Panama Papers Prominente geraten mehr und mehr unter Druck

Die strafrechtliche Relevanz der Enthüllungen ist noch unklar, in Island gibt es aber schon ein erstes namhaftes Opfer. Vielerorts herrscht nun Unruhe. Wen bringen die brisanten Rechercheergebnisse als nächstes zu Fall?

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Die größten Steueroasen der Welt
Bei der Nichtregierungsorganisation Tax Justice Networks steht die Schweiz an erster Stelle der Steueroasen – trotz aller Abkommen zum Informationsaustausch. Grund für die Top-Platzierung ist für die NGO die nach wie vor hohe Geheimhaltung von Finanzdaten in der Alpenrepublik. Quelle: dpa
Hongkong steht wegen seiner Verschwiegenheit bei der NGO Tax Justice Networks auf Rang zwei der Schattenfinanzplätze. Auch hier spielt der britische Einfluss noch eine große Rolle, da HK über mehr als ein Jahrhundert eine Kronkolonie war, bevor es in den 90er Jahren wieder an China fiel, aber weiter getrennt verwaltet wird. Quelle: AP
Luxemburg hat sich seinen Wohlstand – das Pro-Kopf-Einkommen liegt doppelt so hoch wie in Deutschland – durch eine äußerst wohlwollende Besteuerung erarbeitet, bei dem die Finanzverwaltung in geheimen Vereinbarungen („tax rulings“) gern auch mal nur ein Prozent Steuern verlangt. Quelle: dpa
Der US-Bundesstaat Delaware profiliert sich durch extrem niedrige Unternehmenssteuern. Hunderttausende Firmen sind dort registriert, auch namhafte deutsche. Nicht nur das Steuerklima ist dort günstig; Firmen lassen sich binnen eines Tages gründen. Quelle: dpa
Karibikeilande wie die Cayman Inseln, die Britischen Jungferninseln und die Bermudas zählen zu den echten Paradiesen mit viel Sonne, Strand und keinen Steuern für Unternehmen, Werktätige und Privatiers. Quelle: dpa
Irland ist für Unternehmen ein interessantes Land. Allerdings ist der Klassiker, das Double Irish mit Dutch Sandwich, nicht mehr im Angebot. Statt dessen gibt es nun eine „Knowledge Box“, mit deren Hilfe Unternehmen nur 6,25 Prozent Steuern zahlen müssen. Quelle: dpa
Deutschland gilt ebenfalls für manche als Steueroase, vor allem für reiche Unternehmer, die vererben wollen. Dank großzügiger Verschonungsregeln können selbst Milliardäre steuerfrei übertragen, wenn sich das Vermögen in Unternehmen befindet. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb eine Reform angemahnt. Quelle: dpa

Die Enthüllungen über Zehntausende Briefkastenfirmen in Steueroasen sorgen weiterhin weltweit für Unruhe. Nachdem bereits der isländische Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson über die Affäre stolperte, wird am Mittwoch mit Spannung auf neue Enthüllungen und mögliche prominente Opfer gewartet. Auch die Behörden in Panama stehen unter Druck.

Kritik der Industrieländer-Organisation OECD an mangelnder Kooperationsbereitschaft beim Austausch von Finanzdaten wies die Regierung des mittelamerikanischen Landes zurück. Die Äußerungen von OECD-Generalsekretär Angel Gurría seien respektlos und unverantwortlich gewesen, sagte der Minister im Präsidialamt, Álvaro Alemán, am Dienstag. Panama werde zum alleinigen Sündenbock gemacht, obwohl in den Enthüllungsberichten weitere 21 Länder erwähnt würden. Außerdem habe Panama zuletzt mehrere Gesetze zur Regulierung des Finanzsektors geändert.

Nach der Aufdeckung von 214 000 Briefkastenfirmen durch die „Panama Papers“ hatte Gurría dem Land bescheinigt, internationale Standards für Steuertransparenz trotz früherer Zusagen zu missachten. „Panama ist der letzte große Verweigerer, der es weiterhin erlaubt, dass Offshore-Fonds vor Steuer-und Strafverfolgungsbehörden versteckt werden“, kritisierte der Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Das müssen Sie zu den Panama Leaks wissen

Die „Panama Papers“ erinnern nach Worten von US-Präsident Barack Obama daran, dass Steuerhinterziehung ein globales Problem bleibt. In seiner ersten Reaktion auf die Veröffentlichung sagte Obama am Dienstag: „Es wird immer eine Art verbotener Bewegung von Fonds rund um die Welt geben, aber wir sollten es ihnen nicht einfach machen. Wir sollten nicht gestatten, sich an Transaktionen nur zu beteiligen, um Steuern zu vermeiden.“

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) nannte die Dimension der Enthüllungen „schockierend“. Allerdings sei das grundsätzliche Problem bereits seit Jahren bekannt, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Mittwoch). In den vergangenen Jahrzehnten habe sich auf legale Weise durch „zügellose Liberalisierung“ ein professionelles System der Steuervermeidung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung gebildet. „Da müssen wir entschlossener ran.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Dienstagabend: „Man wird bei den Fragen der Steuervermeidung immer wieder schauen, mit welchen Mitteln man das am besten bekämpfen kann.“ Für einige Banken in Deutschland hätten solche Praktiken auch schon Strafen nach sich gezogen - und „sicherlich wird man jeden Anlass nehmen, um zu schauen, ob das Strafrecht schon ausreichend ist“. Grundsätzlich seien Transparenz und Meldepflichten „von allergrößter Bedeutung“.

Die Köpfe der Panama-Connection
Emma WatsonIn der Vergangenheit glänzte die britische Schauspielerin Emma Watson in den Harry-Potter-Filmen als charmante und äußerst begabte Hermine Granger. Nun taucht der Name der britischen Schauspielerin in Verbindung mit den „Panama Papers“ auf. Medienberichten zufolge soll sie eine Wohnung über eine Briefkastenfirma gekauft haben. Ihr Sprecher bestätigte gegenüber „The Spectator“, dass Watson eine im Datensatz erwähnte Firma gegründet habe – dabei gehe es allerdings um den Schutz der Privatsphäre, da britische Firmen die Namen ihrer Teilhaber und Anteilseigner veröffentlichen müssten. Finanzielle Vorteile habe sie dadurch nicht gehabt, so der Sprecher. Quelle: AP
Malcolm Turnbull Nach der Veröffentlichung der Rohdaten der „Panama Papers“ werden Vorwürfe gegen Malcolm Turnbull laut. Der amtierende australische Ministerpräsident soll früher Direktor einer Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln gewesen sein, heißt es in den Unterlagen. Turnbull und sein Sprecher wiesen die Vorwürfe zurück – beim bereits bekannten Vorgang seien keine „Unregelmäßigkeiten“ aufgetreten. Quelle: dpa
Sigmundur David GunnlaugssonEr ist der erste, der nach den Enthüllungen der Panama Papers zurück getreten ist. Der isländische Premierminister Sigmundur David Gunnlaugsson soll bis Ende 2009 zusammen mit seiner heutigen Ehefrau eine Briefkastenfirma besessen haben, in der unter anderem Anleihen wichtiger isländischer Banken deponiert waren. Gunnlaugsson hatte vor seinem Rücktritt den Präsidenten Ólafur Ragnar Grímsson um Erlaubnis gebeten, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Grímsson wollte die Erlaubnis aber zunächst nicht erteilen, sondern erst mit der Unabhängigkeitspartei sprechen, Gunnlaugssons Regierungspartner. Zuvor hatten Tausende Isländer gegen Gunnlaugsson protestiert. Die Unterlagen sollen Informationen über eine Offshore-Firma auf den Britischen Jungferninseln enthalten, die Gunnlaugssons Frau gehört. Der Politiker wies die Vorwürfe zurück. Quelle: REUTERS
Mauricio MacriDer frisch gewählte argentinische Ministerpräsident ist der Hoffnungsträger des wirtschaftlich angeschlagenen Landes. Doch die Mossack-Dokumente könnten für Mauricio Macri nun zum Stolperstein werden. Eine Stellungnahme hat Macri zu den Vorwürfen nicht abgegeben. Lediglich sein Sprecher Ivan Pavlovsky hat den Vorwürfe widersprochen. Der Präsident hätte an der betrügerischen Offshore-Firma keinen Anteil gehabt. Die Firma verfolge Interessen in Brasilien und hätte eine Verbindung zu den Familiengeschäften. Deshalb sei Macri auch der Direktor der Firma. Schwer vorstellbar, dass Macri als Direktor keine Ahnung über die Machenschaften der Offshore-Firma gehabt habe. Quelle: AP
Petro PoroschenkoSollten die Vorwürfe stimmen, dürfte es auch für Ukraines Ministerpräsident Petro Poroschenko unangenehm werden. Eigentlich wollte sich der Oligarch von seinem Schokoimperium trennen, nachdem er zum Präsidenten des vom Krieg mit Russland zerrütteten Landes geworden ist. Doch die Mossack-Dokumente zeichnen nun ein anderes Bild. Während in der Ostukraine seine Soldaten starben, gründete er laut der „Süddeutschen Zeitung“ in Panama die Briefkastenfirma „Prime Asset Partners Limited“, in die die zyprischen und ukrainischen Firmen von Poroshenkos Roshen-Gruppe überführt wurden. Die Gründung der Briefkastenfirma wurde nicht öffentlich gemacht. Quelle: REUTERS
Bjarni BenediktssonNicht nur der Ministerpräsident Islands ist in die Briefkastenaktivitäten verwickelt. Auch der isländischen Finanzminister steht in den geleakten Dokumenten. Der aus einer der reichsten Familien Islands stammende Politiker hält 33 Prozent an der Briefkastenfirma „Falson & Co.“, die 2005 in den Seychellen gegründet wurde. Auch nachdem er 2009 ins Parlament einzog, meldete Benediktsson die Firma nicht an. Der Minister bestreitet die Vorwürfe. Zum einen soll er nicht gewusst haben, dass die Firma auf den Seychellen registriert war, zum anderen sei die Firma steuerlich gemeldet gewesen. Komplettiert wird das betrügerische Dreigestirn in Island durch die Innenministerin Olöf Nordal, die zusammen mit ihrem Ehemann in Panama die Firma „Dooley Securities“ gegründet hat. In Island ist die Wut auf die Politiker groß. Es finden auf den Straßen bereits erste Proteste statt. Quelle: AP
Ian CameronDer 2010 verstorbene Vater des britischen Premierministers David Cameron (links) ist mit Aktiengeschäften und als Investor zu großem Reichtum gelangt. Die nun veröffentlichten Panama-Papers zeigen nun, dass er es mit der Versteuerung seines Vermögens nicht ganz so genau genommen hat. Ian Cameron soll mithilfe seiner 1999 gegründeten Firma auf den Bahamas Steuern hinterzogen haben. David Cameron hat zu den Vorwürfen gegen seinen Vater keine Stellungnahme abgegeben. Quelle: dpa

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann will deutsche Banken, die systematisch Beihilfe zum Steuerbetrug betreiben, hart bestrafen lassen. „Banken, die sich an der organisierten Steuerhinterziehung beteiligen, muss die Banklizenz entzogen werden“, sagte er der dpa. Am Dienstag hatte die Partei von Islands Regierungschef nach massiven Protesten der Bevölkerung seinen Rücktritt verkündet, nachdem Gunnlaugssons Name im Zusammenhang mit den Enthüllungen aufgetaucht war. Das Volk ist erzürnt, dass der Ministerpräsident und seine Frau Millionen in einer Offshore-Firma versteckt haben könnten. Der Politiker weist die Vorwürfe zurück.

Unklar ist nach wie vor, ob und inwiefern die bekanntgewordenen Geschäftstätigkeiten von Politikern, Reichen, Sportlern und Banken illegal sind. Darauf weisen auch die an der monatelangen Recherche beteiligten Medien ausdrücklich hin. Zahlreiche Prominente sahen sich wegen der Enthüllungsberichte aber bereits zu Erklärungen genötigt.

Auch der neue FIFA-Präsident Gianni Infantino soll während seiner Zeit beim europäischen Dachverband UEFA angeblich zweifelhafte Geschäfte mit einer Briefkastenfirma abgezeichnet haben, ließ dies aber dementieren. „Es gibt keinerlei Anzeichen für irgendein Fehlverhalten der UEFA oder mir in dieser Angelegenheit“, wurde Infantino am Dienstagabend in einer Pressemitteilung der FIFA zitiert. Die UEFA äußerte sich „schockiert“ über die Medienberichte.

Die in den „Panama Papers“ beschuldigte Kanzlei Mossack Fonseca geht derweil strafrechtlich gegen die Verantwortlichen des Datenlecks vor. „Niemandem gefällt es, bestohlen zu werden“, teilte ein Sprecher der Kanzlei der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag auf Anfrage mit. „Wir werden unser Möglichstes tun, um die Schuldigen zu bestrafen.“

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte berichtet, das Datenmaterial im Umfang von 2,6 Terabyte sei ihr von einer anonymen Quelle zugespielt worden. Mossack Fonseca geht davon aus, dass der Kanzlei-Server gehackt wurde - und stellte deshalb Strafantrag in Panama. Die Kanzlei bestreitet eine Verwicklung in illegale Geschäfte.

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