So manche Hausordnung geht nämlich weit über den üblichen Rahmen hinaus. Es gibt neben den eingangs genannten Beispielen zur Fußmattengröße und Balkongestaltung noch zahlreiche weitere Vermietervorschriften, die in ihrer Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit zumindest angezweifelt werden dürfen. Vermieter haben demnach auch schon das Aufstellen von Planschbecken in Gemeinschaftsgärten, das Aufstellen von Möbeln auf dem Balkon oder das Empfangen von Besuch und das Duschen nach 22 Uhr schon komplett per Hausordnung untersagt. Derartige Vorschriften können Mieter nach Auffassung des Deutschen Mieterbundes ignorieren. Das gilt selbst nach Auffassung des Verbandes Haus & Grund, der zahlreiche Vermieter vertritt. Gerold Happ, Geschäftsführer für Immobilien und Umweltrecht beim Vermieterverband Haus & Grund, hält zum Beispiel Vorschriften des Vermieters für die optische Gestaltung von Balkonen und die zu verwendenden Blumenkästen für problematisch. „Vorgaben zur Größe oder Farbe halte ich für schwierig und kaum für gerichtlich durchsetzbar.“
Ähnlich dürfte die Rechtslage sein, wenn Vermieter das Aufstellen von Wäscheständern auf Balkonen untersagen, weil sie das Erscheinungsbild des Gebäudes empfindlich stören. Der Balkon gehört schließlich zur Mietsache und Mieter haben das Recht, ihre Wäsche aufzuhängen. Gibt es allerdings dafür vorgesehene Räume, kann die Hausvorschrift durchaus greifen. Letzten Endes entscheiden die Begebenheiten vor Ort.
Selbst zum beliebten Streitthema Grillen auf Balkon oder im Gemeinschaftsgarten gibt es keine einheitliche Rechtsprechung. Gerade bei sommerlichen Grillabenden oder Feiern fühlen sich Nachbarn schnell belästigt, wenn Rauch in die Wohnung zieht oder es auch nach 22 Uhr noch laut ist.
Die Rechte der Haustierhalter
Das Landgericht Mainz (AZ 6 S 87/94) hat entschieden, dass auch auf dem Land ein Hundehalter darauf achten muss, dass die Nachbarn zwischen 22 Uhr abends und sieben Uhr morgens sowie zwischen 13 und 15 Uhr mittags nicht durch übermäßiges Bellen gestört werden – wie der Hundehalter diese Ruhezeiten einzuhalten hat, beantworteten die Richter allerdings nicht.
Lebt der bellende Vierbeiner in der Stadt Tür an Tür mit dem Nachbarn, so kann das für den Besitzer auch einmal dramatischer ausgehen. So haben das Amtsgericht Rheine /AZ 14 C 731/97), das Amtsgericht Hamburg (AZ 49 C 165/05) und auch das Amtsgericht Potsdam (AZ 26 C 76/00) entschieden, dass in besonders drastischen Fällen von Dauer-Gebell auch eine Mietminderung wegen Hundegebells aus der Nachbarwohnung vertretbar sei. Auch der Vermieter ist gegenüber solchen Dauerkläffern nicht machtlos: Ist der Hundehalter uneinsichtig oder gelingt es nicht, seinen Vierbeiner mit normalen Umgangsformen auszustatten, dann kann der Vermieter dem Mieter samt ständigem Dauerkläffer das Mietverhältnis fristlos kündigen.
Doch nicht nur die bellenden Hausgenossen geben Anlass zum Ärger, auch Samtpfoten können für Auseinandersetzungen in der Nachbarschaft sorgen. Nachbarn müssen frei laufende Katzen im Garten in gewisser Anzahl zwar erdulden – das gilt allerdings nicht immer. Das Landgericht in Bonn entschied (AZ 8 S 142/09), dass die Kläger Verunreinigungen auf Gemeinschaftsflächen nicht hinnehmen müssen, weil die Katzen auf den großen Terrassenflächen ihre Hinterlassenschaften nicht verscharren können.
Ist im Mietvertrag beispielsweise die Katzenhaltung ausdrücklich erlaubt, so schützt dass den Mieter nicht vor einer Wohnungskündigung, wenn sich herausstellt, dass in der besagten Wohnung 15 Katzen gehalten werden. Die Eröffnung eines privaten Tierasyls fällt nach Ansicht des Landgerichts Aurich (AZ 1 S 275/09) nicht unter die ursprünglich erteilte Erlaubnis der Katzenhaltung.
Doch nicht nur Haustiere sorgen für Ärger beim menschlichen Miteinander - auch bei der Nutztierhaltung gilt es, einige Regeln zu beachten. So hat das Oberlandesgericht in Celle entschieden (AZ 4 U 37/87), dass das Gegacker von Hühnern eine unzumutbare Belästigung sein kann. Ähnliches gilt auch für das morgendliche Krähen eines Hahnes, urteilten sowohl das Landgericht in Hildesheim (AZ 7 S 541/89) als auch das Landgericht München (AZ 23 O 13352/86). Aber es gibt auch Federvieh-freundliche Richter. So urteilte das Landgericht Kleve (AZ 6 S 311/88), dass der Weckruf eines Hahnes früh um 3 Uhr morgens auf dem Land durchaus zumutbar sei.
Das Grillen auf dem Balkon, der Terrasse oder im Garten ist Mietern laut Mieterbund grundsätzlich gestattet, Nachbarn und Vermieter müssen damit leben. Das Wort „grundsätzlich“ ist allerdings Juristen zufolge ein Hinweis darauf, dass es auch Ausnahmeregelungen geben kann. Ein Grillverbot greift insbesondere dann, wenn sich der Mieter im Mietvertrag zur Einhaltung verpflichtet hat. Oft wird solch ein Verbot vom Vermieter für Grillen auf Balkon oder Terrasse ausgesprochen, der Garten als Grillort jedoch ausgespart. Wer gegen diesen Passus des Mietvertrages verstößt, riskiert eine Abmahnung und in letzter Konsequenz sogar die Kündigung. Das Landgericht Essen hat dies in einem Urteil bestätigt.
Außerdem gilt eine wesentliche Belästigung durch starken Grillrauch oder dichten Qualm, der in die Nachbarwohnungen zieht, als Ordnungswidrigkeit und kann von den Behörden mit einem Bußgeld belegt werden. Deshalb raten Mieterschützer wie Vermieterverbände häufig zum Grillen ohne Holzkohle und empfehlen Gas- oder Elektrogrills.
Umstritten ist hingegen, wie häufig auf Balkon oder Terrasse gegrillt werden darf, ohne die Zumutbarkeitsgrenze der Nachbarn zu überschreiten. Das Arbeitsgericht in Bonn entschied etwa 1997, das Grillen auf Balkon oder Terrasse einmal im Monat vertretbar sei, wenn es der Mieter seinen Nachbarn 48 Stunden zuvor ankündigt. Das Landgericht Aachen hält zweimal Grillen pro Monat für hinnehmbar, sofern der Grill möglichst weit weg von den Nachbarn im Garten platziert wird. Laut Landgericht Stuttgart ist das Grillen auf sechs Stunden pro Jahr zu beschränken. Laut Oberlandesgericht Bayern dürfen Mieter den Holzkohlegrill im Garten einer Wohnanlage mit Eigentumswohnungen im Garten fünfmal jährlich benutzen, das Düsseldorfer Landesgericht hat das Grillen mit Holzkohle auf Balkonen kurzerhand ganz verboten.