Offshore-Leaks Die Methode Steueroase

Wie schaffen es Steuerflüchtige mit Vermögen in Steueroasen unerkannt zu bleiben? Und wie kommen sie wieder an ihr Geld? Die Offshore-Leaks-Berichte legen die Mechanismen offen. Wie Vermögen verheimlicht werden und welche Rolle die Banken dabei spielen.

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Wer seine Finger mit im Steuer-Spiel gehabt hat
Das Internationale Konsortium für investigativen Journalisten (ICIJ) hatte Anfang April 2013 für Aufregung auf den British Virgin Islands gesorgt. Das Netzwerk veröffentlichte, gemeinsam mit verschiedenen internationalen Medien, die Namen von Politikern, Lobbyisten, Milliardären, Unternehmern und Prominenten, die im großen Stil Steuern hinterzogen und ihr Geld in Offshore-Firmen gesteckt haben sollen. Nun hat das ICIJ die Daten von rund 100.000 Unternehmen, Fonds und Stiftungen zugänglich gemacht, die ihr Geld in Steueroasen deponiert haben. Ob die aufgeführten Institutionen und Personen Gesetze gebrochen haben, müssen die Ermittlungen zeigen. Folgende Personen und Unternehmen sind schon im Fokus der Behörden... Quelle: AP
Schon am 4. April war bekannt geworden, dass die Steuerhinterzieher Unterstützung von einer "Industrie aus Strohmännern, Buchhaltern, Notaren und Banken" hatten. Laut den Unterlagen des ICIJ hätten auch "viele der größten Geldkonzerne der Welt" ihre Finger im Spiel gehabt. Darunter seien unter anderem die Deutsche Bank, die Schweizer Großbank UBS und eine Tochter der Credit-Suisse. Einen Tag darauf ist das Ausmaß der Beteiligung bekannt geworden. Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung betreibt eine Niederlassung der Deutschen Bank in Singapur rund 300 Firmen und Trusts in diversen Steueroasen. Die Bank werbe sogar ganz direkt für ihre Offshore-Dienste. So wird Kunden beispielsweise Mauritius als "steuer-neutrale Umgebung" angepriesen. Die Deutsche Bank weist die Vorwürfe bisher zurück. Quelle: REUTERS
In den Unterlagen, die unter anderem der Süddeutschen Zeitung, dem Norddeutschen Rundfunk, der Schweizer Sonntagszeitung, dem britischen Guardian und der Washington Post vorliegen, ist von 130.000 Steuerhinterziehern aus mehr als 170 Ländern die Rede. ICIJ, von dem die Daten stammen, nennt Diktatoren, Politiker, Oligarchen, Waffenhändler, Finanzmarktakteure - und politische Berater. In Frankreich verstärkte sich der Druck auf die sozialistische Regierung. Die Zeitungen "Le Monde" und "Guardian" berichteten, dass der frühere Wahlkampfmanager von Präsident Francois Hollande, Jean-Jacques Augier, in den Dossiers genannt wird. Er soll 2005 auf den Cayman-Inseln das Unternehmen "International Bookstores Limited" mitgegründet haben. Das Präsidialamt äußerte sich zunächst nicht. Quelle: Twitter
Unter den Steuerhinterziehern ist auch der 2011 verstorbene Industriellenerbe und Künstler Gunter Sachs. Vor seinem Tod habe der Lebemann sein Vermögen in diversen Steueroasen angelegt und es nicht vollständig deklariert. Seine Nachlassverwalter weisen die Vorwürfe jedoch zurück. Quelle: REUTERS
Auch der russische Oligarch Michail Maratowitsch Fridman soll sein Vermögen am Fiskus vorbei in diverse Steueroasen gebracht haben. Fridmann gilt als einer der einflussreichsten Männer in Russland: Er ist Hauptgründer und Aufsichtsratsvorsitzender des Industrie- und Finanzkonzerns Alfa Group, hat diverse höhere Positionen in Tochterunternehmen der Gruppe inne und ist Vorsitzender des Direktorenrates des Ölunternehmens TNK-BP. Quelle: Creative Commons-Lizenz
Angeblich soll auch der Deutsche Franz Wolf, Sohn des ehemaligen DDR-Geheimdienstchefs Markus Wolf, in Fridmans Geschäfte verwickelt gewesen sein. Er habe mehrere von Fridmans Offshore-Firmen geleitet. Wolf hat bisher jedoch noch keine Auskunft zu den Vorwürfen gegeben. Bislang sind Sachs und Wolf die einzigen Deutschen auf der Steuerhinterzieher-Liste, deren Name bereits bekannt wurde. Quelle: AP
Auch in der Schweiz stehen bekannte Namen auf der Liste, unter anderem die Rothschilds (im Bild: Nathaniel Philipp Rothschild). Eine Anwaltskanzlei soll laut „Sonntagszeitung“ die Offshore-Geschäfte für einige der reichsten Familien Europas regeln, darunter offenbar auch besagte Bankiersfamilie. Quelle: REUTERS

Die Schweizer Sonntagszeitung nennt es das größte Datenleck der Wirtschaftsgeschichte: Unter dem Schlagwort Offshore-Leaks veröffentlichten am 4. April Medien weltweit erste Erkenntnisse aus einer Enthüllung gigantischen Umfangs. Es geht um nicht weniger als 2,5 Millionen Originaldokumente in digitalisierter Form – das entspricht ungefähr dem Inhalt von einer halben Million Bibeln. Die Datenmenge ist 160mal größer als die von Wikileaks veröffentlichten Diplomatendepeschen aus dem Jahr 2010. Die Dokumente belegen, wie insgesamt 130.000 Reiche und Kriminelle aus mehr als 170 Ländern ihr Geld in Steueroasen verstecken, wer hinter 122.000 Briefkastenfirmen auf diversen Pazifikinseln steckt und wie Anwälte und Banken als Strohmänner und Erfüllungsgehilfen agieren, damit die Inhaber der Reichtümer geheim bleiben. Die von der deutschen Regierung mehrfach erworbenen CDs mit Steuerdaten, die Informationen über tausende Steuersünder beinhalten, sind im Vergleich dazu ein Witz.

Schon vor mehr als einem Jahr hatte das internationale Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) anonym eine Festplatte mit den brisanten Daten zugespielt bekommen und aufgrund der schier unüberschaubaren Datenmenge diese nach einer ersten Auswertung an 36 Partnermedien in 46 Ländern weitergegeben. In Deutschland durften so die Süddeutsche Zeitung und der NDR exklusiv an der Auswertung teilnehmen. Unter anderen liegen die Daten auch dem britischen Guardian sowie der BBC vor, der französischen Zeitung Le Monde, der amerikanischen Tageszeitung Washington Post sowie der bereits erwähnten Sonntagszeitung aus der Schweiz.

Welche Strafen Steuertricksern drohen

Die Daten zu Scheinfirmen,. Stiftungen, Treuhandgesellschaften - sogenannten Trusts - und Scheindirektoren sowie den eigentlichen Gründern und Begünstigten der Firmengeflechte stammen von zwei führenden Finanzdienstleistern weltweit, wenn es um die Errichtung von Offshore-Gesellschaften geht: Portcullis Trustnet mit Stammsitz in Singapur und Commonwealth Trust Limited (CTL) auf den British Virgin Islands in der Karibik.

Die Daten bieten neben den Namen prominenter Geldverschieber wie dem bereits verstorbenen Millionenerben Gunter Sachs, dem russische Oligarchen Michail Fridman, den Rothschilds oder Imee Marcos, der ältesten Tochter des einstigen philippinischen Diktators Ferdinand Marcos, einen tiefen Einblick in die Methoden, mit denen die großen Vermögen in den Steuerparadiesen verborgen und ihre Urheber geheim gehalten werden. Die Scheinfirmen sind demnach überwiegend in autonomen Inselstaaten angesiedelt. Die Enthüllungen offenbaren eine Dienstleistungsindustrie von einem Ausmaß, das wohl kaum jemand erwartet hätte.

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