Finanzaufsicht Wenn Pizzadienste zu Banken werden

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Pizzadienst braucht Banklizenz

Der Auf- und Abstieg von Ebay
Jahrelang war Ebay das Sonnenkind des Webs, das Wachstum des Versteigerungsportals scheinbar unaufhaltsam. Doch dann drehte sich das Blatt. Eine Bildergalerie über den Auf- und Abstieg von Ebay. Schon im September 1995 wird Ebay in den USA gegründet. Das Unternehmen hat seinen Sitz in San José und beschäftigt derzeit weltweit etwa 15.000 Mitarbeiter. Auf den deutschen Markt begibt sich das Auktionshaus im Sommer 1999 durch die Übernahme der erst wenig zuvor gegründeten Plattform Alando für 43 Millionen US-Dollar. Quelle: AP
Schon früh investiert Ebay in die weitere Expansion. Im Juli 2002 ist Paypal dran. Das Unternehmen wurde 1999 gegründet - und stellt sich insgesamt als ein gutes Investment heraus. Paypal ist mit 193 Millionen Mitgliedskonten in 190 Nationen der weltweit führende Online-Zahlungsdienstleister. Paypal hat seit 2007 den Status einer Bank. Seitdem wurde Paypal immer mehr in den Kaufprozess integriert, was aufgrund der anfallenden Gebühren bei Händlern für Kritik sorgt. Quelle: AP
Im September 2005 überraschte Ebay mit dem Kauf des Telekommunikationsdienstes Skype. Drei Milliarden US-Dollar machte das Unternehmen dafür locker. Und so recht schlüssig war auch damals schon nicht, wie denn nun ausgerechnet ein Telefondienst und ein Auktionshaus zusammenpassen sollen... Quelle: dpa
… und dennoch: Genau in dieser Zeit erlebt Ebay seine Boomzeit (im Bild: ein Ebay-Shop). Diverse Websites werden aufgekauft, unter anderem das deutsche Online-Autoinserateportal mobile.de. Für den gewerblichen Ebay-Verkäufer werden diverse Angebote geschaffen, unter anderem das – mittlerweile wieder abgeschaffte – Ebay Express. Auch das für die Abwicklung interessante Tool Afterbuy wird übernommen. Es gibt sogar ein Ebay-Magazin…   Quelle: Gabor Ekecs für WirtschaftsWoche
… und auch an die Schulung ist gedacht. Die Ebay-University schult die Verkäufer, an den Volkshochschulen werden Kurse angeboten. 3,2,1-Meins. Die Zeichen stehen gut für das Auktionshaus. Doch… Quelle: AP
...die heile Welt ist vorbei: Nach einem erfolgreichen Jahr 2007 verfinstern sich die Aussichten. Im März 2008 gibt es dann auch einen Stabswechsel. Meg Whitman tritt ab, ihr Nachfolger wird John Donahoe. Im September verkündet das Unternehmen, dass jeder zehnte der 16.000 Mitarbeiter entlassen wird. Auch so murren die Händler: Ebay ändert ständig seine Geschäftsbedingungen. Amazon erhält entsprechend immer mehr Zulauf. Quelle: Reuters
Im April 2009 ist es dann auch soweit: Erstmals muss Ebay vermelden, dass die Umsätze im Weihnachtsgeschäft zurück gegangen sind und Erzkonkurrent Amazon überholt Ebay. Das Auktionshaus verkündet, dass an der deutschen Niederlassung in Dreilinden bei Berlin 400 der 1.000 Mitarbeiter gehen müssen. Der Deutschlandschef Stefan Groß-Selbeck hat zu diesem Zeitpunkt bereits in Richtung des sozialen Netzwerkes Xing abgedankt, seine Kompetenzen waren immer mehr beschnitten worden. Die Zeichen stehen also auf Konsolidierung. Skype gehört schon lange nicht mehr zu den Kernideen des Unternehmens. 65 Prozent des Telefonieanbieters werde für 1,9 Milliarden Dollar an den Finanzinvestor Silver Lake verkauft. 2011 übernimmt Microsoft dann Skype vollständig. Quelle: dpa

Es trifft aber nicht nur die Internetgiganten mit eigenen Bezahlsystemen und eigenen Dienstleistern wie Paypal oder "Bill me later". Auch bei Anbietern, bei denen nun wirklich niemand auf die Idee kommt, sie mit einem Kreditinstitut zu verwechseln, greift das ZAG. So hat letztes Jahr das Landgericht Köln entschieden, dass Unternehmen, die Bestellungen entgegennehmen, diese über Bezahldienste abkassieren und die Bestellung samt Zahlung an Lieferanten weiter geben, eine Erlaubnis gemäß dem Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten brauchen. Hat Unternehmen A eine solche Bankenlizenz, Unternehmen B aber nicht, kann die fehlende Lizenz abgemahnt werden - wegen Wettbewerbsverzerrung (Az. 81 O 91/11, 29.9.2011).

Das Kuriose: Im vorliegenden Fall hatte es sich um einen Pizzadienst gehandelt. Und zwar hatte Pizza.de geklagt, weil die Konkurrenz von Lieferheld zwar Online-Zahlungen angeboten hatte, aber nicht über eine entsprechende Lizenz verfügte. Lieferheld-CEO Fabian Siegel bezeichnete die Klage als einen Beweis für “die innovationsfeindliche Haltung von Pizza.de, das es seit Jahren nicht geschafft hat Onlinezahlung anzubieten – etwas was die Kunden immer fordern.”

Im Zweifelsfall droht Ordnungsgeld

Das sahen die Richter anders: Wer eigene Bezahldienste zur Abwicklung von Geschäften mit Lieferanten oder Zwischenhändlern nutzt, tätigt "gewerbsmäßig Zahlungsdienste". Und diese Geschäftspraktik ist hierzulande nicht selten: Nicht nur Amazon und Ebay bieten Produkte anderer Händler auf der eigenen Homepage an und wickeln die Bestellung und Bezahlung ab. Betroffen sind eben auch Dienste wie Lieferheld. Das bestreitet die BaFin auch gar nicht. Letztlich komme es dann wieder auf den Einzelfall an. "Die BaFin unterrichtet die geprüften Unternehmen über das Ergebnis ihrer Untersuchungen", heißt es seitens der Behörde.

Laut dem Urteil der Kölner Richter benötigen aber zunächst einmal alle Unternehmen, die dieses Geschäftsmodell bedienen, eine Lizenz. "Wird in dem Verfahren von der BaFin durch Verwaltungsakt festgestellt, dass die Tätigkeit der Verfügungsbeklagten nach § 8 Abs. 1 ZAG erlaubnisfrei ist, so kann die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände beantragt werden." Wer also nicht ausdrücklich von der BaFin erlaubnisfrei gesprochen wird, muss im Zweifelsfall mit der einstweiligen Verfügung oder einer Geldstrafe rechnen.

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