Dividenden-Stripping Schäuble knöpft sich Milliarden-Trickser vor

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Irres Risiko

Auf Länderebene nimmt insbesondere der baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid den Kampf gegen die Dividenden Stripper auf. „Das Ziel ist klar“, sagt Schmid der WirtschaftsWoche: „Künstliche Steuergestaltungen durch das sog. Dividenden-Stripping sind nicht tolerierbar.“ Sein Ministerium hegt „erhebliche Zweifel an der steuerlichen Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens, denn letztendlich wird die Gestaltung nur deshalb gewählt, um Steuern zu vermeiden. Nach § 42 Abgabenordnung kann durch einen solchen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten das Steuergesetz nicht umgangen werden.“ Baden-Württemberg will sich bei gesetzgeberischen Maßnahmen im Kampf gegen die Steuertrickser mit den anderen Ländern abstimmen.

Wenn die Finanzverwaltung den Kampf gegen die Dividenden Stripper ernsthaft aufnimmt, geht es um mehrere Milliarden Euro Steuernachzahlungen und hohe Geldstrafen. Betroffen davon wären aber nicht die ausländischen Staats-, Hedge-, Investmentfonds und anderen Großanleger. Der aktiven Steuerhinterziehung machen sich vielmehr diejenigen schuldig, die sich die Kapitalertragsteuer haben erstatten bzw. davon freistellen lassen. Das sind vor allem deutsche Banken und Investmentgesellschaften. Sie müssen nun mit Steuerstrafprozessen und  milliardenschweren Zahlungen rechnen. In schweren Fällen – wenn es z.B. um bandenmäßige Steuerhinterziehung geht - sieht das Gesetz sogar Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren vor.

Damit gehen die beteiligten Finanzinstitute ein irres Risiko ein: Denn bei den ganzen Gestaltungsgeschäften verdienen die Deutschen nur eine Prämie – die ausländischen Anleger profitieren am meisten, weil sie keine Kapitalertragsteuer zahlen müssen. Auf der anderen Seite tragen die deutschen Finanzinstitute das 100-prozentige Risiko für Steuerrückforderungen und Geldstrafen. Ein Beispiel: Bei einer Dividende von 10 Euro wären 2,50 Euro Kapitalertragsteuer fällig. Durch entsprechende Gestaltung wird die Steuer nicht gezahlt, der ausländische Anleger kassiert davon 2 Euro, der deutsche Geschäftspartner 50 Cent. Diesen 50 Cent steht bei der deutschen Bank oder Investmentgesellschaft ein Risiko von 2,50 Euro Steuernachzahlung (plus Strafe) gegenüber, wenn der Deal als Steuermissbrauch im Sinne von § 42 AO eingestuft wird.

Das lässt nun viele Beteiligte zittern. Nach WirtschaftsWoche-Informationen prüfen bereits einige Banken, ob sie da in illegale Steuergestaltungen involviert sind. Das dient auch dem Selbstschutz der Vorstände. Denn nach den Compliance-Regeln sind sie verpflichtet, möglichen Unregelmäßigkeiten und Gesetzesverstößen ihres Unternehmens bzw. von Mitarbeitern nachzugehen und diese gegebenenfalls auch anzuzeigen. Ansonsten machen sich die Vorstände persönlich strafbar.

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