Alle Steuererklärungen kommen nun ins Bürgerbüro im Erdgeschoss des Finanzamts Köln-Süd. Hier können Ratsuchende auch Fragen stellen. Marke ziehen, auf den Aufruf warten - klar, es bleibt ein Amt. Fragen gibt es oft, Arbeitnehmer brüten knapp vier Stunden über der Steuererklärung. An Platz 6 sitzt uns Helena Focht gegenüber, die geduldig und verständnisvoll Fragen zur Steuererklärung beantwortet. "Wo trägt man mal die Beiträge zur Haftpflichtversicherung ein?" Anlage Vorsorgeaufwand, Ziffer 50! Focht kennt die Antwort oder kann sie nachschlagen – im Regal stehen schließlich nicht nur Erdbeeren für die Mittagspause, sondern auch die steuerliche Fachliteratur.
Auch unsere Steuererklärung landet bei Helena Focht. Sie vergleicht Anschrift, Familienstand, Bankkonto mit vorliegenden Daten. Dann landet die Erklärung unter einem großen Stapel. Nun ist Warten angesagt. "Steuerzahler mit absehbaren Nachzahlungen kommen nicht schneller dran", sagt sie. Um dem Fiskus so schneller Geld zu verschaffen, müsste die Steuer vorab geschätzt werden. Das wäre viel zu aufwendig.
Fünf Wochen bis sechs Monate dauert es, bis ein Steuerbescheid rausgeht - die Zeit hängt sowohl von der Komplexität des Falls als auch von der Auslastung des Bearbeiters ab. Vorbei sind die Zeiten, als elektronisch eingereichte Steuererklärungen vorrangig bearbeitet wurden. "Dafür sind das mittlerweile zu viele", sagt Helena Focht. Damit es noch mehr werden, sollen Steuerzahler in NRW 2015 zwei Monate mehr Zeit für ihre Erklärung bekommen, wenn sie die elektronisch einreichen und sich bis Ende Mai registriert haben.
Focht im Kölner Finanzamt jagt die Daten unserer Steuererklärung durch eine Prüfberechnung. So wird jeder Fall in eine von drei Risikoklassen gestuft: Erkennt die Prüfberechnung starke Auffälligkeiten, wird im Detail geprüft. Bei einzelnen Auffälligkeiten bekommt der Bearbeiter einen Text mit Fundstellen angezeigt. Er kann diese prüfen und Unterlagen nachfordern. In der untersten Risikoklasse macht Focht aus der Erklärung direkt den Steuerbescheid. Dann sieht sie sich die Angaben nicht mehr im Detail an. Entscheidend für die Einstufung sind sowohl Summen als auch Einkunftsarten. Jedes Jahr werden außerdem Bereiche festgelegt, die intensiv geprüft werden. Für die Story über roten Listen, auf denen negativ aufgefallene Steuerzahler und -berater stehen, hat Finanzamtsleiter Steinhauser nur ein müdes Lächeln übrig. "Gibt es nicht", sagt er. Unsere Erklärung soll genauer geprüft werden. Damit reicht Focht sie an ihre Kollegin Nicole Jakubowsky weiter.