Girokonten Number26 antwortet so nicht

Der Gründer der Smartphone-Bank verlangt von Journalisten eine bessere Recherche. Das ist gar nicht so leicht. Ein Interview sollte Klarheit bringen – scheiterte dann aber an den Fragen.

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Er ist Gründer und Chef von Number26. Quelle: PR

Düsseldorf/Frankfurt Die Kündigungswelle bei dem jungen Girokonto-Anbieter Number26 hat hohe Wellen in sozialen Netzwerken geschlagen. Auch das Handelsblatt berichtete darüber – und handelte sich daraufhin auf Twitter einen Rüffel von Gründer Valentin Stalf ein. „Etwas Hintergrundrecherche wäre nicht schlecht, bevor man Artikel veröffentlicht“, monierte er.

Per Twitter fragte das Handelsblatt Stalf nach den konkreten Gründen seiner Verärgerung – und fragte an, ob er zu einem Interview bereit wäre. Schließlich gibt es auch nach der Stellungnahme von Number 26 noch viele offene Fragen.

Number26 hatte die Kündigungen etwa unter anderem damit begründet, dass einige Nutzer besonders häufig Geld abgehoben hätten. Von „im Durchschnitt 15“ Abhebungen im Monat war die Rede. Es gibt aber einige Nutzer, die sagen, sie hätten nur vier oder fünf Mal im Monat Geld abgehoben. Einigen wurde das Konto auch sofort gesperrt und nicht etwa mit einer Frist von zwei Monaten.

Das sind Vorwürfe, über die wir gerne mit Stalf gesprochen hätten. Auch zur Form der Kündigung — die angeblich per Email erfolgten — hätten wir gerne mehr gewusst. Auf die Frage, ob Kündigungen per Email erlaubt sind, geben Juristen unterschiedliche Antworten. In einem Interview hätte der Number26-Chef auf die Kritikpunkte und Vorwürfe eingehen und ausführlich auf Fragen antworten können. Und zunächst sagte Number26 ein Interview auch tatsächlich zu – unter Bedingungen. So wollte das Unternehmen, dass das Handelsblatt ihm einen Fragenkatalog schicke, der dann schriftlich beantwortet werden sollte.

Das ist ein für ein Interview ein unüblicher Vorschlag, der dem Interviewten enorm viel Kontrolle über eine Konversation gibt, während der Interviewer wenig Möglichkeiten hat, auf die Antworten zu reagieren. Das Handelsblatt wollte sich in diesem konkreten Fall dennoch darauf einlassen, falls die Redaktion in einer zweiten Runde noch einmal nachhaken kann. So war es vereinbart.

Das Handelsblatt schickte einen Fragenkatalog. Doch Number26 störte sich an den Fragen. Das Unternehmen sei gerne bereit dem Handelsblatt ein Interview zu geben, „sofern die Fragen objektiv und sachlich formuliert sind“, schrieb die Sprecherin des Unternehmens freundlich. „Möchten Sie uns vor diesem Hintergrund nochmals neue Fragen zusenden?“

Das hat die Redaktion abgelehnt. Wir meinen: Antworten sind Hoheitsgebiet eines Interviewten, Fragen sind Hoheitsgebiet der Interviewer. Daraufhin hat Number26 das Interview abgesagt. Wir dokumentieren an dieser Stelle alle unsere Fragen.


Der Fragenkatalog, den Number26 unbeantwortet ließ

Ihr Unternehmen ist gestartet, um das Girokonto zu revolutionieren. Jetzt haben Sie Hunderten Kunden gekündigt, weil die zu oft Bargeld abgehoben haben. Das ist in der Tat etwas völlig Neues, oder?

In den vergangenen Tagen haben Sie viel Kritik einstecken müssen, weil Sie die Kündigungen zunächst ohne Begründung ausgesprochen hatten. Wir dachten, junge Finanzunternehmen setzen besonders gerne auf Transparenz. Sie nicht?

Die Kunden kritisieren, vorher nicht gewusst zu haben, dass zu viele Abhebungen zu einer Kündigung führen können – und erst recht nicht, wo genau Ihre Schmerzgrenze liegt. Warum haben Sie nicht einfach Gebühren ab – zum Beispiel – der fünften Abhebung im Monat eingeführt?

Sie haben gesagt, zu den Gekündigten zählen Vielnutzer, die im Durchschnitt 15 Mal pro Monat Geld abgehoben haben. Uns sind Fälle bekannt, bei denen Nutzer vielleicht fünf Mal pro Monat Geld abhoben. Ist es exzessiv, wenn man etwa einmal pro Woche Bargeld zieht?

Einigen Kunden wurde das Konto schon vor Ablauf einer Zweimonatsfrist gesperrt. Uns ist ein Fall persönlich bekannt, andere Nutzer haben sich auf Facebook gemeldet, die sagen, sie warten seither darauf, dass Number26 das Geld auszahlt. Wie kann das sein?

Als der Kundenprotest in den sozialen Netzwerken losbrach, nahm Ihre Belegschaft mehr oder weniger geschlossen an einem Firmenlauf in Berlin teil. Ein Vorstandskollege hielt mit einer Fünf-Sterne-Bewertung für das eigene Produkt bei Facebook gegen. War das angemessen?

Wie viele Kunden haben Ihre Kontobeziehung wegen der Meldungen von sich aus gekündigt – ohne Kündigung Ihrerseits?

Ist es korrekt, dass Sie Nutzern per Email die Kündigung ausgesprochen haben? Und wenn ja, ist das rechtlich aus Ihrer Sicht zulässig oder bedarf es nicht viel mehr einer schriftlichen Kündigung?

Die Kündigungen deuten für uns darauf hin, dass Ihr kostenloses Kontomodell nicht völlig zu Ende gedacht scheint. Die Zinsen sind bei null, einträgliche Zusatzprodukte außer einem Dispokredit bieten Sie nicht an. Wie viel Verlust macht Number26?

Wie viel Umsatz haben Sie 2015 gemacht und womit? Wie sieht es 2016 aus?

Kostenlose Girokonten ohne Aussicht auf andere Einnahmen gehören aber der Vergangenheit an. Sie können ja nicht mit den Einlagen der Kunden auf Zinserträge hoffen. Wie ist Ihre Strategie?

Bereits die Einführung von Gebühren für die Bargeld-Einzahlung bei Summen von über 100 Euro hat zu Protesten geführt. Welche Gebühren folgen als nächstes?

Drängen die Investoren Sie darauf, schneller in die schwarzen Zahlen zu kommen? Das ist derzeit ja ein Trend in der Start-up-Szene.

Zu Ihren Investoren gehört der Prominente Silicon-Valley-Investor Peter Thiel. Sie arbeiten aber dem Vernehmen nach sei Monaten daran, 40 Millionen Euro weiteres Kapital einzuwerben. Wie weit sind Sie dabei?

Wie viele Mitarbeiter hat Number26? Haben Sie zuletzt Stellen abgebaut oder müssen Stellen abgebaut werden?

Die Stimmung in der Szene junger Finanztechnologie-Unternehmen droht zu kippen. Auch der Fall Ihrer Kontokündigungen gilt als Beispiel, dass die hehren Ziele oft eben das bleiben – Ziele, die nicht erreicht werden. Haben Sie Selbstzweifel?

Haben Sie der Fintech-Szene mit den Kontokündigungen einen Bärendienst erwiesen? Selbst Start-ups erscheinen jetzt nicht so cool und unmittelbar wie etablierte Geldhäuser.

Die Sparkassen nehmen Sie immerhin ernst und planen ein Konkurrenzprodukt namens Yomo, der Handy-Netzbetreiber O2 kommt auch mit einer Smartphone-Bank. Wird damit Ihre Nische zu klein?

Bislang nutzen Sie eine Banklizenz Ihres Partners Wirecard. Welche Kosten verursacht das angesichts mittlerweile 160.000 Kunden, von denen Sie sprechen?

Wie viele Kunden nutzen die App regelmäßig? Wie viele „active users“ haben Sie und wie definieren Sie diese? Wie teilen sich diese nach Ländern auf?

Was machen die Pläne, eine eigene Banklizenz zu erhalten?

Wie groß ist Ihr Respekt, mit Bankenregulierern in Kontakt zu kommen? Die haben schon andere junge, als modern geltende Banken geschlossen – etwa wegen zu wenig Eigenkapital. An die Noa Bank sei erinnert.

Ist Berlin der richtige Standort für eine Bank? Wäre nicht vielleicht Frankfurt besser? Auch um Mitarbeiter, mit Banken-Know-how leichter anlocken zu können?

Ist der Masterplan, Ihren Kundenstamm und die App bald weiterzuverkaufen?

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