Euro Grundinvest Schreckgespenst einer Insolvenz

Die Fonds der Euro Grundinvest befinden sich alle in finanzieller Schieflage, mussten Anleger erfahren. Der vorgeschlagenen Abwicklung stimmten sie jedoch nicht zu. Jetzt gilt es, die Pleite zu verhindern.

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Nur wenige Projekte der Euro Grundinvest wurden fertiggestellt. Quelle: PR

Düsseldorf Es war der Tag der Ernüchterung. Anleger der Euro Grundinvest hatten bis Ende Juli noch gehofft, dass sie eines der solideren Investments aus dem Imperium des schillernden Malte Hartwieg ausgewählt hatten. Doch dann mussten sie auf mehreren Gesellschafterversammlungen in Feising erfahren, dass sie wohl kaum mehr als zehn Prozent ihres Einsatzes wiedersehen. Und selbst dafür sollten sie nach den Vorstellungen des neuen Geschäftsführers Sven Donhuysen einer Abwicklung ihrer Fonds unter seiner Regie zustimmen und auf Klagen bis Ende 2018 verzichten. Davon aber rieten die meisten Anlegeranwälte ab.

Die Folge: Aus dem Abwicklungskonzept wurde erst mal nichts. Mehr als zwei Wochen nach den Treffen meldete die Euro Grundinvest: Anlegeranwälte hätten mit den von ihnen vertretenen Stimmen die Versammlungen dominiert und den „planmäßigen Vollzug der Sanierung“ verhindert. Nun dürfte hinter verschlossenen Türen ein zähes Ringen um das Überleben der Fonds und die bestmögliche Quote für die Gesellschafter beginnen. Kommt es zu Insolvenzen, droht sogar die Gefahr, dass jeder einzelne Anleger plötzlich für alles haftet.

Tausende Anleger haben bei der Euro Grundinvest 70 Millionen Euro in Fonds und noch einmal 27 Millionen Euro in Genussrechte investiert. Die Euro Grundinvest ist eine Gründung des gelernten Maurers Malte Hartwieg. Der hatte ein riesiges Firmengeflecht aufgebaut und es über Anlegergeld finanziert. Zu dem Geflecht gehörten die Emissionshäuser Selfmade Capital, New Capital Invest und Panthera. Deren Fonds lockten mit Zinsen von zwölf Prozent und mehr. 60 Prozent von Hartwiegs Firmen sind inzwischen insolvent. Bei der Staatsanwaltschaft sind mehr als hundert Strafanzeigen eingegangen. Der Verdacht: Es könnte sich um ein illegales Schneeballsystem gehandelt haben, in dem alte Anleger mit dem Geld neuer Anleger ausbezahlt werden.

Bei der Euro Grundinvest hatte Hartwieg renditeträchtige Immobilien-Investments vorwiegend in München versprochen. Seit 2014 werden die Fonds der Euro Grundinvest vom Start-up-Investor Sven Donhuysen geführt. Was Donhuysen vorgefunden hat, stellte er den Anlegern auf den Gesellschafterversammlungen so dar: Es wurde sehr viel Geld zwischen den unterschiedlichen Fonds hin- und hergeschoben. Die Projekte kamen teils nicht über die Planung hinaus, bei den anderen entstanden hohe Verluste. Nun ist ein Heer von Anlegeranwälten mit den Fonds befasst.

Donhuysen hatte mit Hilfe der anerkannten Prüfergesellschaft Baker Tilly Roelfs und der Knoll Restructuring Group versucht, das Dickicht der Zahlungsvorgänge aufzuarbeiten und vorgeschlagen, die Fonds in absehbarer Zeit zu liquidieren. Er stellte dabei die Rückzahlung von mindestens zehn Prozent der Investments in Aussicht. Zur Sicherheit sollte auch ein neuer Gesellschaftsmantel für die Fonds geschaffen werden, für den Fall, dass die Klagen gegen die alten Gründungsgesellschaften diese in die Insolvenz treiben. Mit dem Vorschlag hätten Geschäftsführer Donhuysen und sein Team die Objekte der Euro Grundinvest  nahezu unbehelligt verwerten können. Die Klagen der Anwälte wären ins Leere gelaufen. Die Anleger hätten ihm mehr oder weniger blind vertrauen müssen.


Wenig Vertrauen in die Geschäftsführung

Donhuysens Vorschlag eines neues Gesellschaftsmantels sei dabei gar keine schlechte Idee gewesen, ist der Restrukturierungsexperte Nils Andersson-Lindström von der Anwaltskanzlei Schultze & Braun in Bremen überzeugt. Das Handelsblatt hatte ihn um eine juristische Einschätzung gebeten. Denn sollten die Gründungsgesellschaften der Euro Grundinvest pleitegehen, dann fehlte den Fonds auch die Komplementärin, die von Malte Hartwieg gegründete Euro Grundinvest Management GmbH: „Wenn keine Ersatzkomplementärin aufgenommen wird, steigt für die Anleger das Haftungsrisiko“, sagt der Insolvenzexperte.  Die Fonds könnten sich in die Gesellschaftsform einer OHG verwandeln. „Jeder Anleger würde dann über seine Einlage hinaus für alle Verbindlichkeiten des Fonds haften“, so Andersson-Lindström. Die Anleger müssten dann schlechtem Geld noch gutes hinterherwerfen.

Auch Rechtsanwältin Magdalena Nicola von der Kanzlei Mattil in München hätte in dem Sanierungskonzept Vorteile gesehen. Ein Wechsel des Komplementärs sei in diesem Fall keine schlechte Sache, findet sie. Zwar drohe nun „nur“ die Insolvenz der Gründungsgesellschaften, nicht aber die Pleite der Fonds und ihrer Investitionsobjekte selbst. „Insolvenzen an einer Ecke breiten sich erfahrungsgemäß aber rasch auf das ganze Gebilde aus“, fürchtet sie. Sollten die Fonds selbst insolvent gehen, dann muss der Insolvenzverwalter alle Ausschüttungen zurückverlangen. Die Abwicklung der Fonds würde dann wahrscheinlich auch länger dauern.

Die meisten Anlegeranwälte aber lehnten den Vorschlag strikt ab: „Wären die Beschlussanträge angenommen worden, hätte die EGI vollkommen freie Hand gehabt und die Anleger hätten keinerlei Druckmittel mehr“, ist etwa Robert Buchmann von der Kanzlei Rössner überzeugt. „Von einer auch nur zehnprozentigen Zahlung hätte die EGI hinterher wahrscheinlich auch nichts mehr wissen wollen – warum auch?“.

Hartmut Göddecke aus Siegburg moniert, dass der Vorschlag, einen Anlegervertreter als Treuhandkommanditisten zu wählen, abgelehnt worden sei. Dafür hatte sich einer seiner Kollegen, Thorsten Krause von Kap-Rechtsanwälte, angeboten. „Das EGI Management hat von vorneherein versucht, eine unabhängige Kontrollinstanz zu unterbinden“, findet Göddecke. Sven Donhuysen sagt dazu: „Wenn uns der Beschlussvorschlag im Vorfeld rechtzeitig übermittelt worden wäre, hätten wir ihn selbstverständlich zur Abstimmung gestellt.“ Die Einladungen zu den Gesellschafter-Versammlungen waren allerdings erst 17 Tage vorher verschickt worden. Damit hätten neue Tagungsordnungspunkte gar nicht mehr fristgerecht eingereicht werden können, heißt es bei Kap-Rechtsanwälte.

Der Idee eines außenstehenden, allen Anlegern verpflichteten Treuhänders stehe er „durchaus offen“ gegenüber, führt Donhuysen weiter aus. Der vorgeschlagene Anwalt hätte die Kriterien eines „außenstehenden, allen Anlegern verpflichteten Treuhänders“ im übrigen nicht erfüllt. Mehrere Kanzleien hatten sich im Vorfeld auf den Kandidaten Thorsten Krause geeinigt.

Und jetzt? Es würden „Gespräche mit den Anlegeranwälten fortgeführt, um eine mögliche konsensuale Lösung zu erreichen“, heißt es in der Mitteilung der EGI Grundinvest. Bei den Verhandlungen sitzt das Schreckgespenst einer Insolvenz wohl mit im Raum.

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