Das Argument der Reisenden, sie hätten die Verzollung vergessen, lassen die Zollbehörden nicht gelten. Nicht einmal bei Regierungsmitgliedern, wie dem ehemaligen Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel, der 2011 einen Teppich in der afghanischen Hauptstadt Kabul erwarb und ihn sich von Mitarbeitern des Bundesnachrichtendienstes in einer Regierungsmaschine und am Zoll vorbei mitbringen ließ. Dennoch ging Niebel straffrei aus und zahlte die Zollgebühr von 200 Euro für den 1400 Euro teuren Teppich freiwillig nach.
Nicht-Regierungsmitglieder haben es noch schwerer: Ex-Nationalspieler Michael Ballack versuchte 2006 eine Handtasche im Wert von 2000 Euro auf der Rückreise aus Dubai am Zoll vorbei zu schmuggeln und flog auf. Dafür kassierte er einen Strafbefehl über 70.000 Euro. Ex-Nationaltorhüter Oliver Kahn schlenderte 2011 mit in Dubai gekaufter Garderobe im Wert von 6700 Euro am Zoll vorbei. Als die Zollbeamten des Titans neue Kleider bei der Kontrolle am Zollfrei-Schalter entdeckten, führte Kahn an, er habe die Verzollung schlicht vergessen. Aber auch hier zog das Argument nicht: Das Amtsgericht Landshut wertete das - wie alle Schmuggel-Vergehen – als versuchte Steuerhinterziehung und verdonnerte ihn zunächst zu 350.000 Euro Strafe. Erst nach Einspruch Kahns milderte das Gericht die Strafe auf 125.000 Euro. Zollgebühren und Steuern kamen noch oben drauf. Es dürften die teuersten Kleidungsstücke gewesen sein, die Kahn je getragen hat.
Der Zoll sammelt etwa die Hälfte aller dem Bund zufließenden Steuern ein. Im Jahr 2014 waren das fast 129 Milliarden Euro. Ein großer Posten sind dabei die Einfuhrumsatzsteuern, also die Mehrwertsteuer auf eingeführte Waren. Im Land des Erwerbs werden die später eingeführten Waren dafür meist von der Mehrwertsteuer befreit. Die erhobenen Zölle machten hingegen nur 4,6 Milliarden Euro aus. Diese Einnahmen fließen in den EU-Haushalt.
Schnäppchen-Käufer, die in Dubai, Hongkong oder sonst außerhalb der Europäischen Union einkaufen und die Waren mit in die Heimat nehmen wollen, sollten „dutyfree“ daher nicht mit „einfuhrsteuerfrei“ verwechseln. Die Einfuhrumsatzsteuer entspricht dabei der deutschen Mehrwertsteuer von 19 Prozent und wird auch innerhalb der EU fällig, weil im Land des Erwerbs die Mehrwertsteuer dafür wegfällt. Für Reisende außerhalb der EU wird bei der Rückkehr nach Deutschland zudem eine Zollgebühr fällig, abhängig von der Produktart, der Herkunft und dem Wert der Ware. Wer diese Waren nicht deklariert, kann auch noch Jahre später für den scheinbar cleveren Kauf zur Rechenschaft gezogen werden.
Das gilt auch für Touristen, die sich in den letzten verbliebenen Steuerparadiesen Europas mit Geschmeide, edlen Textilien oder teuren mechanischen Zeitmessern eindecken. Das romantische Samnaun im schweizerischen Engadin hat sich diesen Status bis heute erhalten können. Lediglich acht Prozent beträgt hier an der Grenze zu Tirol der Mehrwertsteuersatz auf praktisch alle Waren. Das gilt ausdrücklich auch für teure Uhren und so bieten auch Juweliere in dem Hochtal feine Uhren an. Wer also in dem Winterskigebiet den Einkehrschwung zum Shopping nutzt, sollte hinterher an der Grenze schön bei der (Steuer-)Wahrheit bleiben. Martina von Mesterhazy von der IHK Berlin verweist auf einen speziellen Service: „Bei Fragen um die Steuerproblematik berät die IHK ihre Mitglieder – auch wenn sie diese Fragen als Privatpersonen stellen.“
Der Autofahrer in Weil am Rhein konnte die Nachfragen des Zolls übrigens schlüssig beantworten. Er war leitender Angestellter einer Manufaktur aus der sächsischen Uhrenmetropole Glashütte – und trug eine „Dienstuhr“ am Handgelenk.