Nachdem sich die Politik bislang nicht auf neue Regeln für die Erbschaftsteuer einigen konnte, macht das Verfassungsgericht jetzt Druck. Schafft es die Politik nicht, bis Ende September einen endgültigen Kompromiss zu finden, könnten die Regeln insgesamt auf dem Prüfstand stehen.
Dabei dreht sich der Streit eigentlich nur um die Verschonungsregeln für Unternehmenserben. Vor allem der CSU gehen die nach jahrelangen Verhandlungen als Kompromiss gefundenen Verschonungsregeln nicht weit genug, Teile von SPD, Gründen und der Linken halten sie hingegen für übertrieben großzügig.
Schon machen ganz neue Vorschläge die Runde. Ifo-Präsident Clemens Fuest zum Beispiel hat eine Erbschaftsteuer von acht Prozent auf alles vorgeschlagen. Nur die persönlichen Freibeträge sollten dabei erhalten bleiben: „Das wäre die einfachste und gerechteste Lösung.“
Es ist aber mehr als unwahrscheinlich, dass solche weitreichenden Reformideen wirklich umgesetzt werden. Anleger sollten sich darauf einstellen, dass die für private Vermögensüberträge geltenden Regeln vom Grundsatz her auch in Zukunft gelten werden.
Die gute Nachricht: Wer diese Regeln kennt, hat durchaus Spielraum das Vermögen so an die nächste Generation zu übertragen, dass möglichst viel davon übrig bleibt. Das hat nichts mit Steuerhinterziehung oder fragwürdigen Steuertricks zu tun. Auch absolut steuerehrliche Menschen sollten dem Fiskus nicht aus Unwissenheit Geld schenken.
Immobilien halten Erbschaftsteuer gering
Am häufigsten werden Immobilien genutzt, um die Erbschaftsteuer gering zu halten. Den größten Vorteil bietet das sogenannte Familienheim, das unabhängig vom Wert oft komplett steuerfrei übertragen werden kann. Damit eine vererbte Immobilie als Familienheim anerkannt wird, muss der Verstorbene jedoch dort selbst gewohnt haben. Erben müssen dort binnen sechs Monaten einziehen und dann wenigstens zehn Jahre lang in der Immobilie wohnen.
Nur wenige Auszugsgründe, etwa eine Pflegebedürftigkeit, akzeptiert das Finanzamt ohne an der Steuerfreiheit zu rütteln. Sollen Kinder ein Familienheim erben, greift noch eine Besonderheit: Maximal 200 Quadratmeter Wohnfläche sind hier steuerbefreit. Hat die vererbte Immobilie mehr Wohnfläche, wird ihr Wert nur anteilig von der Erbschaftsteuer freigestellt.
Doch auch wenn eine Immobilie nicht als Familienheim taugt, etwa weil die späteren Erben anderswo arbeiten und wohnen und daher nicht einziehen können, gibt es steuerlichen Spielraum. Ein häufig genutztes Modell ist Nießbrauch. Dabei übertragen Eltern eine Immobilie an Kinder, behalten aber das Nutzungsrecht. Sie dürfen in der Immobilie wohnen oder diese vermieten. Dieses Modell bietet zwei Vorteile:
1. Der Nießbrauch wirkt wertmindernd, sodass Beschenkte seltener Schenkungsteuer zahlen müssen. Zur Erinnerung: Bei Schenkung- und Erbschaftsteuer greifen die gleichen Regeln.
2. Vergehen bis zum Tod des Schenkers über zehn Jahre, können Beschenkte später als Erben erneut die Freibeträge voll ausschöpfen, da ihnen diese alle zehn Jahre zustehen.
Doch nicht nur bei Immobilien bringt das Modell Steuervorteile. So können auch andere Geldanlagen mit Nießbrauch übertragen werden: Ein Elternteil schenkt Vermögen noch zu Lebzeiten einem Kind. Es sichert sich selbst dabei Nießbrauch an Zinsen und Dividenden.
Wie Sie die Schenkungsteuer umgehen
Interessant ist das bei großen Vermögen oder beim Übertrag an entfernte Verwandte. Denn während Kindern 400.000 Euro Steuerfreibetrag zustehen, sind es bei Neffen und Nichten nur 20.000 Euro (siehe Tabellen). Sind die Freibeträge überschritten, fällt Steuer an.
Der Steuersatz hängt ebenfalls vom Verwandtschaftsgrad ab. Während er bei Ehegatten oder Kindern selbst bei sehr hohen steuerpflichtigen Vermögen maximal 30 Prozent beträgt, fallen bei entfernteren Verwandten sofort 30 Prozent Steuer an, bei höheren Summen gar 50 Prozent.
Angehörige können je nach Verwandtschaftsgrad mehr oder weniger hohe Beträge steuerfrei geschenkt bekommen oder erben:
Steuerklasse | Verwandtschaft | Freibetrag (in Euro) |
I | Ehegatte, eingetragener Lebenspartner | 500 000 |
| Kinder und Stiefkinder | 400 000 |
| Enkel und Urenkel | 200 000 |
| Eltern und Großeltern (bei Vermächtnis und Erbe) | 100 000 |
II | Eltern und Großeltern (bei Schenkungen), | 20 000 |
| Geschwister, Nichten und Neffen, | |
| Schwiegerkinder, Schwieger- und Stiefeltern | |
III | sonstige Personen | 20 000 |
Anmerkung: Bei Schenkungen kann der Freibetrag alle zehn Jahre neu ausgeschöpft werden.
Sind die Freibeträge überschritten, gelten aktuell diese Steuersätze (in Prozent):
Erbe und Schenkungen (in Euro, bis zu…) | Steuerklasse* | ||
I | II | III | |
75.000 | 7 | 15 | 30 |
300.000 | 11 | 20 | 30 |
600.000 | 15 | 25 | 30 |
6.000.000 | 19 | 30 | 30 |
13.000.000 | 23 | 35 | 50 |
26.000.000 | 27 | 40 | 50 |
über 26.000.000 | 30 | 43 | 50 |
** je nach Verwandtschaftsgrad, siehe Tabelle oben
Quelle: Erbschaftsteuergesetz
Die Luxemburger Tochter des Schweizer Versicherungskonzerns Bâloise bietet eine spezielle Fondspolice NextGeneration, für den Übertrag von Vermögen an die nächste Generation, an. "Mit dieser ist der Nießbrauch leichter umsetzbar und wirkt sich steuerlich besonders stark aus", sagt Stefan Brähler, Geschäftsführer der Finanzberatung Confidema, die vermögende Kunden berät.
So könnte ein Elternteil ein Vermögen von einer Million Euro einbringen und die Fondspolice verschenken. Per Nießbrauch dürfte das Elternteil weiter über die Anlagestrategie entscheiden und hätte Anspruch auf Zinsen und Dividenden. Der Wert des Nießbrauchs - der bei Berechnung der Steuer wertmindernd wirkt - würde mit 5,5 Prozent pro Jahr angesetzt (maximal ansetzbar ist laut Gesetz jedoch der Wert der Schenkung geteilt durch 18,6 – bei einer Million Euro also 53.763 Euro pro Jahr).
Dieser jährliche Ertrag wird mit einem Vervielfältiger multipliziert: Je jünger der Schenkende, desto höher. Schließlich profitiert er statistisch länger vom Nießbrauch. Bei einem 65-Jährigen beträgt der Vervielfältiger aktuell 11,346. Das Bundesfinanzministerium veröffentlicht regelmäßig die je nach Geschlecht und Alter ansetzbaren Vervielfältiger (die aktuelle Liste ist hier zu finden.)
Würde ein 65-Jähriger so eine Million Euro an seine Tochter übertragen, müsste diese keine Schenkungsteuer zahlen. Zwar hat sie nur 400.000 Euro Freibetrag. Doch da der Nießbrauch mit 610.000 Euro bewertet würde, blieben steuerlich nur 390.000 Euro als steuerpflichtiger Wert des Geschenks übrig - weniger als der Freibetrag. Wollte der Vater der Tochter das Vermögen direkt, ohne Nießbrauch übertragen, müsste sie 90.000 Euro Schenkungsteuer zahlen (15 Prozent Steuer auf 600.000 Euro nach Abzug des Freibetrags).
Fondspolice zahlt sich aus
Das Modell bietet auch bei laufenden Erträgen Steuervorteile. Verstirbt der Schenkende, könnte die Tochter auf das Fondsvermögen inklusive nicht ausgezahlter Erträge als Todesfallleistung steuerfrei zugreifen.
"Durch den Einsatz der Fondspolice entstehen zwar Zusatzkosten", sagt Brähler. Bei einer Million Euro Einzahlung würden ein Prozent Einmalgebühr sowie Jahr für Jahr 0,5 Prozent Verwaltungskosten fällig sowie bei Einschaltung eines externen Vermögensverwalters geschätzt weitere 0,75 Prozent im Jahr. "Insgesamt überwiegen aber die Vorteile", sagt Brähler. Vergleicht man vererbtes Depot und verschenkte Police samt Nießbrauch, läge der Mehrertrag bei den angesetzten Werten und über 28 Jahre nach Kosten und Steuern bei bis zu 470.000 Euro (siehe Grafik) - statt 1,8 Millionen Euro würden 2,3 Millionen Euro als laufende Auszahlungen und Schlussvermögen fließen.
Ohne Nießbrauch könnten Anleger zumindest die alle zehn Jahre neu zustehenden Freibeträge nutzen, um Vermögen steuerschonend an die nächste Generation zu übertragen. Auch dann können kostengünstige und langlaufende Fondspolicen grundsätzlich Vorteile bieten. Alternativ zum Tarif der Bâloise hat die WirtschaftsWoche bereits einen solchen Tarif (Private Insuring LVL70) des Versicherers Vorsorge Luxemburg vorgestellt.
Wichtig ist, dass Anleger anders als bei Fondspolicen sonst meist üblich, ihr Geld in der Police wirklich flexibel und günstig anlegen können. Sowohl in der Police von Bâloise als auch im Tarif von Vorsorge Luxemburg können Anleger etwa auch in Indexfonds (ETFs) investieren. Kinder oder Enkel könnten geschenktes Geld (bis zum Freibetrag) nun zum Beispiel im Tarif LVL70 anlegen. Die Beschenkten würden als Versicherungsnehmer eingetragen. Der Senior als versicherte Person, bei deren Tod eine Todesfallleistung zusätzlich zum vorhandenen Fondsvermögen gezahlt würde. Die Gesamtkosten von nur etwa ein Prozent pro Jahr blieben dabei ebenfalls überschaubar.
Solange das Geld im Vertrag bleibt, fällt hier auch keine laufende Steuer an. Der besondere Clou ist hier, dass der Vertrag eine besonders lange Versicherungsdauer zulässt: Er kann bis zum Alter von 102 Jahren laufen. Damit ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Versicherte vor Ablauf stirbt. Erfolgt die Auszahlung als Versicherungsfall (weil die versicherte Person verstorben ist), können auch alle im Laufe der Jahre angesammelten Erträge steuerfrei an die beschenkte Person fließen.
„Je früher Senioren die Geldschenkung durchführen, umso massiver sind die daraus entstehenden Steuervorteile im Bereich der Ertragsteuern“, sagt Walter Feil, freier Versicherungsmakler aus dem badischen Bühl. Dieses Modell sei besonders einfach und leicht durchschaubar.
Noch günstiger und auch bei kleineren Vermögen damit interessant sind Nettotarife, die oft von Honorarberatern angeboten werden. Der Versicherer Interrisk bietet mit den Fondspolicen Myindex Satellite zum Beispiel entsprechende Angebote. Hier liegen die laufenden Kosten meist deutlich unter ein Prozent pro Jahr.