Rechtsexperten warnen Immer mehr Mieter zahlen doppelt für Energie

Die Zeiten für Wohnungssuchende sind nicht leicht - die Mieten werden immer teurer, und nun warnen Rechtsexperten auch noch vor Tricksereien bei den Energiekosten.

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So teuer sind Deutschlands Städte
Platz 20: RegensburgFür die Miete müssen die Regensburger immer tiefer in die Tasche greifen. 2007 zahlten sie für den Quadratmeter im Schnitt 8,51€, 2012 waren es 9,14€. Trotzdem ist die Stadt an der Donau im nationalen Mietranking nach unten gerutscht. 2007 war sie noch auf Platz 13 der teuersten Städte - heute schafft sie es gerade noch auf Platz 20. Quelle: empirica Miet- und Kaufpreis-Ranking 2012 Quelle: dpa
Platz 19: PotsdamAls einzige Stadt der neuen Bundesländer gehört Potsdam zu den 20 teuersten Wohnorte. Noch vor fünf Jahren war es Platz 30 (der Mietpreis lag bei 7,65€), 2012 zahlen die Potsdamer im Schnitt 9,18 pro Quadratmeter. Quelle: dpa
Platz 18: Nürnberg2007 zahlten die Einwohner Nürnbergs 8,44€ pro Quadratmeter. Heute liegt der Preis bei 9,21€. Im nationalen Ranking erlebte die Stadt ein Auf und Ab. Vor fünf Jahren lag sie auf Platz 14 und 2011 auf Platz 20. Quelle: AP
Platz 17: Münster Nachdem der Mietpreis in Münster von 2007 (8,37€/qm) bis 2011 (9,83€/qm) kräftig angestiegen ist, ist das Wohnen in der westfälischen Stadt jetzt wieder zehn Cent (pro Quadratmeter) günstiger geworden. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 16: Baden-BadenIm nationalen Ranking ist Baden-Baden die letzten Jahre recht konstant geblieben. 2007 lag die Stadt auf Platz 15, jetzt liegt sie einen Rang tiefer. Trotzdem ist auch hier der Mietpreis angestiegen. 2007 zahlten die Bewohner 8,42€ für den Quadratmeter, heute sind es 9,38€. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 15: KarlsruheIn Karlsruhe geht der Mietpreis konstant in die Höhe. 2007 kostete der Quadratmeter 8,30 Euro (damals Platz 18), heute zahlen die Bewohner 9,50. Quelle: dpa
Platz 14: BonnAuch nach den Jahren als Bundeshauptstadt steigen die Mietpreise in Bonn stetig an. Lag die Stadt 2007 im nationalen Vergleich noch auf Platz 20 (8,06€/qm) und 2011 sogar auf Platz 26 (8,57€/qm), steht Bonn 2012 mit einem Quadratmeterpreis von 9,58€ auf Platz 14. Quelle: APN

Bürger auf Wohnungssuche bekommen immer öfter einen Indexmietvertrag präsentiert, vor allem in Ballungsräumen wie München oder Frankfurt am Main. Schlagen sie ein, sind sie aber meist schlechter dran als mit einem "normalen" Mietvertrag, wie Hermann-Josef Wüstefeld vom Deutschen Mieterbund zu bedenken gibt.

Denn eine Indexmiete ist an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten gekoppelt, also an den amtlichen Verbraucherpreisindex für alle privaten Haushalte. Die explodierenden Energiekosten treffen dann doppelt hart.

Preisentwicklung bei Wohnimmobilien seit der Eurokrise

Die Mieter müssen nicht nur die ständig steigende zweite Miete, also vor allem höhere Heiz- und Stromkosten, schultern. Die immer neuen Teuerungswellen bei Benzin, Gas, Heizöl und Strom treiben zugleich auch ihre Grundmiete in die Höhe. Diese Posten beeinflussen maßgeblich die Höhe der Lebenshaltungskosten.

So, wie sich der Index entwickelt, kann der Vermieter Jahr für Jahr die Miete anheben. Auch ohne Zustimmung des Mieters. Je stärker die Inflation in Deutschland also künftig nach oben geht, desto teurer wird die Wohnung.

"Solche Verträge sind klar auf dem Vormarsch"

"Das ist für Mieter nachteilig", mahnt Wüstefeld zur Vorsicht. Wer einen klassischen Mietvertrag hat, bei dem die Miethöhe in der Regel von der ortsüblichen Vergleichsmiete abhängt, ist häufig besser dran. Denn die Nettokaltmiete steigt bundesweit zurzeit weniger drastisch als die Verbraucherpreise, die regelmäßig vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden ermittelt werden.

Während die Kaltmieten im Schnitt um moderate 1,6 Prozent pro Jahr nach oben gehen, stieg der Lebenshaltungsindex beispielsweise von August 2011 bis August dieses Jahres um 2,1 Prozent. Wie viele Bürger einen Indexmietvertrag haben, kann niemand genau beziffern. "Solche Verträge sind aber klar auf dem Vormarsch", sagt Gerold Happ, Jurist beim Eigentümerverband Haus und Grund Deutschland.

Viele unterschreiben, ohne zu wissen, worauf sie sich einlassen

Hier frisst die Miete das Gehalt auf
Die Mieten in den deutschen Großstädten werden nach einer Prognose des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung auch im nächsten Jahr kräftig steigen. Die Wissenschaftler rechnen mit einem Anstieg von durchschnittlich 3,5 Prozent, Kaufpreise legen demnach sogar um 6,5 Prozent zu. „Nach mehreren Jahrzehnten stagnierender Immobilienpreise befindet sich der deutsche Immobilienmarkt seit 2010 in einer Boomphase“, teilte das Institut mit. Ursache sei vor allem Wohnungsknappheit in den Städten, in die immer Menschen zögen. Besonders schlimm ist das in... Quelle: ZB
...Hamburg. In der Hansestadt eine freie Wohnung zu finden, ist eine regelrechte Herkules-Aufgabe: In der Hansestadt gibt es nur 1,5 Prozent Leerstand. Wegen des knappen Angebotes stieg der Preis deshalb binnen fünf Jahren um 26 Prozent. Das hat die Stiftung Warentest ermittelt. Quelle: dpa
Platz 6: Dresden Quelle: dpa
Platz 9: Hannover Quelle: obs
Platz 2: Berlin Quelle: dpa
Platz 8: Bremen Quelle: dapd
Platz 7: Köln Quelle: dpa

Allein in München werde bei Neuvermietungen inzwischen schon mindestens jede dritte Miete indexiert, sagt Rudolf Stürzer, Vorsitzender von Haus und Grund in München. Seit der Mietrechtsreform im Jahr 2001 ist das erlaubt. Vorher war die Koppelung nur bei Gewerbeimmobilien üblich. Damals stiegen die Kaltmieten bundesweit auch noch schneller als die Inflationsrate

Viele Mieter unterschreiben offenbar, ohne genau zu wissen, worauf sie sich einlassen. In München heißt das beispielsweise: Zusätzlich zur Verteuerung der Energiekosten im oft zweistelligen Prozentbereich müssen Betroffene womöglich Mieterhöhungen um etwa 2,1 Prozent und mehr hinnehmen. Anhand der amtlichen Daten darf der Vermieter die Inflationsrate jährlich an den Mieter weitergeben. Er muss es aber nicht. "Die meisten erhöhen nur alle drei bis vier Jahre", versichert Stürzer.

Kaum Hoffnung auf weniger Inflation

Speziell in weniger gefragten Wohnlagen Deutschlands kann die Indexmiete rasch zum Preisbeschleuniger werden. "Das passiert beispielsweise auf dem Land, wo die Vergleichsmieten nicht so schnell nach oben gehen", erklärt Mieterbund-Experte Wüstefeld.

In heiß begehrten Städten wie München ist die Indexmiete allerdings nicht immer automatisch die schlechteste Lösung. Denn auch die "normalen" Mieten galoppierten dort davon, erklärt Stürzer - oft um bis zu 15 Prozent in zwei Jahren. Zusatzvorteil bei Indexmietverträgen: Modernisiert der Vermieter die Fenster oder die Heizung auf freiwilliger Basis, darf er die Kosten nicht auf seine Mieter umlegen.

Grundsätzlich profitieren jedoch vor allem Vermieter in Großstädten, in denen eine Mieterhöhung auf einen hoch komplizierten Mietspiegel mit ortsüblichen Vergleichsmieten gestützt werden muss. Wer etwa in München eine Anhebung durchsetzen will, muss seinem Mieter aufwendig begründen, warum dieser mehr Geld zahlen soll. Streit ist an der Tagesordnung. Bei der Indexmiete ist die Preisentwicklung dagegen amtlich vorgegeben. "Dagegen zieht niemand vor Gericht", sagt Stürzer.

Auch wenn die Indexmiete für viele Mieter mehr Nachteile als Vorteile hat, bleibt ihnen wegen des knappen Wohnungsangebots in Großstädten oft keine andere Wahl als zu unterschreiben. Angesichts der Eurokrise gibt es derzeit auch wenig Hoffnung auf sinkende Inflationsraten. Sollten die Verbraucherpreise einmal absacken, wird auch die Grundmiete niedriger. Ein Vermieter muss beim Indexvertrag auch eine gegenläufige Entwicklung weitergeben.

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