Prozess um Aktiendeal Wende im „Cum-Ex“-Streit

Die Aktiengeschäfte waren so verwirrend, dass sogar die Steuerbehörden den Überblick verloren. Im Streit zwischen der HVB und einem Bankkunden über die Verantwortlichkeit gibt es nun eine Überraschung.

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Die HypoVereinsbank streitet mit einem Bankkunden darüber, wer für steuersparende Aktiendeals verantwortlich war. Quelle: dpa

Im Frankfurter Prozess um umstrittene „Cum-Ex“-Aktiendeals gibt es eine überraschende Wende: Das Landgericht hat nach Angaben eines Sprechers einen für Donnerstag angesetzten Termin zur Verkündung einer Entscheidung kurzfristig verschoben. Die HypoVereinsbank (HVB) und die Erben sowie Rechtsberater eines inzwischen gestorbenen Immobilieninvestors bemühen sich nun um einen Vergleich, wie Prozessbeteiligte bestätigten. Die HVB und Roths Erben haben nun gut einen Monat Zeit, um sich zu einigen. Ansonsten sehen sich beide Parteien am 28. August wieder vor dem Frankfurter Gericht.

Die Staatsanwaltschaft hat die HVB 2012 durchsucht, weil sie vermutet, dass die Bank den Fiskus von 2005 bis 2008 zusammen mit Kunden um Millionen betrogen hat. Im Zentrum der Ermittlungen stehen Aktiengeschäfte, die um den Tag der Dividendenzahlung der jeweiligen Unternehmen herum getätigt wurden. Papiere wurden dabei so oft ge- und verkauft, dass die Steuerbehörden den Überblick verloren.

Schneller schlau: Cum-ex-Geschäfte

In der Folge erstatteten sie manchen Investoren Kapitalertragssteuern zurück, obwohl diese zuvor gar kein Geld an das Finanzamt abgeführt hatten. Die Steuerbehörden forderte von Roth und der HVB deshalb später rund 120 Millionen Euro zurück. Um das Auflaufen weiterer Zinsen und Säumniszuschläge zu verhindern, hat das Geldhaus davon rund 90 Millionen Euro gezahlt, Roth 30 Millionen Euro, wie eine mit dem Vorgang vertraute Person Reuters sagte.

Parallel stritten beide Seiten jedoch vor dem Frankfurter Landesgericht, wer die Verantwortung für die umstrittenen Geschäfte trägt. Richter Valentin Reiter lies Anfang des Monats durchblicken, dass aus seiner Sicht Bank und Kunde für Konsequenzen geradestehen müssen. Daraufhin beschlossen beide Seiten, Vergleichsverhandlungen aufzunehmen, statt das Verfahren bis zum Ende durchzuziehen und damit zusätzliche Kosten zu erzeugen.

Bei den Geschäften, die auch als "Dividenden-Stripping" bekannt sind, nutzten die Banken und deren Kunden viele Jahre eine Gesetzeslücke, die in Deutschland erst 2012 geschlossen wurde. Unter Juristen ist umstritten, ob die Geschäfte zulasten der Staatskasse vorher illegal oder nur unanständig waren. In letzterem Fall würden die HVB und Roths Erben das Geld gegebenenfalls von den Steuerbehörden zurückerhalten.

Die HVB, die zur italienischen Großbank UniCredit gehört, hat solche Dividendengeschäfte nicht nur für Roth getätigt, sondern auch im Eigenhandel - und für das Thema gut 200 Millionen Euro zurückgelegt. Neben der Münchener Traditionsbank hat auch die HSH Nordbank solche Geschäfte eingeräumt, die LBBW schließt dies für die Zeit vor 2009 ebenfalls nicht aus.

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