Wenn der Bäckermeister morgens um drei an seiner Backstube vorfährt, ist das einzige Geräusch, das er den schlafenden Nachbarn zumutet, ein leises Klacken der Autotür; ansonsten rollt er lautlos heran: Roland Schüren fährt E-Auto, ein Tesla Model S. Auch drei seiner 240 Mitarbeiter kurven stromgetrieben durchs Morgengrauen in und um Düsseldorf, bescheidener, in Kleinwagen von Renault.
Sechs Lieferwagen laufen vollelektrisch, und für die Lehrlinge hat der Biobäcker zwei Twizys angeschafft: Elektroquads, ähnlich Kabinenrollern aus den Fünfzigern. „Nur so kommen die Azubis nachts hier hin; um diese Zeit gibt es weder Bus noch Bahn“, sagt Schüren, „und auf dem Berufsschulparkplatz sind das natürlich Hingucker.“
Noch zählt Schüren, Biobäcker mit BWL-Studium, zur Avantgarde. Nur 0,7 Prozent der deutschen Dienstwagen fahren rein elektrisch. Das dürfte sich ändern. Der US-Autobauer Tesla hat den Vollelektroantrieb alltagstauglich gemacht; die Autos schaffen bis zu 500 Kilometer mit einer Akkuladung. Erschwinglich sind sie für die meisten Käufer nicht: 70.000 bis 150.000 Euro kosten die E-Mobile aus Kalifornien. Aber spätestens mit Erscheinen des bei der Vorstellung am 1. April viel umjubelten Volks-Tesla ab 35.000 Dollar ist klar: Das Elektroauto für den Massenmarkt kommt. 325.000 Bestellungen für das neue Tesla Model 3 gingen in nur einer Woche ein; von Anfang 2018 an soll es in Europa ausgeliefert werden.13362816
Mit welchen Hindernissen Elektroautos kämpfen
Noch sind die reinen E-Autos deutlich teurer als ihre Benzin-Pendants. Ein Beispiel: Der E-Golf von Volkswagen ist ab 35 000 Euro zu haben. Ein Golf mit vergleichbarer Ausstattung kostet nur 24 150 Euro. Doch das könnte sich ändern. Laut Berechnungen des Ingenieurbüros P3 sind Elektrofahrzeuge ab dem Jahr 2018 beim Preis wettbewerbsfähig, wenn nicht sogar im Vorteil. Dabei werden neue Batterien zu Grunde gelegt, die einen höheren Nickelanteil vorweisen.
Die Batterietechnologie, die für den Preis verantwortlich ist, ist auch der Grund für einen weiteren Knackpunkt: Für den E-Golf gibt Volkswagen eine Reichweite zwischen 130 und 190 Kilometern an. Für eine Fahrt in den Urlaub dürfte das kaum reichen, zumal die Zahl der Ladepunkte in Deutschland im Vergleich zu den herkömmlichen Tankstellen noch klein ist. Auch das dürfte sich aber mit der Weiterentwicklung der Batterietechnologie ändern.
Vor allem auf dem Land kann die geringe Reichweite zum Problem werden. Deutschland liegt laut der Nationalen Plattform Elektromobilität mit 4800 Ladepunkten an 2400 Standorten im internationalen Mittelfeld. Nach dem Willen der EU Kommission sollen bis 2020 in Deutschland 150 000 öffentlich zugängliche Ladestationen entstehen. Zum Vergleich: Laut ADAC lag die Zahl der herkömmlichen Tankstellen 2013 bei 14 328.
Smart-Chefin Annette Winkler spricht sich schon lange offen für eine Förderung von E-Autos aus. Das müssen nicht unbedingt finanzielle Anreize sein: Der Bundestag erlaubte jüngst Städten und Gemeinden, kostenlose Parkplätze für E-Autos zu reservieren und ihnen die Nutzung von Busspuren zu erlauben. Ob das ausreicht, zweifelt unter anderem VDA-Präsident Matthias Wissmann an. Er fordert finanzielle Impulse - wie zum Beispiel Sonderabschreibungsregeln für Firmenwagen. In anderen Ländern wie den USA, China oder Frankreich bekommen Käufer Cash vom Staat beim Kauf eines E-Autos.
Nach Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) rollten Ende 2014 knapp 19 000 reine E-Autos auf deutschen Straßen. Die Zahl der sogenannten Plug-In-Hybride, die die Bundesregierung zu den E-Autos zählt und die sowohl an der klassischen Tankstelle als auch an der Steckdose betankt werden, lag bei 108 000. Insgesamt waren 44,4 Millionen Pkw in Deutschland unterwegs. Das Ziel der Bundesregierung von einer Million elektrisch betriebenen E-Autos bis 2020 liegt damit noch in weiter Ferne. An der Auswahl kann es nicht liegen: Im vergangenen Jahr kamen laut Verband der Automobilindustrie (VDA) 17 neue Serienmodelle mit Elektroantrieb auf den Markt. 2015 sollen noch einmal zwölf weitere hinzukommen. Selbst der elektroskeptische Porsche-Chef plant offenbar mit einem E-Auto: Zuletzt schloss Müller nicht mehr aus, dass das bis Ende des Jahrzehnts geplante nächste Porsche-Modell rein elektrisch betrieben wird.
340 bis 500 Kilometer Reichweite zum Preis eines Mittelklasse-Benziners – damit wird Tesla als Dienstwagen praktikabel. Und die anderen Hersteller ziehen nach (siehe Tabelle). Noch vor Tesla will GM sein Massenmodell Chevrolet Bolt/Opel Ampera-e auf den Markt bringen. Auch Daimler, Ford, Nissan und Toyota werden bald erschwingliche, reichweitenstarke E-Autos im Programm haben; BMW will die noch inakzeptable Reichweite seiner Modelle bald verdoppeln. „Bisher haben wir nur eine Handvoll Klienten mit Tesla oder Elektro-BMW als Firmenwagen“, sagt Thomas Kastenmeier, Steuerberater und Anwalt in der Wirtschaftskanzlei Sonntag & Partner in Augsburg, „aber das Interesse an E-Dienstwagen steigt spürbar.“
Mit Akku auf der Überholspur | ||
Was ein Oberklasse-Dienstwagen an Steuern kostet (Angaben in Euro) | ||
Tesla Model S 70 D | Mercedes S 400 matic | |
Brutto-Listenpreis (1) | 94.000 | 96.600 |
Steuerabzug Akku (2016) | 8.500 | – |
jährliche Abschreibung (2) | 14.250 | 16.110 |
Versicherung (3) | 2.030 | 1.980 |
Wartung | 450 | 780 |
Kfz-Steuern | – | 240 |
Kraftstoff/Strom (4) | 1.620 | 3.804 |
steuerliche Gesamtkosten | 18.350 | 22.914 |
geldwerter Vorteil (5) | 5.505 | 6.874 |
Steuerbelastung (6) | 2.780 | 3.471 |
(1) Neupreis inklusive Extras und Mehrwertsteuer; (2) bei Dienstwagen: sechs Jahre linear; (3) Haftpflicht 50 ‧Prozent plus Vollkasko; (4) bei 25 000 Kilometern jährlicher Fahrleistung, Diesel 1,00 Euro/Liter, Stromkosten: 28 Cent/kWh; (5) bei 30 Prozent Privatnutzung laut Fahrtenbuch; (6) bei Spitzensteuersatz (45 Prozent) plus Soli; Quelle: Rödl & Partner, Buhl, Bridging IT, eigene Recherchen |
Steuerlich besonders
Elektroautos als Dienstfahrzeuge werden steuerlich anders behandelt als Benziner oder Diesel.
Wer Interesse am dienstlichen E-Mobil hat, muss für seine Steuererklärung einige Besonderheiten beachten. Zwar sind E-Autos in Deutschland – anders als etwa in Norwegen, China oder den USA, wo bis zu 12.000 Dollar Steuervorteil winken – noch kein Steuersparmodell.
Günstiger im Unterhalt als vergleichbare Benziner und Diesel sind sie aber schon jetzt (siehe Rechnung). Und die Chancen steigen, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) doch noch das Staatssäckel öffnen muss und eine Kaufprämie für Elektroautos abnickt.