Interview mit Anlegerschützer „Eine Insolvenz von Solarworld hilft niemandem“

Den Gläubigern von Solarworld droht ein Schuldenschnitt. Anlegerschützer Marc Tüngler erklärt im Interview, warum der Schuldenschnitt die bessere Wahl sein könnte und eine Insolvenz keine Lösung ist.

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Die Gläubiger des Solarunternehmens Solarworld müssen sich auf einen Schuldenschnitt einstellen. Quelle: Reuters

Frankfurt/Bonn Für Solarworld wird die Luft immer dünner. Die Geschäfte des einstigen Vorzeigeunternehmens in der Solarbranche laufen immer schlechter. Nun muss Solarworld sogar seine Gläubiger um Entlastung bitten. Ihnen droht der Schuldenschnitt. Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) erklärt im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX, was dieser Schritt bedeutet.

Solarworld bemüht sich um eine Umschuldung ihrer Anleihen und Schuldscheine. Was bedeutet das?

Marc Tüngler: Zunächst, dass es schlecht um Solarworld steht – sehr schlecht sogar. Es spricht viel dafür, dass eine Überschuldung droht, wenn keine Lösung gefunden wird. Nun wird den Anleihegläubigern die Pistole auf die Brust gesetzt. Sie werden vor die Wahl zwischen Pest oder Cholera gestellt. Im Klartext: Entweder sie verzichten auf einen Teil ihres Geldes, oder sie laufen Gefahr im Rahmen einer Insolvenz noch mehr, wenn nicht alles zu verlieren.

Welche Optionen hat Solarworld?

Eine Insolvenz hilft niemandem und liegt daher im Kern weder im Interesse der Aktionäre noch der Anleihebesitzer. Solarworld könnte versuchen, die beiden ausstehenden Anleihen gegen eine neue mit für sie besseren Konditionen zu tauschen. Das wird aber wohl nur mit einem Besserungsschein funktionieren, der den Gläubigern das Recht gibt, die alten Anleihekonditionen zu bekommen, wenn das Unternehmen wieder wirtschaftlich gesund ist.

Und gibt es noch eine andere Lösung?

Alternativ könnte das Unternehmen den Anleihebesitzern auch Aktien, also Eigenkapital, anbieten. Dieser Tausch im Rahmen einer Kapitalerhöhung von Fremd- in Eigenkapital wäre zumindest für Solarworld von Vorteil, da das Unternehmen dann deutlich entlastet würde. Aber das alles sind herbe Einschnitte für die Beteiligten. Diese nur mit der Dominanz und einem angeblich unlauteren Agieren der Chinesen zu begründen, kann die Anleihegläubiger und Aktionäre nicht beruhigen. Eine Aufarbeitung aller Gründe für die Misere ist dringend angezeigt.

Was bedeutet dieser Schritt für die Aktionäre?

Aktionäre haben grundsätzlich ein Interesse daran, dass alles getan wird, eine Insolvenz zu vermeiden. Sie bekommen im Falle einer Insolvenz praktisch nichts, deswegen werden Sie wahrscheinlich bereit sein, die Kröte der Verwässerung durch eine Kapitalerhöhung zu schlucken. Bei einer solchen Lösung würde Herr Asbeck, dem annähernd 28 Prozent des Unternehmens gehören, ein wichtige Rolle zukommen. Das Grundproblem wäre damit aber nicht gelöst. Die Frage wird sein, ob es Solarworld gelingt, ein trag- und zukunftsfähiges Geschäftsmodell zu etablieren. Das ist Herrn Asbeck und seinen Kollegen in letzter Zeit nicht gelungen.

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