Jecke Urteile So kommen Sie ungestraft durch den Karneval

In der heißen Phase des Straßenkarnevals geht es nicht nur lustig, sondern auch ungehemmt zu. Alles dürfen sich aber auch die Jecken nicht erlauben. Was bei der Arbeit, im Straßenverkehr und beim Feiern zu beachten ist.

Karneval schützt vor Arbeit nichtBlaumachen ist selbst an Karneval nicht erlaubt. Auch an den tollen Tagen muss der Chef einem freien Tag zustimmen. Das Arbeitsgericht Köln hat entscheiden, dass Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Arbeitsbefreiung an Geburtstagen, zur Weiberfastnacht und am Rosenmontag haben (Az. : 2 Ca 6269/09). Genauso hat auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zum Karnevalsdienstag entschieden (Az.: 17 P 05.3061). Der Arbeitnehmer kann auch dann nicht auf eine Dienstbefreiung pochen, wenn dies in der Vergangenheit in einem Betrieb gängige Praxis war. Quelle: dpa
Darf ich mit Pappnase ins Büro kommen?Wenn man schon an Karneval arbeiten muss, dann doch wenigstens mit Kostüm und Pappnase – denken sich manche Jecken. „Ob das erlaubt ist, hängt von der Kleiderordnung  des Unternehmens ab“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln. „Bankangestellten, die am Schalter Kunden bedienen, wird ein Kostüm eher verboten sein als Arbeitnehmern, die ohne Kundenkontakt in ihrem Büro sitzen.“ Quelle: REUTERS
Wie viel Alkohol ist am Arbeitsplatz erlaubt?Um 11.11 Uhr einen Piccolo oder ein kleines Bier – kann das verboten sein? „Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer arbeitsfähig sein“, sagt Rechtsanwältin Nathalie Oberthür. Einen Rausch sollte sich deshalb am Arbeitsplatz niemand antrinken. Ob Alkohol generell verboten ist, hängt von den individuellen Vereinbarungen in Unternehmen ab. Ein absolutes Tabu ist Alkohol auch an Karneval für Berufskraftfahrer. Das gilt auch für Restalkohol und dabei spielt es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg keine Rolle, ob der Betroffene im Straßenverkehr noch nie auffällig geworden ist (Az.: 10 S 1164/02). Wird ein Fahrer mit um die zwei Promille erwischt, sei die Annahme von Alkoholmissbrauch begründet und die die Aufforderung zu einem medizinisch-psychologischen Gutachten. Quelle: dpa
Mit Karnevalsmusik die Arbeit versüßenDer Arbeitgeber kann Radios am Arbeitsplatz verbieten. Dabei muss allerdings der Betriebsrat zustimmen. Ansonsten ist das Verbot unwirksam, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Az.: 1 ABR 75/83). Denn: „Der Arbeitnehmer, der seine Arbeit konzentriert, zügig und fehlerfrei verrichtet, erfüllt seine Arbeitspflicht, auch wenn er daneben Radio hört“, so das Gericht. „Arbeitet er ohne die erforderliche Konzentration und deshalb fehlerhaft, verstößt er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten.“ Quelle: AP
Närrinnen dürfen nicht jeden Schlips abschneidenMänner, die an Altweiber im Rheinland mit Schlips ins Büro kommen, sind selbst Schuld. Es ist ein bekannter Brauch, dass Frauen an diesem Tag die Krawatten der Männer abschneiden. In manchen Fällen müssen Närrinnen aber doch für den Schaden aufkommen, das hat das Amtsgericht Essen entschieden. Ein Kunde hatte mit Krawatte bekleidet ein Reisebüro betreten, ohne zu fragen, versuchte eine Mitarbeiterin, den Schlips abzuschneiden und beschädigte ihn dabei. Die Richter kannten keinen Spaß: Der Schaden musste ersetzt werden (Az.: 20 C 691/87). Quelle: REUTERS
Beim Feiern darf es lauter werdenAn Karneval darf es auch mal etwas lauter werden. „Karnevalsmuffel haben zu den tollen Tagen schlechte Karten“, sagt Swen Walentowski vom Deutschen Anwaltverein. Traditionelle Veranstaltungen wie Kappensitzungen oder Weiberfastnachtsfeiern dürfen auch laut sein und länger dauern. Nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz sind solche Veranstaltungen traditionelle Ereignisse, die nur sehr selten vorkommen. Zwar komme es zu Belästigungen der Nachbarn, diese seien jedoch zumutbar. Konzerteinlagen und lautes Feiern seien deshalb bis 24 Uhr erlaubt (Az.: 6 B 10279/04). Quelle: AP
Der Gastwirt muss nicht für Ruhe sorgenAusnahmezustand herrscht zumindest in der Nacht von Rosenmontag auf Faschingsdienstag. In einer Kölner Kneipe war es in dieser Nacht so laut geworden, dass eine Störung der Nachtruhe im Sinne des Landesimmissionsschutzgesetzes festgestellt wurde. Der Gastwirt hatte das Partyvolk vergeblich aufgefordert, leiser zu sein, und wurde deshalb mit einem Bußgeld bestraft. Das musste er nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Köln (Az.: 532 OWI 183/96) aber nicht zahlen. Es entspreche jahrelanger Übung, dass es zu Zeiten des Straßenkarnevals sehr laut werden könne. Quelle: dpa
Zu Hause gilt die spätere Nachtruhe nichtNarren, die zu Hause feiern, müssen sich etwas zügeln. Auch in der Karnevalszeit gelte der Mietvertrag weiter, so der Deutsche Mieterbund. Es gebe auch zur Karnevalszeit kein Gewohnheitsrecht, wonach Mieter einmal im Monat oder dreimal im Jahr lautstark feiern dürfen (OLG Düsseldorf 5 Ss (OWi) 475/89 – (OWi) 197/89 I). Spätestens ab 22 Uhr müsse die Musik leiser gestellt werden. Quelle: dpa-dpaweb
Erst fragen, dann tanzen – aber nicht zu wild!Ausgelassene Stimmung gehört an Karneval dazu. Allzu ungestümen Tänzern, kann jedoch eine Klage drohen. So geschehen in Hamburg: Ein Mann zog eine Frau schwungvoll und ungefragt auf die Tanzfläche, verlor dann das Gleichgewicht und stürzte gemeinsam mit ihr rückwärts aus dem geöffneten Fenster. Da die Frau keine Zeit gehabt hatte, dem Tanz zuzustimmen oder abzulehnen, ging das Oberlandesgericht Hamburg nicht von einem gemeinsamen Tanz aus, deshalb galten für den Mann auch keine Haftungseinschränkungen. Er musste der Frau wegen ihrer Verletzungen ein Schmerzensgeld zahlen (Az.: 6 U 262/98). Quelle: dapd
Einen kühlen Kopf bewahrenWenn aus Spaß plötzlich Wut wird, sollten sich auch angetrunkene Narren zurückhalten. Wer eine Schlägerei anzettelt, riskiert den Schutz seiner privaten Haftpflichtversicherung. Schäden muss der Täter dann aus eigener Tasche zahlen. Quelle: dpa
Wer haftet, wenn es rutschig wird?Wo kräftig mit Alkohol angestoßen wird, geht auch schon mal etwas daneben. Besucher von Massenveranstaltungen im Karneval müssen damit rechnen, dass es wegen Getränkeresten wie Bierlachen auf dem Boden rutschig werden kann. Der Veranstalter muss deshalb keinen Schadenersatz zahlen, urteilte das Oberlandesgericht Köln (Az.: 19 U 7/02), das ständige Reinigen der Böden sei nicht möglich. Quelle: dpa
Vorsicht, tieffliegende Kamelle!Zu den Dingen, mit denen Karnevalisten rechnen müssen, gehören auch durch die Luft fliegende Kamelle oder sonstige Süßigkeiten. Wer einen Karnevalsumzug besucht und von einem der geworfenen Gegenstände verletzt wird, hat keinen Anspruch auf Schadenersatz, urteilte das Amtsgericht Köln (Az.: 123 C 254/10). Es sei davon auszugehen, dass „das Werfen von kleineren Gegenständen während eines Karnevalsumzuges vom Umzugswagen aus sozial üblich, allgemein anerkannt, von allen Zuschauern erwartbar und insgesamt erlaubt ist.“ Dieses Verhalten entspreche langjährigen Traditionen und werde allgemein begrüßt. Quelle: dpa
Augen auf im Straßenverkehr – erst recht an KarnevalVor Kneipen ist mit Betrunkenen zu rechnen, deshalb müssen Autofahrer besonders aufpassen und langsamer fahren. Autofahrer müssten damit rechnen, dass „angetrunkene Gaststättenbesucher zu Spontanreaktionen“, so das Landgericht Kaiserslautern. Bei einem Verkehrsunfall, bei dem ein Angetrunkener vor ein Auto gelaufen war, musste der Fahrer deshalb einen Teil des Versicherungsschadens selbst tragen (Az.: 2 S 97/00). Quelle: dapd
Nach alkoholreicher Nacht besser kein Auto fahrenWer sich nach wenigen Stunden Schlaf mit Restalkohol hinters Steuer setzt, gefährdet nicht nur sich selbst und seine Umwelt. Wer in diesem Zustand einen Unfall verursacht, riskiert neben strafrechtlichen Folgen auch seinen Versicherungsschutz. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe festgestellt (Az.: 19 U 167/01). Quelle: obs
Fahrradfahren ist keine AlternativeWer betrunken Fahrrad fährt und sich dabei verletzt, kann ebenfalls den Schutz seiner privaten Unfallversicherung verlieren. Wird der alkoholisierte Radfahrer von der Polizei erwischt, kann das auch den Pkw-Führerschein kosten. Quelle: dpa
Betrunkene Fußgänger sind nicht versichertAuch wer so vernünftig ist und das Auto nach dem Alkoholkonsum stehen lässt, riskiert seinen Versicherungsschutz. So entschied das Oberlandesgericht Köln, dass bei einem Fußgänger mit 2,67 Promille Alkohol im Blut eine durch den Alkohol bedingte Bewusstseinsstörung vorliegt. Wenn er einen Abhang hinunter stürzt, spreche der Anscheinsbeweis dafür, dass der Alkohol den Sturz verursacht hat. Bei Fußgängern seien Unfälle ab zwei Promille im Regelfall auf die Alkoholisierung zurückzuführen, so das Gericht. Ein Anspruch auf Leistung der Unfallversicherung besteht dann nicht mehr (Az.: 5 W 111/05). Quelle: dpa
Wenn das Finanzamt den Jecken in die Tasche greift„Karnevalisten sind Künstler“, sagt Swen Walentowski vom Deutschen Anwaltverein. Zu dieser Feststellung kam das Finanzgericht Düsseldorf. Narren des Karnevals können wie Schauspieler, Musiker und Kabarettisten „Künstler“ sein. Die Folge: Sie sind von der Gewerbesteuer befreit. Auch bei einem Karnevalsnarren, der oft hohe Gagen erhielt, erklärten die Richter, dass Auftritte von Karnevalisten eine eigene schöpferische Leistung seien – und damit eben eine künstlerische (Az.: 7 K 7162/01 G). Quelle: dpa
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