Grenzkontrollen Wenn Zöllner Jagd auf Uhrenschmuggler machen

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Besser bei der (Steuer-)Wahrheit bleiben

Das Argument der Reisenden, sie hätten die Verzollung vergessen, lassen die Zollbehörden nicht gelten. Nicht einmal bei Regierungsmitgliedern, wie dem ehemaligen Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel, der 2011 einen Teppich in der afghanischen Hauptstadt Kabul erwarb und ihn sich von Mitarbeitern des Bundesnachrichtendienstes in einer Regierungsmaschine und am Zoll vorbei mitbringen ließ. Dennoch ging Niebel straffrei aus und zahlte die Zollgebühr von 200 Euro für den 1400 Euro teuren Teppich freiwillig nach.

Frau wird mit 70.000 Dollar im Magen festgenommen
Geld in KapselnIn der Dominikanischen Republik hat sich eine Frau mit umgerechnet über 55.000 Euro im Magen an Flughafenbeamten vorbeistehlen wollen. Die 40-Jährige sei jedoch festgenommen worden, sagte der Sprecher der nationalen Drogenkontrollbehörde, Dario Medrano, am Freitag. Demnach war das Geld in jeweils 16 Kapseln im Bauch der Frau versteckt gewesen. Zudem hätten Beamte 69.000 Dollar in bar sichergestellt, die sie in ihrem Koffer verborgen habe. Das Geld stammt den Angaben zufolge vermutlich aus Drogengeschäften. Quelle: dpa
ElfenbeinIn einer als Cashew-Nüsse deklarierten Ladung aus Afrika hat der Zoll in Vietnam knapp 60 Elefantenstoßzähne entdeckt. Die illegale Elfenbein-Ladung wurde am Wochenende am Flughafen in Ho-Chi-Minh-City konfisziert, wie der Zoll am Montag berichtete. Seit Anfang des Jahres seien 300 Kilogramm geschmuggeltes Elfenbein im Wert von fast 650.000 Euro entdeckt worden. Der Elfenbeinhandel ist seit 1989 verboten. Der Schmuggel blüht aber, vor allem in China ist Elfenbein für Schmuck und Ornamente gefragt. Wilderer schlachten in Afrika nach Schätzungen im Jahr mehr als 20.000 Elefanten ab. Quelle: dpa
Die Zoll-Hauptstellen haben ihre Jahresbilanz gezogen. Ergebnis: Wer Drogen oder andere Dinge am Zoll vorbei schmuggeln will, lässt sich einiges einfallen. In Bezug auf Drogen haben die Fahnder festgestellt, dass im vergangenen Jahr mehr synthetische Drogen geschmuggelt wurden. Auf dem Frankfurter Flughafen beispielsweise wurden mit 963 Kilogramm rund 30 Prozent weniger Betäubungsmittel beschlagnahmt, der Anteil von neuen synthetischen Drogen war mit 21 Kilogramm aber doppelt so groß wie im Vorjahr. Geschätzter Schwarzmarktwert der Funde: 22 Millionen Euro. Quelle: dpa
AmphetamineVon der als "Pepp" oder "Speed" bekannten Droge wurden im vergangenen Jahr Deutschlandweit 319 Kilogramm sichergestellt. Im Brett dieses Skateboards waren allein 200 Gramm Amphetamine versteckt - durch den Verkauf hätten sich Preise von bis zu 4000 Euro erzielen lassen. Quelle: dpa
HeroinEin weiteres Beispiel für den Ideenreichtum der Drogendealer: in den Teppich eingewebte Heroin-Schnüre. Mit 128 Kilogramm wurden in 2013 nur knapp 32 Prozent der im Vorjahr sichergestellten Menge aus dem Verkehr gezogen. Quelle: dpa
Zigaretten147 Millionen Zigaretten wurden 2013 vom Zoll beschlagnahmt - verglichen mit rund 80 Milliarden legal verkauften Zigaretten eine eher geringe Menge. Damit hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht viel geändert - 2012 waren es 146 Millionen beschlagnahmte Zigaretten. Zwar wird zunehmend weniger geraucht, die Menge von konsumierten Feinschnitt ist seit den Neunzigern jedoch gestiegen. Auch hier sind Schmuggler kreativ... Quelle: dpa
Wie diese mit Tabak gefüllte Garnrolle zeigt. Quelle: dpa

Nicht-Regierungsmitglieder haben es noch schwerer: Ex-Nationalspieler Michael Ballack versuchte 2006 eine Handtasche im Wert von 2000 Euro auf der Rückreise aus Dubai am Zoll vorbei zu schmuggeln und flog auf. Dafür kassierte er einen Strafbefehl über 70.000 Euro. Ex-Nationaltorhüter Oliver Kahn schlenderte 2011 mit in Dubai gekaufter Garderobe im Wert von 6700 Euro am Zoll vorbei. Als die Zollbeamten des Titans neue Kleider bei der Kontrolle am Zollfrei-Schalter entdeckten, führte Kahn an, er habe die Verzollung schlicht vergessen. Aber auch hier zog das Argument nicht: Das Amtsgericht Landshut wertete das - wie alle Schmuggel-Vergehen – als versuchte Steuerhinterziehung und verdonnerte ihn zunächst zu 350.000 Euro Strafe. Erst nach Einspruch Kahns milderte das Gericht die Strafe auf 125.000 Euro. Zollgebühren und Steuern kamen noch oben drauf. Es dürften die teuersten Kleidungsstücke gewesen sein, die Kahn je getragen hat.

Der Zoll sammelt etwa die Hälfte aller dem Bund zufließenden Steuern ein. Im Jahr 2014 waren das fast 129 Milliarden Euro. Ein großer Posten sind dabei die Einfuhrumsatzsteuern, also die Mehrwertsteuer auf eingeführte Waren. Im Land des Erwerbs werden die später eingeführten Waren dafür meist von der Mehrwertsteuer befreit. Die erhobenen Zölle machten hingegen nur 4,6 Milliarden Euro aus. Diese Einnahmen fließen in den EU-Haushalt.

Schnäppchen-Käufer, die in Dubai, Hongkong oder sonst außerhalb der Europäischen Union einkaufen und die Waren mit in die Heimat nehmen wollen, sollten „dutyfree“ daher nicht mit „einfuhrsteuerfrei“ verwechseln. Die Einfuhrumsatzsteuer entspricht dabei der deutschen Mehrwertsteuer von 19 Prozent und wird auch innerhalb der EU fällig, weil im Land des Erwerbs die Mehrwertsteuer dafür wegfällt. Für Reisende außerhalb der EU wird bei der Rückkehr nach Deutschland zudem eine Zollgebühr fällig, abhängig von der Produktart, der Herkunft und dem Wert der Ware. Wer diese Waren nicht deklariert, kann auch noch Jahre später für den scheinbar cleveren Kauf zur Rechenschaft gezogen werden.

Das gilt auch für Touristen, die sich in den letzten verbliebenen Steuerparadiesen Europas mit Geschmeide, edlen Textilien oder teuren mechanischen Zeitmessern  eindecken. Das romantische Samnaun im schweizerischen Engadin hat sich diesen Status bis heute erhalten können. Lediglich acht Prozent beträgt hier an der Grenze zu Tirol der Mehrwertsteuersatz auf praktisch alle Waren. Das gilt ausdrücklich auch für teure Uhren und so bieten auch Juweliere in dem Hochtal feine Uhren an. Wer also in dem Winterskigebiet den Einkehrschwung zum Shopping nutzt, sollte hinterher an der Grenze schön bei der (Steuer-)Wahrheit bleiben. Martina von Mesterhazy von der IHK Berlin verweist auf einen speziellen Service: „Bei Fragen um die Steuerproblematik berät die IHK ihre Mitglieder – auch wenn sie diese Fragen als Privatpersonen stellen.“

Der Autofahrer in Weil am Rhein konnte die Nachfragen des Zolls übrigens schlüssig beantworten. Er war leitender Angestellter einer Manufaktur aus der sächsischen Uhrenmetropole Glashütte – und trug eine „Dienstuhr“ am Handgelenk.

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