Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Januar wichtige Urteile zu einem im Jargon der Finanzämter als „Goldfinger“ bezeichneten Steuersparmodell gefällt. Einige dieser Urteile sind im April per Pressemitteilung des BFH bekannt geworden.
Zwar handelt es sich um Fälle, die unter einer veralteten Rechtslage spielten, weil der Gesetzgeber das Gestaltungsmodell mittlerweile ausgehebelt und Nachahmern einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Trotzdem enthält das Thema sozialen Sprengstoff, schließlich erklärt Deutschlands oberster Finanzhof damit eine Praxis für legal, die dazu führte, dass besonders reiche Steuerpflichtige ihre Einkommensteuer auf null reduzieren konnten.
Auch wenn solche Gestaltungen jetzt vom obersten deutschen Steuergericht eines der höchsten rechtsstaatlichen Siegel erhalten haben, stellt sich hier die Gerechtigkeitsfrage. Denn das Modell stand in der Praxis nur einigen wenigen zur Verfügung, die sich die Dienste der Crème de la Crème der Steuerberaterzunft leisten konnten. Zudem mussten sie in der Lage sein, die für das Gestaltungsmodell nötigen hohen Summen einzusetzen. Normalverbrauchern stehen solche Maßnahmen nicht zur Verfügung. Es herrscht also keine Waffengleichheit unter den Steuerpflichtigen.
Kein Wunder, dass die Finanzbehörden als berufsmäßige Gegner solcher Konzepte hier das vielsagende Schlagwort „Goldfinger“ prägten. Mit der Referenz an den gefürchteten Filmgegner des Geheimagenten 007 wollten die Steuereintreiber der Masche wohl eine schurkenhafte Aura verleihen. Der Otto-Normal-Steuerzahler dürfte das ähnlich sehen, gehören doch trickreiche Modelle wie dieses nicht zum Repertoire der Lohnsteuerhilfe.
Nach einer Schätzung des Bundesrechnungshofs führte der Goldfinger-Kniff zu Steuerausfällen in dreistelliger Millionenhöhe. Allerdings: „Es handelt sich um eine legale Gestaltung und um keinen Griff in die Staatskasse“, erklärt der Steuerberater Stefan Renger von der Kanzlei Noerr aus Düsseldorf. Damit unterscheide sich Goldfinger deutlich von den unter dem Stichwort Cum-Ex bekannt gewordenen und breit in der Öffentlichkeit diskutieren Transaktionen, bei denen der Fiskus Kapitalertragsteuer erstatten sollte, die zuvor nicht abgeführt worden war.
Steuerprofi Renger ist für die Noerr-Mandanten gegen die Finanzverwaltung bis vor den Bundesfinanzhof gezogen, dessen Richter den Steuerpflichtigen nach Niederlagen in den Vorinstanzen letztlich Recht gegeben haben, siehe Aktenzeichen BFH IV R 50/14. Damit ist die umstrittene Goldfinger-Gestaltung höchstrichterlich akzeptiert – jedenfalls für Altfälle.
Der Gold-Clou mit den Briten
Wie funktionierte ein solches Modell? Vereinfacht dargestellt erlaubte die geschickte Nutzung von englischem und deutschem Recht in Großbritannien sitzenden Personengesellschaften, den Kaufpreis für Gold oder andere Handelswaren sofort als Betriebsausgabe abzuziehen.
Gold wurde für dieses Modell unter anderem wegen seiner im Vergleich zum Wert niedrigen Lagerkosten verwendet und weil sich mit dem seltenen Rohstoff hohe Beträge handeln ließen, ohne den Kurs nennenswert zu beeinflussen. Es soll auch Fälle geben, in denen in andere Rohstoffe wie Holz oder in Logistikcontainer investiert wurde.
Großbritannien war Standort der Wahl, da sich die Rechtsvorschriften aufgrund der englischen Sprache leicht interpretieren ließen und in London eine wichtige Rohstoffbörse sitzt.
Bei den deutschen Gesellschaftern der britischen Personengesellschaften schließlich minderte der Verlust aus der Anschaffung des Goldes die Steuerbelastung für das in Deutschland zu versteuernde Einkommen auf null Prozent.
Wie schmal der Grat ist, auf dem Berater und Steuerpflichtige bei solchen Gestaltungen wandern, zeigt sich an der Tatsache, dass Goldfinger in einem anderen und parallel vom BFH entschiedenen Fall nicht funktionierte, siehe Aktenzeichen BFH I R 3/13. Dort hatte die Gesellschaft im Ausland eine Bilanz aufgestellt, was ihr zum Verhängnis wurde, da der BFH den Abzug der Anschaffungskosten für das Gold als Betriebsausgabe verwehrte. Denn bei kaufmännischer Bilanzierung ist der Anschaffungspreis für das Gold nicht als laufende Ausgabe vom Gewinn abziehbar.
In Steuerberater Rengers erfolgreich abgeschlossenem Fall stand eine Verlustzuweisung in Höhe von 32 Millionen Euro auf dem Spiel. Weil die Steuerpflichtigen die vom Finanzamt geforderte Steuer zu Beginn des Rechtsstreits im Jahr 2011 vorsichtshalber und schlauerweise gezahlt hatten, können sie sich jetzt sogar noch über satte Erstattungszinsen vom Finanzamt in Höhe von sechs Prozent freuen. Abzüglich Abgeltungsteuer, versteht sich.