Nach Kritik Die Börsensteuer wird eingedampft

Die Kritik der Banken zeigt Wirkung: Die Finanzmarktsteuer wird nach Angaben von Insidern voraussichtlich nur als Light-Version kommen. Auch mit dem ursprünglich geplanten Starttermin ist nicht mehr zu rechnen.

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Wie Europa zu den Plänen für die Börsensteuer steht
GroßbritannienDie Briten wollen die Einführung der Finanztransaktionssteuer mit allen Mitteln verhindern, da von London aus rund 20 Prozent der globalen Bankengeschäfte getätigt werden. Premierminister David Cameron will ein Veto gegen eine EU-weite Steuer einlegen. Allerdings gibt es... Quelle: dpa
...seit dem 17. Jahrhundert bereits eine Börsenumsatzsteuer im Aktienhandel. Sie beläuft sich auf 0,5 Prozent des Ankaufskurses der Aktie und bringt dem britischen Fiskus derzeit rund drei Milliarden Pfund pro Jahr. Quelle: Reuters
SchwedenEinen „Rohrkrepierer“ nennt Schwedens konservativer Finanzminister Anders Borg die Finanztransaktionssteuer. Er befürchtet, dass sie einen negativen Einfluss auf das wirtschaftliche Wachstum in der EU hätte. Schweden hat mit einer Börsensteuer bereits schlechte Erfahrungen gemacht:... Quelle: Reuters
...seit ihrer Einführung 1984 bis 1990 wanderte etwa die Hälfte des schwedischen Börsenumsatzes nach London ab. Aus diesem Grund schaffte sie der neue konservative Regierungschef Carl Bildt im Jahr 1991 wieder ab. Quelle: Reuters
Nicolas Sarkozy Quelle: rtr
Nicolas Sarkozy Quelle: rtr
ItalienDie Transaktionssteuer hat in Italien eine breite Mehrheit. Der Senat forderte Regierungschef Mario Monti auf, sich beim EU-Gipfel für deren Einführung einzusetzen - am liebsten in allen EU-Staaten. Quelle: Reuters

Die geplante Finanzmarktsteuer wird angesichts massiver Kritik von Banken und wachsender Bedenken in den beteiligten Euro-Staaten voraussichtlich stark eingedampft. Bei den Verhandlungen in Brüssel werden derzeit Änderungen am Gesetzentwurf der EU-Kommission diskutiert, die den Finanzinstituten entgegenkämen, wie mehrere mit den Beratungen Vertraute der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag sagten. Kehrseite sind weitaus geringere Steuereinnahmen als ursprünglich angenommen für Deutschland und die zehn anderen Staaten. Der deutsche Fiskus könnte demnach höchstens noch eine statt zehn Milliarden Euro kassieren. „Die ganze Sache wird sich ziemlich ändern müssen, die Steuer wird in der jetzigen Form nicht überleben“, sagte einer der Insider.

Die deutschen Banken machen Front gegen die Steuer, weil sie Milliardenlasten befürchten. Ziel der Steuer ist es aber gerade, die Banken an den massiven Kosten der Finanzkrise zu beteiligen, die sie mit verursacht haben. Die Lobby-Arbeit der Geldhäuser zeigt Wirkung: In der zurzeit nur auf Experten-Ebene laufenden Diskussion der EU-Staaten werde überlegt, bestimmte Produkte von der Steuer ganz auszunehmen oder diese mit Übergangsfristen einzuführen. „Man kann ja sagen, wir führen das stufenweise ein mit dem niedrigeren Steuersatz und erhöhen ihn dann, oder wir fangen mit einigen Produkten an“, erklärte ein Insider.

Die Steuer, maßgeblich von Deutschland, Frankreich und Österreich vorangetrieben, sollte eigentlich Anfang 2014 eingeführt werden. Auf Aktien, Anleihen, Fondsanteile oder Geldmarktgeschäfte unter den Banken sollen 0,1 Prozent des Handelsvolumens eingezogen werden, für Derivate würde der Steuersatz 0,01 Prozent des zu Grunde liegenden Wertes betragen. Im besten Fall sei ein Einführungstermin nun Mitte 2014 noch zu erreichen, sagte der Insider.

Die zwischen Banken gehandelten Wertpapierpensionsgeschäfte (Repos) könnten ganz ausgenommen werden, hieß es jetzt. Vor allem die deutschen Landesbanken und Sparkassen hatten Alarm geschlagen wegen der Besteuerung von Repo-Geschäften, mit denen sich Banken untereinander kurzfristig finanzieren. Nach Berechnungen der Landesbank Baden-Württemberg könnten allein für das Repo-Geschäft ihres Hauses bis zu drei Milliarden Euro Steuern pro Jahr fällig werden. Im Kontrast dazu steht die Kalkulation der EU-Kommission, die für alle elf Staaten "nur" mit 30 bis 35 Milliarden Steuereinnahmen quer über alle Institute und Produkte rechnet, wobei auf Deutschland mit zehn Milliarden Euro der größte Batzen entfiele.

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