Mehrwertsteuer aus China Kampf gegen Steuerbetrug bei Ebay, Amazon & Co.

Online ist Einkaufen weltweit problemlos möglich, vor allem über große Plattformen wie Ebay und Amazon. Bei der Mehrwertsteuer hakt es jedoch: Wie chinesische Firmen den Fiskus betrügen und wie Schäuble dagegen ankämpft.

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Online-Einkauf bei Amazon Quelle: REUTERS

Wer bei Amazon einen Duschkopf mit einer multifunktionalen Regenbrause sucht, stößt auf ein Angebot von Lifewit. Klingt gut, vor allem der Preis von 23,99, man spart angeblich 26 Euro, und der Name wirkt westlich vertraut. Wenn man sich die Mühe macht, Lifewit anzuklicken und sich das Impressum anzuschauen, sieht es ganz anders aus.

Als Geschäftsname steht dort: „fuzhou zesilanfu maoyiyouxiangongsi“. Und als Adresse ist angegeben: „jinshanjiedao pushangdadao272hao cangshanwangda Aqu 2ceng 195shangpu fuzhuyongfang Bqu“ in Fuzhou. Die Stadt gibt es, sie liegt in der südchinesischen Provinz Fujian gegenüber von Taiwan.

Die Adresse ist dennoch total falsch, versichert mir eine chinesische Bekannte, eine Feststellung, auf die man auch ohne detaillierte Chinesischkenntnisse kommen könnte. Und der Verdacht liegt nahe, dass ein Unternehmen mit Fake-Adresse keine 19 Prozent Umsatzsteuer vom hierzulande verkauften Duschkopf ans deutsche Finanzamt weiterleitet. Ein leichter Betrug, denn der Fiskus – in Deutschland ist das Finanzamt Berlin-Neukölln für chinesische Händler zuständig – wäre allemal überfordert, in Fuzhou oder anderswo die Steuerschuldner aufzutreiben.

Welche Strafen Steuertricksern drohen

Das Problem der Steuerhinterzieher auf Online-Plattformen, etwa bei Amazon oder Ebay, ist den Steuerbehörden und vielen ehrlichen Wettbewerbern bekannt. So berichtet  NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans aus der Praxis seiner Steuerfahnder: Von 3531 Händlern bei Ebay Deutschland mit Sitz in China/Hongkong hätten laut Impressum, Stand März 2017, nur drei Händler überhaupt eine Steuer-ID gehabt.

Dabei ist klar: „Händler, die – beispielsweise im Internet  –  aus Drittländern Waren nach Deutschland verkaufen, ohne dabei die gesetzliche Einfuhrumsatzsteuer auszuweisen und abzuführen, begehen Umsatzsteuerbetrug“, erklärt Matthias Händle, Präsident der Außenhandelsvereinigung  des Deutschen Einzelhandels (AVE).

Kaum Mehrwertsteuer aus China

Der Steuerbetrug von vor allem chinesischen Händlern summiert sich mit jedem Duschkopf, Lippenstiftset, Tablet, Anzug oder Seifenspender, die diese übers Internet in Deutschland verkaufen. Denn von den vielen chinesischen Anbietern, die dort verkaufen, führt kaum einer die fälligen 19 Prozent Mehrwertsteuer an den deutschen Fiskus ab, klagt auch Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuergewerkschaft. Er spricht von „mindestens eine Milliarde Euro Steuerschaden, die Dunkelziffer ist hoch.“ Und die Tendenz ist angesichts des boomenden Internethandels stark steigend.

Betroffen ist nicht nur der Fiskus. Für deutsche Einzelhändler werden „die schwarzen Schafe, die sich durch den Mehrwertsteuerbetrug einen immensen Wettbewerbsvorteil verschaffen, inzwischen zu einer existenziellen Bedrohung“, warnt Ludwig Veltmann vom mittelständischen Handelsverbund ZGV. Erst recht, wenn auch noch der chinesische Internetriese Ali Baba mit einer eigenen Handelsplattform auf den deutschen Markt dränge, wie Veltmann befürchtet. Denn wer die Mehrwertsteuer nicht abführt, kann einen höheren Gewinn einstreichen und vor allem im Onlinegeschäft, wo die Verbraucher fast nur auf den Preis schauen, günstiger anbieten und damit die ehrliche Konkurrenz ausstechen.

Hoffen auf gemeinsames Vorgehen gegen Steuersünder

Nach langem Zögern, Beobachten und Abwägen haben sich die deutschen Finanzbehörden nun entschlossen, dem Unwesen ein Ende bereiten zu wollen. Nach Informationen der WirtschaftsWoche möchten die Länderfinanzminister bei ihrem nächsten Treffen Mitte Mai in Konstanz beschließen, anstelle der Drittlandshändler ersatzweise die hiesigen Betreiber von Onlinemarktplätzen in die Steuerpflicht zu nehmen. Zur Zeit beraten die Fachleute aus Bund und Ländern über die Details.

Amazon, Ebay und andere Plattformbetreiber könnten demzufolge zu Steuerschuldnern werden, die das Geld von ihren Händlern eintreiben oder direkt von der Rechnung abziehen müssten. Das wäre technisch durchaus machbar, schließlich übernimmt Amazon beispielsweise auch Lagerung und Versand der auf seiner Plattform gehandelten Produkte von Fremdanbietern.

Die "schlimmsten Steueroasen" der Welt
British Virgin Islands Quelle: dpa
Mauritius Quelle: dpa Picture-Alliance
Barbados Quelle: REUTERS
Jersey Quelle: Marion Neuhau - Fotolia
Bahamas Quelle: worachatphoto.com copyrighted 2014 - Fotolia
Zypern Quelle: dpa
Hongkong Quelle: dpa

Dennoch stößt der Plan der deutschen Finanzminister bei den Plattformbetreibern  auf wenig Gegenliebe. „Amazon-Händler sind eigenständige Unternehmen“, teilt der Onlinegigant mit, „und verantwortlich dafür, ihre steuerrechtlichen Pflichten zu erfüllen.“ Immerhin hat Amazon das Problem erkannt. Man stelle „Tools und Informationen zur Verfügung, um Verkäufer bei der Einhaltung dieser Pflichten zu unterstützen“.

Das dürfte aber nicht reichen, zumal die Plattformbetreiber längst hätten energischer gegen die schwarzen Schafe vorgehen können. „Das Betrugsproblem ist so massiv und die Summe so hoch, dass Handlungsbedarf besteht“, sagt Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU). Das sieht auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble so. Seine Beamten verhandeln seit Monaten mit ihren Länderkollegen über ein gemeinsames Vorgehen gegen die Steuersünder.

Außerdem hofft Schäuble auf Rückendeckung aus Brüssel. Das Ministerium spricht mit der EU-Kommission, um sich die Übertragung der Steuerpflicht auf Amazon und Co. absegnen zu lassen und dieses Modell möglichst auf die gesamte EU auszuweiten. Denn auch in Frankreich zum Beispiel verkauft Lifewit Duschköpfe, hier für 25,99 Euro.

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