BHG-Urteil Wohnungskündigung aus wirtschaftlichen Gründen nicht pauschal gültig

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat strenge Anforderungen für eine Wohnungskündigung aus wirtschaftlichen Gründen aufgestellt. „Das ist kein Selbstläufer“, sagte die Vorsitzende Richterin Karin Milger bei der Urteilsverkündung am Mittwoch in Karlsruhe.

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BGH Quelle: dpa

Eine Wohnungskündigung aus wirtschaftlichen Interessen muss aus Sicht der Bundesgerichtshof (BGH) sorgfältig begründet werden. „Das ist kein Selbstläufer“, sagte die Vorsitzende Richterin Karin Milger bei der Urteilsverkündung am Mittwoch in Karlsruhe. Eine Kündigung sei nur zulässig, wenn dem Eigentümer andernfalls ein erheblicher Nachteil entstünde und diesen dürfe er „nicht nur pauschal, plakativ benennen“.

Es ging dabei um einen Fall aus St. Blasien. Ein Investor hatte dort ein Wohnhaus gekauft und den Mietern gekündigt. Er begründete dies damit, das Gebäude abreißen zu wollen, um ein Modegeschäft einer Schwestergesellschaft im Nachbarhaus - das auch ihm gehört - zu vergrößern. Durch die langfristige Verpachtung an den Laden sei ein deutlich höherer Mietertrag zu erwirtschaften.

Anders als Mieter können Vermieter nicht ohne weiteres kündigen. Sie brauchen dafür ein „berechtigtes Interesse“. Eigenbedarf und die angemessene wirtschaftliche Verwertung einer Immobilie sind solche Interessen. 2012 hatte der BGH etwa eine Kündigung für zulässig erklärt, die ein Mann damit begründet hatte, dass seine Ehefrau die Wohnung für ihre Anwaltskanzlei nutzen wollte.

Was Mieter auf ihrem Balkon dürfen – und was nicht
SonnenmarkiseMieter einer Wohnung mit Balkon dürfen diesen zwar grundsätzlich so nutzen, wie sie wollen, denn er ist Teil der Mietsache. „Diese Freiheit hat allerdings dort Grenzen, wo sie die Rechte der Nachbarn oder des Vermieters einschränkt”, weiß Michaela Rassat, Juristin des Rechtsschutzversicherers D.A.S. Doch gerade im Hochsommer verwandelt sich so mancher Balkon in eine Sauna. „Selbstverständlich können Mieter dann Sonnenschirme aufstellen”, so Michaela Rassat und ergänzt: „Doch bereits eine fest installierte Sonnenmarkise benötigt die Zustimmung des Vermieters.” Quelle: ERGO Group Quelle: dpa
UmbautenSollte es bei der Gestaltung des Balkons an die Bausubstanz des Hauses gehen, braucht man die Zustimmung des Vermieters. Dies ist beispielsweise bei einer festinstallierten Markise, einem verankerten Sonnensegel oder einer Balkonverglasung notwendig. Darüber hinaus sollten Mieter darauf achten, dass sie nicht mit allzu bunten oder auffälligen Balkonverkleidungen das äußere Erscheinungsbild des Hauses stören. Quelle: dpa
DekorationViele Mieter legen Wert auf Privatsphäre. Allerdings sollten die Sichtschutz-Verkleidungen nicht höher sein als die Balkonbrüstung. Denn gegen Dekorationen, die das Erscheinungsbild der Fassade stören, könnte der Vermieter vorgehen. Deswegen rät die Juristin: „Zuerst das Gespräch mit dem Vermieter suchen.” Quelle: dpa
GrillpartyZum Sommer holen die Deutschen ihre Grills aus dem Keller. Manche Nachbarn genießen die Sonne allerdings lieber ohne Kohle- und Fleischgerüche. „Bevor ein Mieter auf seinem Balkon die Grillkohle auspackt, sollte er einen Blick in den Mietvertrag und in die Hausordnung werfen”, rät die Juristin. Sollte man als Mieter mit dem Grillen gegen den Mietvertrag verstoßen, kann eine Abmahnung und nach weiteren Grillabenden sogar eine Kündigung drohen. Quelle: dpa
GrillpartySollte es kein konkretes Grillverbot geben, dann darf der Mieter zunächst grillen wie er mag. Um mit seinen Nachbarn jedoch auch weiterhin gut auszukommen, sollte man keinen Holzkohlegrill, sondern einen Gas- oder Elektrogrill verwenden. „Auf die Frage, wie oft ein Mieter grillen darf, gibt es keine eindeutige Antwort”, erklärt die Expertin. Hier entscheiden die Gerichte sehr unterschiedlich, von jährlich nur viermal bis jeweils 24 Uhr, bis hin zu jährlich 25-mal, für jeweils zwei Stunden und bis maximal 21 Uhr. Quelle: dpa
NachtruheSo oder so sollten grillfreudige Balkonbenutzer nicht vergessen: Ab 22 Uhr beginnt die Nachtruhe – die Grill-Gesellschaft sollte sich dann in die Wohnung zurückziehen und Fenster und Balkontür geschlossen halten. Kleiner Tipp: Einfach bei den Nachbarn die Party vorher ankündigen, dann kann man abschätzen, ob es bereits bei der letzten Sommerparty bis in die Nacht hinein zu laut auf dem Balkon war. Noch einfacher: Den Nachbarn direkt einladen, dann kann er sich „nur“ über schwarze Würstchen oder schlechte Musik beschweren. Quelle: dpa
BepflanzungBlumen, Kräuter oder Kletterpflanzen: Manche haben vielleicht eher einen grünen Daumen und züchten auf dem Balkon eine wahre Pflanzenpracht heran. Hierbei sollte man beachten, dass Blumenkästen und -töpfe so befestigt sind, dass sie bei starkem Wind nicht herabstürzen. Ein paar herabfallende trockene Blätter oder ein wenig Gießwasser müssen die Nachbarn akzeptieren. Nimmt die Pflanzenpracht allerdings überhand, kann der Vermieter deren Rückschnitt verlangen. Quelle: dpa

In diesem Jahr haben die Karlsruher Richter aus Sicht des Deutschen Mieterbunds „eher restriktive Auslegungshinweise“ gegeben. Im März entschieden sie etwa, dass Vermieter nicht kündigen dürfen, nur um in der Wohnung ein Aktenlager einzurichten.

Auf dieser Linie liegt nun auch das aktuelle Urteil. Die Vorinstanz hatte an der Kündigung noch nichts auszusetzen. Für das Modehaus sei die Erweiterung nämlich eine Existenzfrage. Auch der BGH sah darin zwar durchaus „vernünftige Erwägungen“. Er kritisierte aber, dass das Landgericht „tatsächliche Umstände, die eine solche Beurteilung tragen, nicht ansatzweise festgestellt“ habe.

Hinzu kam, dass die Inhaberin des Modegeschäfts nicht identisch ist mit der Vermieterin. Die Unternehmen haben nur dieselbe Geschäftsführerin, die zudem jeweils als Gesellschafterin beteiligt ist. Nach dem Gesetz müsse es bei einer Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen aber um Nachteile des Vermieters selbst gehen, so der BGH. „Die persönliche und wirtschaftliche Verflechtung der Gesellschaften“ ändere hieran nichts.

Der Rechtsstreit wird nun weitergehen. Der Investor hatte die Kündigung nämlich noch auf andere Gründe gestützt, die das Landgericht nun prüfen muss. Die Mieter sind derweil längst ausgezogen und das Haus ist abgerissen.

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