Kindergeld So gibt es Kindergeld trotz Ausbildung

Eltern können auch dann Anspruch auf Kindergeld haben, wenn ihr Kind während eines dualen Hochschulstudiums mehr als 20 Stunden arbeitet. Der Bundesfinanzhof hat die Voraussetzungen dafür klargestellt.

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Der BFH hat entschieden: Kindergeldanspruch besteh trotz berufsqualifizierender Maßnahme. Quelle: dpa

Düsseldorf Für die Eltern bleibt man immer Kind, mit der Volljährigkeit hat das wenig zu tun. Wenn es ums Kindergeld geht, macht auch der Staat am 18. Geburtstag keinen harten Schnitt. Absolviert der Nachwuchs nach Abschluss der Schule eine Ausbildung, bekommen Eltern den Zuschuss noch bis zum 25. Lebensjahr des Kindes. Das gilt, solange eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium noch nicht abgeschlossen ist.

Danach ist die Kindergeldzahlung an zusätzliche Bedingungen geknüpft: Die staatliche Unterstützung gibt es nur, wenn das Kind in der zweiten Ausbildung keiner Erwerbstätigkeit nachgeht oder die Erwerbstätigkeit 20 Wochenstunden nicht überschreitet. Genau darum ging es im Streitfall. Denn der Sohn des Klägers hatte nach dem Abitur ein duales Hochschulstudium zum Bachelor im Studiengang Steuerrecht aufgenommen. Parallel dazu absolvierte er eine studienintegrierte Ausbildung zum Steuerfachangestellten, die er im Juni 2011 erfolgreich beendete.

Von August 2011 bis März 2013 arbeitete er während des Bachelorstudiums mehr als 20 Stunden in einer Steuerberaterkanzlei. Da er damit die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeitgrenze überschritten hatte, stellte sich die Frage, ob er mit der Ausbildung zum Steuerfachangestellten bereits eine Erstausbildung abgeschlossen hatte und der Anspruch auf Kindergeld damit erloschen war.

Die Familienkasse sah das jedenfalls so und hob die Kindergeldfestsetzung nach dem Abschluss der Lehre mit der Begründung auf, dass die Erstausbildung mit der Steuerfachangestelltenprüfung beendet und eine Weiterzahlung bis zum Abschluss des Bachelorstudiums nicht mehr möglich sei, da der Sohn mehr als 20 Wochenstunden gearbeitet habe.


Sowohl das Finanzgericht als auch der Bundesfinanzhof (BFH) sahen das aber anders (Az.: III R 52/13). Nach Ansicht der BFH-Richter hat ein Kind, das ein duales Studium absolviert, seine Erstausbildung nicht schon mit dem erfolgreichen Abschluss der studienintegrierten Lehrlingsausbildung zum Steuerfachangestellten beendet. Vielmehr dauere die Erstausbildung bis zum Ende des parallelen Bachelorstudiums fort.


BFH bestätigt Kindergeldanspruch

Der BFH stellte weiter klar, dass nicht jede allgemein berufsqualifizierende Maßnahme zum Verbrauch der Erstausbildung führen könne. Voraussetzung ist vielmehr zum einen, dass es sich um eine Ausbildung handelt, die zur Aufnahme eines Berufs befähigt. Zum anderen muss der Beruf im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgangs erlernt werden und mit einer Prüfung abgeschlossen werden. Ein schlichter Computerkurs könne beispielsweise nicht als Erstausbildung angesehen werden.

Bei einer zweiteiligen Ausbildung wie im Streitfall müsse daher darauf abgestellt werden, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Das ist der Fall, wenn die mehrteilige Ausbildung zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt ist, dass sie nach dem ersten Abschluss fortgesetzt werden soll, und das Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann. Genau diese Kriterien seien im Streitfall erfüllt. Damit sei es auch unerheblich, dass der Sohn neben dem Studium mehr als 20 Wochenstunden gearbeitet habe.

Praxistipp

Der BFH stellt zu Recht auf das Berufsziel ab. Denn der Ausbildungsweg bestimmt die Belastung der Eltern und ist für die kindergeldrechtliche Entlastung der Maßstab. Zu fragen ist allerdings, ob das vom BFH aufgestellte Kriterium, dass es sich beim ersten Abschluss um einen integralen Bestandteil einer mehrteiligen Ausbildung handeln muss, nicht zu eng gefasst ist. Sinnvoller wär es wahrscheinlich darauf abzustellen, dass ein gewähltes Berufsziel lediglich ein Zwischenschritt im Rahmen eines längeren Ausbildungswegs sein muss.

Von der Entscheidung dürften daher auch die häufigen Fälle betroffen sein, in denen das Kind zunächst eine praktische, aber schon berufsqualifizierende Ausbildung durchläuft und anschließend noch ein Studium „draufsattelt“ – zum Beispiel, wenn das Kind vor dem Medizinstudium eine Ausbildung zum Krankenpfleger abschließt. Auch dann sollte die 20 Wochenstunden-Grenze nicht gelten. Wichtig ist ferner der Hinweis des BFH, dass Eltern von nur „pro forma“ eingeschriebenen Scheinstudenten keinen Anspruch auf Kindergeld haben.

Der Autor ist Redakteur beim Fachverlag Haufe-Lexware.

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