Cum-Ex-Geschäfte Landesbanken nutzen Gesetzeslücke für dubiose Aktiendeals

Nicht nur schwerreiche Anleger, sondern auch Landesbanken haben den Staat mit dubiosen Aktiendeals systematisch ausgenommen. Das gehört sich nicht. Trotzdem müssen Richter entscheiden, ob die Geschäfte illegal waren.

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huGO-BildID: 22913316 A trader checks monitors at a bank, in Milan, Italy, Monday, Aug. 8, 2011. A risky European Central Bank decision to fight the continent's debt crisis by buying Spanish and Italian bonds on Monday started pushing down the soaring interest rates threatening those countries with financial disaster. But some analysts cautioned that buying up the bonds of deeply indebted governments transfers significant risk to the balance sheet of an institution long reluctant to move beyond its traditional role controlling inflation. (Foto:Antonio Calanni/AP/dapd) Quelle: dapd

Eigentlich ist es ein Geheimnis, doch ab und zu kommen die schrägen Tricks ans Licht, mit denen die feine Gesellschaft mitunter ihr Geld vermehrt. Ein Beispiel dafür sind die unter dem Schlagwort Dividendenstripping oder Cum-Ex-Geschäfte bekannt gewordenen Aktiendeals zu Lasten der deutschen Staatskasse. Schwerreiche Anleger haben jahrelang mit Hilfe großer Banken versucht, ihre Taschen mit Erstattungen für die Kapitalertragsteuer auf Dividenden voll zu machen, ohne die Steuerschuld abzuführen.

In einem dieser Fälle startet heute die Verhandlung vor dem Bundesfinanzhof in München. Von dem Urteil erwarten sich Finanzämter, Banken und Steuerpflichtige Antworten für viele andere Streitfälle zum Thema Dividendenstripping. Heute geht es um den Streit einer Hamburger Investmentfirma mit dem Fiskus. Das Finanzgericht der Hansestadt hatte in der Vorinstanz schon zu Gunsten des Investors entschieden. „Es sieht nicht so gut aus für die Steuerbehörden“, sagt ein Verfahrensbeteiligter.

Schneller schlau: Cum-ex-Geschäfte

Darüber kann der juristische Laie nur ungläubig den Kopf schütteln. Denn auf den ersten Blick scheint der Fall klar: Die Deals gehören verboten, seine Initiatoren und Nutznießer bestraft. Doch so einfach ist es im Rechtsstaat nicht. Wenn der Gesetzgeber Lücken lässt, etwa im Steuerrecht, nutzten findige Bürger diese früher oder später aus. Das ist unsittlich und schadet der Gesellschaft, aber illegal ist es nicht. So sieht es auch bei den Tricksereien mit der Kapitalertragsteuer aus. Das komplexe deutsche Steuerrecht hat der für den Fiskus teuren Praxis jahrelang nicht eindeutig genug den Riegel vorgeschoben. Und so floss – oft über große Banken – viel Kapital in Aktientransaktionen, deren einziger Zweck darin bestand, die Gesetzeslücke zu Geld zu machen.

Für den normalen wohlhabenden Bankkunden waren die Geschäfte nichts, es brauchte schon schwerreiche Investoren, um ein Rad zu drehen, das groß genug war, damit sich der Aufwand lohnte. Das funktionierte grob vereinfacht dargestellt wie folgt: Banken und Broker handelten vor und nach dem Ausschüttungstermin von Dividenden deutsche Aktien hin und her. Ihr Ziel war, sich Kapitalertragsteuer auf die Dividende vom Finanzamt erstatten zu lassen, ohne diese zuvor abgeführt zu haben. Mit geschickt getimten Handelsaktivitäten sorgten die Banken dafür, dass die Finanzämter den Überblick verloren und mehr Steuern erstatteten als sie eingenommen hatten. Dabei wurde teils auch mit Leerverkäufen gearbeitet, bei denen die Aktien für die Deals nur geliehen waren. Das macht die Angelegenheit noch schwerer durchschaubar, weil unklar ist, wem die Papiere gehören. Der Schaden könnte insgesamt in die Milliarden gehen. Erst Anfang 2012 hat der Gesetzgeber diese rund zehn Jahre lang klaffende Gesetzeslücke geschlossen.

Mit von der Partie waren etwa Carsten Maschmeyer, der prominente Gründer des Finanzvermittlers AWD, seine Lebensgefährtin, die Schauspielerin Veronica Ferres, und Maschmeyers Kumpel, der HSV-Trainer Mirko Slomka. Der Fleischfabrikant und Fußball-Funktionär Clemens Tönnies soll sich ebenfalls an den Zockereien versucht haben. Aufsehen erregte auch der Fall des mittlerweile verstorbenen hessischen Großinvestors Rafael Roth, dem das Finanzamt Wiesbaden 2011 die Anrechnung von Kapitalertragsteuer in Millionenhöhe versagte. Die Behörde warf Roth und seiner Firma Rajon planmäßigen Missbrauch vor.

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