Offshore-Leaks Die Methode Steueroase

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Fehlende Beschränkungen

Das weltweite Netz der Steuerhinterziehung
Two women walk past a beggar sitting on the steps of an underground pedestrian crossing in downtown Moscow, Quelle: AP
Fishermen navigate their boats past an area of old buildings, which are under demolition work in front of hotel buildings that are under construction on the man-made Fenghuang (Phoenix) island Quelle: REUTERS
Two Russian women, who did not want to be identified, try on mink coats in Moscow Quelle: AP
Symbolische Schuldscheine Quelle: dpa
A girl hawks local snacks in the Dal neighbourhood before the break of fast on the second day of the holy month of Ramadan in Nigeria Quelle: REUTERS
Currency traders talk in front of the screens showing the Korea Composite Stock Price Index Quelle: dapd
Ein Mitarbeiter nimmt einen 1000 Gramm schweren Goldbarren Quelle: dpa

Dabei ist die Gründung einer Stiftung oder Briefkastenfirma nach Recherchen des Guardian mit dem nötigen Kleingeld eine simple Sache. Es braucht nur drei Beteiligte: Einen Gründer, einen Treuhänder und einen Begünstigten. Damit die eigentlichen Eigentümer hinter den Scheinfirmen unerkannt bleiben, sind üblicherweise nur drei Dokumente nötig:

  • Erstens eine Einverständniserklärung des Strohmannes, der als offizieller Chef der Briefkastenfirma gilt. Damit erklärt der Scheindirektor, dass er nur auf Anweisung der begünstigten Eigentümer handelt.
  • Zweitens eine Handlungsvollmacht, die dem tatsächlichen Eigentümer die vollständige Kontrolle über die Gesellschaft zurück überträgt. Diese Vollmacht wird ebenso wie die Einverständniserklärung streng geheim gehalten. Die vertraulichen Dokumente sind darauf ausgelegt, die Privatsphäre des Kunden zu schützen, also seine Identität geheim zu halten.
  • Drittens eine bereits unterschriebene, aber noch undatierte Rücktrittserklärung des Scheindirektors. Sie dient dazu, den Strohmann bei Schwierigkeiten mit der Justiz aus der Haftung zu nehmen.

Im Fall der britischen Scheinfirmen und Scheindirektoren ist dieses Vorgehen offenbar gängige Praxis. Aber auch der von der SZ detailliert recherchierte Fall des Industrieerben Gunter Sachs beschreibt die relativ einfache Vorgehensweise. Demnach belegen die Offshore-Leaks-Dokumente, wie Sachs mit Hilfe einiger Berater ein ganzes Firmengeflecht auf den Cook-Inseln aufbaute und sich dabei insbesondere um Geheimhaltung seiner Identität bemühte. Den Recherchen zufolge haben Anwälte in Sachs‘ Auftrag etwa einfach per Fax eine Gesellschaft namens Triton Limited auf den Cook-Inseln angemeldet. Für nur 2700 Dollar erhielten die Anwälte daraufhin ein „Company Kit“, eine Art Starterset für die Gründung einer Briefkastenfirma. Die Briefkastenfirmen – später kam noch eine weitere hinzu – verwalteten als Treuhänder fünf Trusts, in die Sachs Teile seines Vermögens steckte. Verwalter und Treuhänder war der Anwalt, der auch die Firmen angemeldet hatte. Begünstigte der Trusts waren die drei Söhne von Gunter Sachs, sowie in zwei Fällen er selbst. Nötige Unterschriften auf den Cook-Inseln ließ Sachs durch seinen bevollmächtigten Privatsekretär leisten.

Politik muss handeln

Banken können hier ohne weiteres die Rolle des Sachs-Anwalts oder anderer Vertrauter und Strohmänner einnehmen. Das Geschäftsmodell der Steueroasen macht es Steuerbetrügern und Kriminellen allerdings auch ohne Hilfe der Banken viel zu einfach, ihren Reichtum zu verstecken und zu mehren. Ohne Beschränkungen und Informationspflichten für Banken und Anwaltsfirmen, die die Geldtransfers in die Steuerparadiese organisieren, wird sich dieser Wildwuchs kaum eindämmen lassen – auch wenn die in Offshore-Leaks geschilderten Fälle nur bis zum Jahr 2010 reichen und seitdem von Regierungen und Staatengemeinschaften massiv Druck auf die Steueroasen aufgebaut wurde. Teilweise mit Erfolg: Einstige Anlaufstellen für Steuerbetrüger und verschwiegene Reiche wie Liechtenstein oder die Schweiz machen es den Steuerflüchtigen heute deutlich schwerer.

Dennoch: Das internationale Netzwerk für Steuerrecht, Tax Justice Network, vermutet aufgrund einer Studie aus dem Jahr 2012 die gigantische Summe von 17 bis 25 Billionen Euro, die in Steueroasen gebunkert werden. Weltweit gingen so jährlich 148 Milliarden Euro an Steuergeldern verloren. Die deutsche Steuergewerkschaft vermutet in Steueroasen ein Vermögen von rund 400 Milliarden Euro von deutschen Steuerflüchtigen.

Dem beizukommen, ist daher Aufgabe der Politik. Denn ähnlich wie im Fall Zyperns ist es für die auf Finanzdienstleistungen spezialisierten Inselstaaten viel zu schmerzhaft, ihr Geschäftsmodell zu ändern. Dass sie das nicht aus freien Stücken tun werden, zeigt sich auch daran, dass beispielsweise auf den Cook-Inseln staatliche Stellen und Dienstleister wie Portcullis Trustnet sich des gleichen Personals bedienen. Dort beschäftigt die staatliche Serviceagentur für Finanzdienstleistungen und der Vermögensverwalter Portcullis Trustnet in der Führungsetage ein und dieselbe Ökonomin.

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