Briefkastenfirmen Ein Strohmann kann teuer werden

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Schließfächer auf den Jungferninseln Quelle: Getty Images/Paris Match/Vincent Capman

Viele Staaten kämpfen gegen Schwarzgeldanleger und Inhaber von Briefkastenfirmen – mit neuen Meldevorschriften, strengeren Sanktionen und verschärften Vorgaben für Selbstanzeigen. Im September startete eine neue Phase: 49 Länder, darunter Luxemburg und die Cayman Islands, haben Detailinformationen über Kapitalerträge von Ausländern an deren Finanzbehörden geschickt – auch nach Deutschland. Dies ist Teil des automatischen Informationsaustauschs (AIA), bei dem 2018 weitere 53 Länder mitmachen.

Experten fürchten aber, dass die großen Fische andere Wege finden. So lässt sich die neue Transparenz nicht nur mit Zweitpässen aushebeln, sondern auch dadurch, dass als Konto- oder Depotinhaber eine Briefkastenfirma fungiert. Hintermänner bleiben anonym, wenn sie einen Treuhänder als offiziellen Firmeneigentümer benennen – etwa einen Anwalt, der sich im Zweifel auf seine Schweigepflicht berufen kann.

Um auch dies zu erschweren, hat die EU parallel zum AIA die 4. Anti-Geldwäsche-Richtlinie auf den Weg gebracht. Das Regelwerk, das Ende Juni in Kraft getreten ist, stellt unter anderem klar, dass künftig stets die wahren Eigentümer im Firmenregister stehen müssen – und nicht nur offizielle Vertreter. Unternehmen mussten deshalb bis zum 1. Oktober die Namen, Adressen und Geburtsdaten der wirtschaftlich Berechtigten an das neue Transparenzregister melden – es sei denn, die Angaben stehen schon im klassischen Handelsregister, das weiter besteht. Bei Verstößen drohen bis zu 100.000 Euro Buße; bei Wiederholungstätern bis zu eine Million.

Der Haken: Hinterzieher nutzen gern Firmenvehikel außerhalb der EU, und dort bleiben Strohmänner vielfach unentdeckt. Die Bundesregierung setzt deshalb auch auf Abschreckung: Infolge des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes drohen seit Ende Juni härtere Strafen, wenn Einnahmen über Gesellschaften aus Drittstaaten verschleiert fließen – also über Firmen, die nicht in der EU oder den EFTA-Staaten Schweiz, Liechtenstein, Island und Norwegen angesiedelt sind. „Das gilt nun als besonders schwerer Fall von Hinterziehung – und zwar unabhängig vom Betrag und einer formalen Beteiligung“, warnt der Düsseldorfer Steuerstrafrechtler Thorsten Franke-Roericht. Wer hier Einnahmen versteckt, dem drohen im schlimmsten Fall zehn Jahre Haft. In besonders schweren Fällen verdoppelt sich zudem die reguläre strafrechtliche Verjährungsfrist; für das Strafmaß sind jetzt die hinterzogenen Steuern der letzten zehn Jahre relevant statt wie vorher die aus fünf Jahren.

Von 2018 an wird es für Betroffene noch enger, weil neben den strafrechtlichen auch strengere steuerliche Verjährungsfristen greifen. „Das macht Selbstanzeigen deutlich komplexer und teurer“, warnt Marcus Hornig, Leiter Private Clients bei der Beratungsgesellschaft WTS in Düsseldorf. Hinterzieher, die Firmen in Drittstaaten offenbaren, müssen deshalb künftig nicht zehn Jahre, sondern bis zu 23 Jahre nachversteuern. Teils scheitert die Selbstanzeige dann sogar, denn für so lange Zeiträume liegen oft keine Bankunterlagen mehr vor.

Hinzu kommt: Ein freiwilliges Outing führt nicht zur Straffreiheit; Hinterzieher müssen neben Nachzahlung und Hinterziehungszinsen einen Strafzuschlag von 10 bis 20 Prozent zahlen. Hornig: „Damit dürften Selbstanzeigen vielfach unbezahlbar sein.“

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