Kredite Zahlen? Nein danke.

Banken müssen Bearbeitungsgebühren für Ratenkredite erstatten, dafür sorgen zwei BGH-Urteile. Doch viele Banker tun sich mit der Zahlung schwer. Fünf Fälle aus der Praxis zeigen die Verzögerungsstrategien der Banker.

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Kündigung der Geschäftsbeziehung: Der Kunde hatte Bearbeitungsgebühren für einen Kredit zurückgefordert.

Manche höchstrichterliche Entscheidungen sind bares Geld wert. In zwei Urteilen erklärte der Bundesgerichtshof, dass Bearbeitungsgebühren für Ratenkredite unrechtmäßig sind und Ansprüche der Kunden nicht verjähren.

Die Branche treffen die höchstrichterlichen Urteile hart. Verbraucheranwälten liegen eigenen Angaben zufolge Tausende von Verfahren vor. Die Stiftung Warentest schätzt, dass sich die Rückerstattungen der Kreditwirtschaft wegen des neuen Urteils auf rund sieben Milliarden Euro belaufen könnten.

Nach einigen Wochen lässt sich eine Bilanz ziehen, wie die Banken mit Rückzahlungen an die Kunden umgehen. Einer Auswertung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zufolge lassen viele Institute ihre Kunden trotz eindeutiger Rechtslage erst einmal abblitzen.

Wie das in der Praxis aussieht? Eine Bank erstattet zwar den geforderten Betrag, kündigt jedoch im selben Schreiben die Geschäftsbeziehung. Eine andere Bank zahlt erst nachdem ein Ombudsmann eingeschaltet wurde. Ein weiteres Institut wertet den Kredit als Darlehen für Gewerbetreibende und verweigert die Erstattung. Die Liste der Probleme ist lang. Handelsblatt Online hat auf den folgenden Seiten typische Verhaltensmuster der Banken in der Korrespondenz mit den Kunden zusammengetragen.

Dabei ist die Rechtsgrundlage eindeutig. Für Konsumentenkredite dürfen keine Bearbeitungsgebühren verlangt werden. Es handelt sich um solche Kredite, die keinem speziellen Investitionsgrund zuzuordnen sind. Mit dem Kredit werden in der Regel Anschaffungen wie eine neue Waschmaschine oder ein neues Auto finanziert. Baugeld oder Bauspardarlehen sind nicht betroffen.


Verhaltensmuster variieren

Das erste Urteil im Mai sah bei der Rückerstattung noch eine dreijährige Verjährungsfrist vor. Damit waren Kredite die vor 2011 geschlossen wurden von diesem Urteil ausgenommen. Das Urteil bezog sich in erster Linie auf die Geschäftsmodelle der Postbank in Bonn und der Nationalbank in Essen. Die klagenden Kunden der beiden Institute hatten schon in vorherigen Instanzen recht bekommen. Nach dem Urteil gab es jedoch immer wieder Klagen weiterer Kunden, die sich gegen die dreijährige Verjährungsfrist richteten. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte im Oktober, das sich die Banken nicht auf eine Verjährung berufen können. Dieser Fall bezieht sich auf zwei Entscheidungen aus niedrigeren Instanzen, einem Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach gegen die Santander Bank und dem Urteil des Landgerichts Stuttgart gegen die Creditplus Bank.

Nicht alle Institute gehen mit den Urteilen zu hundert Prozent kundenfreundlich um. Das zeigt etwa der Fall der Volksbank Zuffenhausen.

 

1. Verhaltensmuster: Kündigung des Geschäftsverhältnisses

Ein Kunde der Volksbank Zuffenhausen wendet sich wegen der Erstattung der Bearbeitungsgebühren an das Institut. In einem Antwortschreiben der Bank, welches Handelsblatt Online vorliegt, willigt die Bank ein den geforderten Betrag zu erstatten. Im gleichen Schreiben kündigt die Bank allerdings auch die Geschäftsbeziehung. Verbrauchervertreter reagieren empört.  „Das ist die dreisteste aller Reaktionen,“ sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Der eingeschaltete Ombudsmann erklärt die Ansprüche des Kunden für rechtsgültig, gibt jedoch auch an, dass der weitere Verlauf der Geschäftsbeziehung der Bank überlassen ist. In einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung, gab die Bank Chefin an die Geschäftsbeziehung mit dem Kunden sei angeblich „kompliziert“ gewesen. In einem Statement für Handelsblatt Online erklärte die Bank außerdem, dass dies „ein Einzelfall“ und nicht die übliche Vorgehensweise des Instituts sei.

2. Verhaltensmuster: Ausgleichszinsen gibt es nicht und nicht alle Kredite sind von dem BGH-Urteilen betroffen

Ein Kunde der Targobank stellt einen Antrag zur Erstattung von Bearbeitungsgebühren für drei Kredite. Die Verträge datieren aus den Jahren 2012, 2013 und 2014. Für den Kredit aus 2013 erstattet die Bank „im Wege der Kulanz“ die Bearbeitungsgebühren allerdings ohne Zinsen.

Bei den beiden anderen Verträgen fließt kein Geld. Der Vertrag aus dem Jahre 2014 ist allerdings ein sogenannter Individualkredit. Die Urteile des BGH sind auf diesen Kredit nicht anwendbar. Zwei Urteile der Arbeitsgerichte Düsseldorf und Bonn sehen das Geschäftsmodell der Targobank von dem Urteil nicht betroffen.

Die Bank verweist gegenüber Handelsblatt Online darauf, dass die BGH-Urteile auf Geschäftsmodelle spezieller Banken zurückzuführen ist, unter denen die Targobank nicht vertreten sei. Die Bearbeitungsgebühren für den Kredit aus dem Jahr 2013 sind aus Kulanz erstattet worden, ohne die rechtliche Grundlage anzuerkennen, wie aus der Korrespondenz mit dem Kunden hervorgeht.

3. Verhaltensmuster: Verweis auf Verjährung

Ein Kunde der Santander Bank wendet sich mit einer Rückerstattungsaufforderung der Bearbeitungsgebühren bei zwei Krediten an die Bank. Für einen Kredit wird die Rückzahlungsforderung auch erstattet, bei dem zweiten Vertrag verweist die Santander Bank auf die Verjährungsfrist.

Die Korrespondenz, die Handelsblatt Online vorliegt, datiert vom Juli dieses Jahres. Damit liegt sie vor dem zweiten Urteil des BGH zur Verjährung, welches auch auf Urteilen des Amtsgerichts Mönchengladbach basiert, die gegen die Santander Bank gefällt wurden. Auf Anfrage von Handelsblatt Online, ob die Bearbeitungsgebühren nach diesem Urteil auch für den zweiten Kredit erstattet werden, verwies die Bank auf ihr Bankgeheimnis. In der Regel dürfte aktuell kein Institut mehr auf Verjährung plädieren, in Einzelfällen könnte es aber zu persönlichen Fehlern von Sachbearbeitern kommen.

4. Verhaltensmuster: Verweigerung der Zahlung

Ein Anwalt einer Kundin der Fellbacher Bank wendet sich an das Institut um die Rückerstattung der Bearbeitungsgebühren zu erreichen. In einem Antwortschreiben an den Anwalt, welches Handelsblatt Online vorliegt sieht die Bank keine rechtliche Grundlage für diese Forderung. Aus der Korrespondenz geht hervor, dass die Bank bei dem Kredit einen gewerblichen und keinen privaten Zweck sieht.

Auf Anfrage von Handelsblatt Online gibt die Bank an, dies sei keine regelmäßige Vorgehensweise, pauschale Aussagen über die Handhabung von Verträgen könnten nicht getroffen werden. Weiterhin verwies die Bank auf das Bankgeheimnis.


Was Kunden wissen sollten

5. Verhaltensmuster: Lange Wartezeit

Im Juni stellt eine Kundin einen Antrag auf Rückerstattung der Bearbeitungsgebühren an die DSL Bank. Die DSL Bank ist ein Tochterinstitut der Postbank. Mitte Juni bestätigt die Bank den Eingang der Anfrage, gibt aber an, dass aufgrund des BGH-Urteils viele solcher Anfragen das Institut erreichen und keine schnelle Bearbeitung garantiert werden könne.

Nachdem das Geld im August noch immer nicht überwiesen wurde, wendet sich die Frau an einen Ombudsmann. Im September überweist die Bank das Geld und entschuldigt sich für die Verzögerung nachdem die Kundin drei Monate auf ihr Geld gewartet hatte. Die Bank war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

6. Was Kunden wissen sollten

Die fünf Verhaltensmuster bedeuten für den Kunden eine Verzögerung der Erstattung unberechtigter Bearbeitungsgebühren. Vor allem Institute deren Geschäftspraxis bei den Ratenkrediten nicht in vorherigen Instanzen, wie Amts- oder Landesgerichten beurteilt wurden, prüfen die Rechtmäßigkeit der Anfragen. Einige erstatten später nach eigenen Angaben „aus Kulanz“.

Betroffene sollten einen weiteren Punkt berücksichtigen. „Kunden deren Ansprüchen eine Verjährung zum Jahresende droht, sollten Maßnahmen zur Verzögerung ergreifen“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Nauhauser empfiehlt daher in jedem Fall neben der Bank auch einen Ombudsmann einzuschalten. Von den Instituten fordert Nauhauser Mindeststandards bei der Korrespondenz mit den Kunden. „Banken sollten mindestens den Erhalt des Schreibens bestätigen und auf eine Einrede der Verjährung verzichten, wenn die Ansprüche nicht zeitnah bearbeitet werden können“. Musterschreiben finden Kunden im Internet: http://www.vz-nrw.de/bearbeitungsentgelte

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