten gesehen zu haben. Abgerechnete Leistungen seien nicht erbracht und Unterschriften gefälscht worden. Hochpreisige Verordnungen wurden den Angaben zufolge vor allem in ein Behandlungszentrum gegeben, in dem die Lebensgefährtin eines Arztes Geschäftsführerin sei. Der Verband für Physiotherapie (ZVK) wies darauf hin, dass 30.000 Praxen mit etwa 120.000 physiotherapeutischen Mitarbeitern gebe. Die Zahl 219 erscheine im Vergleich hierzu gering. Aber jeder Fall sei ein Fall zu viel. Quelle: REUTERS
Gegenrede der Physiotherapeuten: Niemand zahlt ohne Not verbotene ProvisionenDer Verband für Physiotherapie (ZVK) habe schon lange gefordert, die Bakschisch-Regelung für den Hilfsmittelbereich auch auf den Heilmittelbereich auszudehnen. Dies sei zum Glück per 01.01.2012 mit der Einführung des § 128 Abs. 5b SGB V geschehen. "Diese Vorschrift ist eine Schutzvorschrift für unsere Praxen: Sie schützt uns vor Provisionsforderungen von Ärzten." Bei dem Vorwurf der Bakschisch-Gewährung seien die Physiotherapeuten im übrigen nicht Täter, sondern Opfer; denn niemand zahle ohne Not eine gesetzlich mit Recht verbotene Provision. Ein Schaden bei den Patienten und der KKH erscheine fraglich, weil die Praxis ja die geschuldete Behandlungsleistung ordnungsgemäß erbracht habe. Aus der Darstellung der Schadensfälle schließt der Verband, dass der wesentliche Teil des Schadens auf wenige Betrugsvorgänge entfalle. Dies würde bedeuten, dass die überwiegende Zahl der auffälligen Physiotherapeuten der Bakschisch-Gruppe zuzurechnen sei. Der Verband wisse nicht, was sich hinter den 219 Fällen mit einer Schadenssumme von 65.000 Euro verberge. Festzustellen sei aber, dass auf die Physiotherapie zwar etwa 40 Prozent der von der KKH gesammelten Fälle entfalle, aber nur vier Prozent des Schadens. Quelle: Presse
Krankenkassen-Chef fordert bessere Regeln"Wir brauchen ohne Wenn und Aber eine rechtliche Grundlage, die die Ermittlungsbehörden in die Lage versetzt, strafrechtlich gegen Ärzte vorzugehen, die Schmiergeldzahlungen, Geschenke oder sonstige Vorteile empfangen", fordert Ingo Kailuweit, der Vorstandsvorsitzende der Krankenkasse KKH. Allein auf das Berufsrecht zu verweisen, greife in diesem Zusammenhang viel zu kurz. Das Ermittlerteam der KKH-Allianz habe seine Arbeit im März 2001 aufgenommen. Damit sei die KKH-Allianz die erste bundesweite Krankenkasse, die sich der Problematik „Betrug im Gesundheitswesen“ angenommen habe. „Leider kommt es längst nicht in allen Fällen zu einer adäquaten Strafverfolgung“, sagt Kailuweit. „Häufig sind die Ermittlungsbehörden personell nicht gut genug ausgestattet, um in einem derart komplexen Themengebiet ihrer Arbeit bestmöglich nachzugehen. Außerdem mangelt es zu oft an Spezialwissen.“ Die Deutschen sollten nicht dulden, "dass es einige schwarze Schafe unter Leistungserbringern und Versicherten gibt, die mit ihrem betrügerischen Verhalten die Gemeinschaft der Versicherten um Millionen, wenn nicht Milliarden von Euro bringen, um sich persönlich zu bereichern." Quelle: dpa
Wissenschaftler: Zuweisungen gegen Entgelt sind keine Einzelfälle. Patientenzuweisungen gegen Entgelt und andere wirtschaftliche Vorteile sind im deutschen Gesundheitswesen keine Einzelfälle, sondern eine verbreitete Praxis. Zu diesem Ergebnis kommt Professor Kai Bussmann von der Juristischen Fakultät an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in einer Studie. „Gehandelt wird vielfach in dem Bewusstsein, dass wirksame Kontrollen und Sanktionen nicht zu befürchten sind“, so Bussmann. Für die Studie über unzulässige Zusammenarbeit im Gesundheitswesen durch „Zuweisung gegen Entgelt“ waren im Herbst 2011 im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes bundesweit 1.141 niedergelassene Ärzte, leitende Angestellte von stationären Einrichtungen sowie nicht-ärztliche Leistungserbringer telefonisch interviewt worden.
Initiative gegen Geschenke an ÄrzteDie bisherigen Möglichkeiten des Berufsrechtes reichen nach Ansicht von Thomas Lindner aus dem Vorstand von MEZIS e.V., der Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte, nicht aus: „Das Berufsrecht ist ein stumpfes Schwert. Es gibt dort nach wie vor zu viele Möglichkeiten, die es der Pharmaindustrie weiterhin erlauben, unangemessen Einfluss auf die Verordnungen von Ärzten zu nehmen.“ Im Juni 2012 hatte der Bundesgerichtshof überraschend beschlossen, dass Korruption von niedergelassenen Ärzten nach geltender Gesetzeslage nicht strafbar ist, da sie keine Bevollmächtigte der Krankenkassen sind. Die Initiative MEZIS (Mein Essen zahl ich selbst) moniert: Das Verordnungsverhalten von Ärzten werde durch viele Dinge wirksam beeinflusst. Einige Beispiele dafür: Geschenke, Bewirtung, Übernahme von Reise- und Übernachtungskosten zu Fortbildungen oder sogar die Einbindung in Marketingmaßnahmen der Industrie als Studienleiter. Millionenfach würden Medikamente verordnet, die keinen therapeutischen Zusatznutzen hätten, nicht sicherer, manchmal sogar risikoreicher, aber immer deutlich teurer als die bewährten Präparate seien.
Antikorruptionskämpferin: "Nur die Spitze des Eisbergs." „Die Zahlen der KKH-Allianz sind nur die Spitze des Eisberges“, glaubt Anke Martiny, Vorstandsmitglied der Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V. „Neben den klassischen Betrugsdelikten führt immer wieder die unzulässige Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern dazu, dass im Gesundheitssystem ein hoher volkswirtschaftlicher Schaden entsteht. Hier stehen bei der Verfolgung auch die Organisationen der ärztlichen und pharmazeutischen Selbstverwaltung in der Pflicht.“ Transparency International Deutschland folgt in seiner Einschätzung des Gesamtschadens der Analyse des European Healthcare Fraud and Corruption Networks EHFCN, das von einer Summe von 13,5 Milliarden Euro jährlich für Deutschland ausgeht. Quelle: Presse
Diese Bilder teilen:
  • Teilen per:
  • Teilen per:
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%