Neue Investment-Besteuerung 2018 wird's einfacher – und weniger anfällig für Tricksereien

Selbst Experten durchblicken die Besteuerung von Aktien- und Immobilienfonds kaum noch. Das macht das System anfällig für Tricksereien. Im Januar 2018 treten neue Regeln in Kraft.

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Das bisherige Recht war extrem komplex und verwaltungsaufwendig - für Bürger, Unternehmen und Finanzbehörden. Quelle: dpa

Berlin Unbürokratischer wird es, Steuertricks werden verhindert und hohe Risiken für den Fiskus ausgeräumt. Das alles soll das Investmentsteuerreformgesetz bringen. Hinter dem Wortungetüm verbirgt sich nicht nur die Regelung, mit der dubiose Aktiendeals zu Lasten des Staates - die als „Cum-Cum“-Geschäfte bekannt gewordenen Steuerschlupflöcher - unterbunden werden. Die Reform bedeutet auch, dass die bisher äußerst komplexe und aufwendige Besteuerung von Investmentfonds und ihrer Anleger radikal geändert wird. Die von den Bundesländern seit Jahren angemahnten und 2016 beschlossenen neuen Regeln treten Anfang 2018 in Kraft.

2016 waren in Deutschland etwa 2,2 Billionen Euro in Investmentfonds angelegt - also in ein von einer Kapitalanlagegesellschaft verwaltetes Vermögen, das in Aktien, Anleihen, Immobilien oder Rohstoffe möglichst ertragreich investiert wird. Auf Publikums-Investmentfonds, die jedem Anleger offen stehen, entfielen seinerzeit 883 Milliarden Euro, auf Spezial-Investmentfonds 1,339 Billionen Euro (1339 Milliarden Euro). Betroffen sind - soweit es sich um Publikumsfonds handelt - Aktienfonds, Mischfonds sowie offene Immobilienfonds.

Das bisherige Recht war extrem komplex und verwaltungsaufwendig - für Bürger, Unternehmen und Finanzbehörden. Bisher erfolgt die Besteuerung erst auf Ebene des Anlegers, über die Abgeltungsteuer. Für Ausschüttungen ist die Kapitalertragsteuer von 25 Prozent fällig. Der Anleger ist quasi so gestellt, als wäre er in Höhe seiner Anlage direkt am Fondsinvestment beteiligt. Auf Fondsebene sind nach bisherigen Regeln erhaltene Dividenden steuerbefreit - aber nur für inländische Fonds. Bei Dividendenzahlungen an ausländische Fonds wird Kapitalertragsteuer fällig.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte dann im Zusammenhang mit dem ähnlich gelagerten französischen und polnischen Investmentsteuerrecht wegen einer solchen Ungleichbehandlung in- und ausländischer Fonds von einem Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gesprochen. Weshalb es mehr als fraglich schien, ob das deutsche System zu halten ist. Die Risiken für den deutschen Fiskus lagen nach früheren Angaben aus dem Bundesfinanzministerium bei jährlich etwa einer Milliarde Euro.

Also wurde gehandelt: Von 2018 an werden in- und ausländische Publikums-Investmentfonds auf Fondsebene gleich behandelt. Sie unterliegen unterschiedslos einer Besteuerung von 15 Prozent. Damit werden Dividenden sowie Mieterträge und Veräußerungsgewinne aus Immobilienbesitz belastet. Was für den Anleger aber zu einer steuerlichen Doppelbelastung führen würde.

Um dies zu vermeiden, wird auf Ebene des Anlegers ein Ausgleich geschaffen: Ein Teil der Erträge, die er aus Investmentfonds erzielt, ist von der Besteuerung freigestellt. Je nach Fondstyp gelten unterschiedliche Sätze: 15 Prozent bei Mischfonds, 30 Prozent bei Aktienfonds, 60 Prozent bei Immobilienfonds und 80 Prozent bei Immobilienfonds mit überwiegend ausländischen Immobilien.

Zur Reform gehören auch neue Regeln für Fonds-Wertsteigerungen: Der Bestandsschutz für Veräußerungsgewinne „alter“ Investmentanteile, die vor dem 1. Januar 2009 erworben wurden, wurde zeitlich gekappt. Mit Rücknahme des unbegrenzten Bestandsschutzes soll Tricksereien ein Riegel vorgeschoben werden. Bisher blieben bei einem Fondserwerb vor dem 1. Januar 2009 die bis dahin angefallenen Gewinne „ewig“ steuerfrei. Vor allem sehr vermögende Anleger nutzten die Möglichkeit, um vor dem Stichtag Wertpapiere aus ihrem Depot in Investmentfonds umzuschichten oder eigene Fonds auflegen zu lassen, sogenannte Millionärsfonds. Innerhalb dieses Fonds wird weiter ge- und verkauft - ohne dass Gewinne der Abgeltungsteuer unterliegen.

Künftig sind daher nur noch solche Veräußerungen steuerfrei, die vor dem 1. Januar 2018 erfolgten. Dazu wird fiktiv eine Veräußerung der Anteile zum Stichtag 31. Dezember 2017 sowie ein Wiederkauf zum 1. Januar 2018 unterstellt. Bei Veräußerungen von 2018 an wird der Kursgewinn grundsätzlich steuerpflichtig - auch bei „Alt“-Anteilen. Allerdings wurde ein Freibetrag von 100 000 Euro je Privatanleger eingeführt. Erst bei Kursgewinnen darüber wird eine Besteuerung fällig. Im Ergebnis, wird betont, bleibe der Bestandsschutz für Veräußerungsgewinne bei Alt-Anteilen für die weit überwiegende Zahl aller Steuerpflichtigen erhalten. Also auch für Kleinanleger. Für den Staat könnte die Reform am Ende sogar Mindereinnahmen bringen.

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