Finanzamt hautnah Der geheimnisvolle Weg einer Steuererklärung

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Rote Listen gibt es nicht

So können Angestellte Steuern sparen
Lohnsteuer zurückholenNicht jeder gibt eine Steuererklärung ab, obwohl sich Steuerzahler dadurch zu viel einbezahlte Lohnsteuer zurückholen können. Allgemein haben Arbeitnehmer dafür vier Jahre Zeit. Wer also auf Steuerrückzahlungen für 2010 hofft, sollte bis zum 31.12.2014 seine Erklärung abgeben. Allgemein sollten sich Steuerzahler fünf Stichtage merken: Bis zum 28. Februar müssen Versicherungen, Arbeitgeber und Behörden die Arbeitnehmer-Daten elektronisch ans Finanzamt geschickt haben. Ab dem 1. März können Steuerzahler die vorausgefüllte Steuererklärung (VaSt) nutzen (siehe nächstes Bild). Wer keinen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein beauftragt, muss seine Steuererklärung bis zum 31. Mai beim Finanzamt abgeben. Dazu ist jeder Bürger verpflichtet, der mehr als 8.354 Euro im Jahr einnimmt. Wer seine Steuererklärung aber von einem Profi machen lässt, muss seine Erklärung erst zum 31. Dezember abgeben. Und wer regelmäßig hohe monatliche Kosten hat, kann sich bis zum 30. November den passenden Freibetrag beim Finanzamt eintragen lassen. So wird im laufenden Monat weniger Lohnsteuer einbehalten, und das Nettoeinkommen steigt. Quelle: dapd
Vorausgefüllte SteuererklärungDie vorausgefüllte Steuererklärung ist ein kostenloses Serviceangebot der Steuerverwaltungen, dass es den Deutschen leichter machen soll, ihre Einkommensteuererklärungen abzugeben. Für Rentner und Pensionäre soll es ab 2015 automatisch eine vorausgefüllte Steuererklärung geben, prinzipiell erhältlich ist sie aber schon seit Januar 2014. In dieser vorausgefüllte Erklärung stehen vom Arbeitgeber übermittelte Lohnsteuerbescheinigungen bereits drin, genauso wie Mitteilungen über den Bezug von Rentenleistungen, Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen sowie Vorsorgeaufwendungen wie Riester- oder Rürup-Verträge. Alles andere müssen Steuerzahler aber noch selbst eintragen. Quelle: dpa
WerbungskostenPauschal berücksichtigt der Fiskus bei Arbeitnehmern Werbungskosten von 1000 Euro im Jahr. Wer tatsächlich mehr ausgegeben hat, kann sich die Kosten vom Finanzamt zurückholen. Dann müssen sie aber auch belegt werden. Streit gibt es dabei oft um das heimische Arbeitszimmer. Mittlerweile beteiligt sich der Fiskus in Ausnahmefällen an den Kosten. Kosten von maximal 1250 Euro pro Arbeitszimmer dürfen all jene Arbeitnehmer in die Steuererklärung eintragen, denen der Arbeitgeber keinen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt. Vor allem Lehrer, die in der Schule keinen Arbeitsplatz für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts haben, können davon profitieren. Die vollen Kosten dürfen Steuerzahler nur absetzen, wenn ihr Heim-Arbeitszimmer den Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit bildet. Quelle: dpa
Ausbildungskosten der KinderFür Kinder im Alter zwischen 18 und 27 Jahren, die eine Berufsausbildung in einer anderen Stadt machen, können Eltern einen Sonderbedarf bis 924 Euro geltend machen. Dieser Betrag ist um die Bezüge der Kinder zu mindern, soweit diese über 1848 Euro pro Jahr liegen. Außerdem können Eltern Ausgaben für das Erststudium oder die Erstausbildung ihrer Kinder bis zu einer Obergrenze von 4.000 Euro pro Kind absetzen. Nach dem Erststudium können weitere Aufwendungen als Werbungskosten angesetzt werden. Quelle: dpa
Außergewöhnliche BelastungenFür Kuren, aufwändige Zahnbehandlungen und andere Gesundheitsdienstleistungen, die die Krankenkasse nicht übernommen hat, können Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Der verlangt jedoch eine Eigenbeteiligung, die sich nach dem Einkommen und Kinderzahl zwischen einem und sieben Prozent bewegt. Quelle: dapd
Haushaltsnahe DienstleistungenFür Arbeiten rund ums Haus, die gegen Rechnung erledigt werden, können 20 Prozent der Kosten abgesetzt werden. Zu den haushaltsnahen Dienstleistungen gehören neben den Arbeiten einer Reinigungskraft oder eines Gärtners auch Hausmeister, Schornsteinfeger, ein häuslicher Pflegedienst sowie Maler, Maurer, Klempner oder Fliesenleger. Allerdings können keine Materialkosten von der Steuer abgesetzt werden, sondern lediglich Arbeits- und Anfahrtskosten. Quelle: dpa
PendlerpauschaleFür jeden Kilometer zwischen Wohnort und Arbeitsstätte können Arbeitnehmer pauschal einen Abzug von 30 Cent geltend machen – und das für 230 Arbeitstage im Jahr. Allerdings kann nur jeweils eine Fahrt pro Tag angerechnet werden, nicht Hin- und Rückweg. Quelle: dpa

Alle Steuererklärungen kommen nun ins Bürgerbüro im Erdgeschoss des Finanzamts Köln-Süd. Hier können Ratsuchende auch Fragen stellen. Marke ziehen, auf den Aufruf warten - klar, es bleibt ein Amt. Fragen gibt es oft, Arbeitnehmer brüten knapp vier Stunden über der Steuererklärung. An Platz 6 sitzt uns Helena Focht gegenüber, die geduldig und verständnisvoll Fragen zur Steuererklärung beantwortet. "Wo trägt man mal die Beiträge zur Haftpflichtversicherung ein?" Anlage Vorsorgeaufwand, Ziffer 50! Focht kennt die Antwort oder kann sie nachschlagen – im Regal stehen schließlich nicht nur Erdbeeren für die Mittagspause, sondern auch die steuerliche Fachliteratur.

Auch unsere Steuererklärung landet bei Helena Focht. Sie vergleicht Anschrift, Familienstand, Bankkonto mit vorliegenden Daten. Dann landet die Erklärung unter einem großen Stapel. Nun ist Warten angesagt. "Steuerzahler mit absehbaren Nachzahlungen kommen nicht schneller dran", sagt sie. Um dem Fiskus so schneller Geld zu verschaffen, müsste die Steuer vorab geschätzt werden. Das wäre viel zu aufwendig.

Fünf Wochen bis sechs Monate dauert es, bis ein Steuerbescheid rausgeht - die Zeit hängt sowohl von der Komplexität des Falls als auch von der Auslastung des Bearbeiters ab. Vorbei sind die Zeiten, als elektronisch eingereichte Steuererklärungen vorrangig bearbeitet wurden. "Dafür sind das mittlerweile zu viele", sagt Helena Focht. Damit es noch mehr werden, sollen Steuerzahler in NRW 2015 zwei Monate mehr Zeit für ihre Erklärung bekommen, wenn sie die elektronisch einreichen und sich bis Ende Mai registriert haben.

Focht im Kölner Finanzamt jagt die Daten unserer Steuererklärung durch eine Prüfberechnung. So wird jeder Fall in eine von drei Risikoklassen gestuft: Erkennt die Prüfberechnung starke Auffälligkeiten, wird im Detail geprüft. Bei einzelnen Auffälligkeiten bekommt der Bearbeiter einen Text mit Fundstellen angezeigt. Er kann diese prüfen und Unterlagen nachfordern. In der untersten Risikoklasse macht Focht aus der Erklärung direkt den Steuerbescheid. Dann sieht sie sich die Angaben nicht mehr im Detail an. Entscheidend für die Einstufung sind sowohl Summen als auch Einkunftsarten. Jedes Jahr werden außerdem Bereiche festgelegt, die intensiv geprüft werden. Für die Story über roten Listen, auf denen negativ aufgefallene Steuerzahler und -berater stehen, hat Finanzamtsleiter Steinhauser nur ein müdes Lächeln übrig. "Gibt es nicht", sagt er. Unsere Erklärung soll genauer geprüft werden. Damit reicht Focht sie an ihre Kollegin Nicole Jakubowsky weiter.

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