Interview „Ohne klare Regeln funktioniert Home-Office nicht“

Um einen Home-Office-Arbeitsplatz sinnvoll zu gestalten, braucht es viel Organisation. Sebastian Egert, Abteilungsleiter des Bereichs Organisationsentwicklung der Targobank, erklärt, wie das funktioniert.

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Auch am Heimarbeitsplatz gelten Regeln. Quelle: gms

Herr Egert, wann haben Sie das letzte Mal an Ihrem Home-Office-Arbeitsplatz gearbeitet?
Da muss ich scharf nachdenken – ich glaube, vor einigen Wochen habe ich zu Hause am Schreibtisch mal ganz in Ruhe an einem Konzept für ein neues Projekt gearbeitet. Den überwiegenden Teil meiner Arbeit erledige ich an meinem Schreibtisch im Büro.

Bei der Targobank gibt es also reguläre vollwertige Home-Office-Arbeitsplätze?
Aber ja. Die Offenheit dem Thema gegenüber liegt sicherlich an unserer französischen Mutter, der Genossenschaftsbank Crédit Mutuel. In Frankreich erfreut sich das Arbeiten am heimischen Arbeitsplatz wachsender Beliebtheit. Und zwar auch in Kreditinstituten, die ja besonders kritisch in Sachen Datenschutz sein müssen.

Damit haben Sie selbst schon ein wichtiges Stichwort gegeben – wie stellen Sie sicher, dass sensible Daten zu Hause nicht einfach verloren gehen?
Grundsätzlich eröffnen wir interessierten Mitarbeitern mehrere Möglichkeiten der Heimarbeit. Zum einen dadurch, dass ein Teil der Arbeit zu Hause geleistet werden kann, wie das auch ab und zu bei mir der Fall ist. Zum anderen durch reguläre Home-Office-Arbeitsplätze, bei denen die Mitarbeiter überwiegend zu Hause arbeiten. Das sind bei uns aktuell circa 220 Kollegen. Sie gehen einer großen Bandbreite von Tätigkeiten nach: von der Bearbeitung von Kundenanfragen bis hin zu Call-Center-Arbeiten, oder vom mobilen Kundenberater im Banking bis zum Forderungsmanagement. Grundsätzlich kann man in fast jedem Bereich im Home-Office arbeiten – wichtig ist, dass sowohl die Mitarbeiter als auch die Führungskräfte das wollen.

Wie wird das denn konkret geregelt, falls Einigkeit zwischen Führungskraft und Mitarbeiter besteht?
Seit dem Jahr 2008 gibt es dazu eine Betriebsvereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Beispielsweise muss in der Wohnung ein abschließbarer Raum für das Büro vorhanden sein, damit ungestörtes Arbeiten möglich ist – das ist gerade bei Beratungsgesprächen wichtig. Zudem stellen wir den Mitarbeitern dort dann einen zweiten DSL-Anschluss auf Bankkosten zur Verfügung. Mit dem eigenen Router stellen wir auf der einen Seite unsere Sicherheitsstandards sicher und können so beispielsweise privates Surfen im Internet verhindern. Andererseits können wir auch die technische Unterstützung unseres Helpdesk anbieten, der sich zum Beispiel bei technischen Problemen auf den Rechner schalten kann.


„Der Mitarbeiter muss erreichbar sein“

Werden diese unterschiedlichen Rechten und Pflichten vertraglich fixiert?
Generell gelten an allen Arbeitsplätzen die gleichen Rechte und Pflichten – das bedeutet, dass beispielsweise das rollierende Schichtsystem in Punkto Arbeitszeiten auch für die Kollegen im Home-Office gilt. So ist eine Erreichbarkeit des Mitarbeiters für Kunden und Fachabteilungen gleichermaßen gegeben. Wer hauptsächlich zu Hause arbeitet, sollte mindestens zwei Tage pro Monate im Unternehmen arbeiten – das sollten Mitarbeiter und Führungskraft fest miteinander aushandeln, damit der Kontakt zum Team nicht abreißt. Das steht auch so in der Betriebsvereinbarung. Für Mitarbeiter, die fast ausschließlich zu Hause arbeiten, gelten zudem sehr strenge Anforderungen an den Arbeitsplatz.

Wie genau sehen die aus?
Der Arbeitsplatz muss erstens abschließbar sein, das muss der Mitarbeiter uns gegenüber mit Fotos und Grundrissen im Vorfeld auch dokumentieren. Zweitens besuchen die Führungskräfte die Mitarbeiter einmal pro Jahr am heimischen Arbeitsplatz, um zu sehen, ob die räumlichen Anforderungen auch erfüllt sind, und natürlich zur Kontaktpflege. Drittens existiert eine Umfeldkontrolle, also eine Art Gesichtskontrolle mit Hilfe einer externen Kamera. So stellen wir sicher, dass da auch wirklich ein ganz bestimmter Mitarbeiter vor dem Computer sitzt und nicht jemand anders, der beispielsweise Kundendaten liest. So ist auch gewährleistet, dass weder Kinder noch der Partner den Kollegen über die Schulter auf den Bildschirm schauen können. Schließlich muss die eingangs erwähnte Datensicherheit sichergestellt sein.

Bei der gelegentlichen Arbeit zu Hause werden ebenfalls so strenge Kontrollmechanismen angewandt?
Nein, maßgeblich ist die Frage, benötige ich Zugriff auf Kundendaten oder nicht? Zusammen mit den Datenschutz-Kollegen haben wir hierzu ein Stufenmodel entwickelt. Mitarbeiter, die keinen Zugriff auf Kundendaten benötigen reglementieren wir gar nicht. Sobald Kundendaten ins Spiel kommen, ist mindestens die zuvor erwähnte Umfeldkontrolle Pflicht. Und für alle Kollegen, deren fester Arbeitsplatz das heimische Büro ist, gelten die zusätzlichen genannten Sicherungsmaßnahmen.

Zum Abschluss – was war der merkwürdigste Wunsch im Zusammenhang mit Home-Office-Anfragen?
Es gab mal einen Mitarbeiter, der wollte das Kinderzimmer Vollzeit als Arbeitszimmer nutzen – da haben wir uns dann schon gefragt, ob das Kind für acht Stunden am Tag aus dem Zimmer geschickt werden kann. Da hatte der Mitarbeiter schlichtweg nicht nachgedacht – und ließ sich schnell überzeugen, dass das keine gute Lösung ist. Generell sollten alle Interessierten daran denken, dass es am Home-Office-Arbeitsplatz genauso professionell zugeht, wie an jedem anderen Arbeitsplatz auch. Wer den täglichen Plausch, das menschliche Miteinander braucht, der ist mit einem Heimarbeitsplatz auf Dauer sicher nicht glücklich. Jeder Mitarbeiter muss sich vorher gut überlegen, ob das das richtige für ihn ist. Nur dann klappt es auch mit dem Arbeiten im Home-Office.

Herr Egert, vielen Dank für das Interview.

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